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Warum es nützt, nicht nur in den Tag hinein zu leben

Braucht der Mensch eine Aufgabe, um glücklich zu werden? Warum nicht so leben, als ob jeder Tag der letzte wäre – einfach das Dasein genießen, ohne nachzudenken, was morgen sein wird?

Judith Roden von der Harvard Universität untersuchte anderthalb Jahre lang in einem Rehabilitationsheim Patienten, die sich von einer schweren Krankheit erholten. Sie teilte sie in zwei Gruppen ein. Die einen bekamen die Aufgabe, sich täglich um ein Topfpflanze zu kümmern. Die anderen erhielten keinen Auftrag. Das Ergebnis war verblüffend. Die Topfpflanzengießer lebte im Schnitt länger und gesünder. Ihre bescheidene Aufgabe hinderte sie daran, sich selbst aufzugeben.

Wir leben in einer hedonistischen, genussorientierten Gesellschaft. Doch das Bedürfnis nach beständigen Werten infolge der Unsicherheiten des Lebens wächst. Meinungsforscher ermitteln sehr unterschiedliche Antworten auf die Frage nach dem Lebenssinn. Die einen antworten „Spaß haben“, andere wollen im Beruf nach oben, eine glückliche Familie oder die Welt verbessern. Schon in der Antike existierten diese unterschiedlichen Orientierungen nebeneinander.

Als Befürworter der Lebenslust galt Epikur. Der Grieche aus dem dritten Jahrhundert vor Christus empfahl keineswegs hemmungslose Genusssucht. Vernunft und Maßhalten war für ihn die Devise. Er selbst lebte nicht in den Tag hinein, sondern schrieb viele Bücher und warb um eine Schar treuer Anhänger. Kurz, auch der Genießer verfolgte Lebensziele. Er unterschied sich darin nicht von seinen Konkurrenten. Etwa den Schülern Platons, die für ideelle und religiöse Ziele eintraten. Oder die Stoiker (Epiktet, Seneca, der römische KaiserMarc Aurel), die freiwillige Entbehrung und Selbstdisziplin als hohe Tugenden feierten.

Vor einigen Jahren veröffentlichten die Mediziner Axel Braig und Ulrich Renz das Buch Die Kunst, weniger zu arbeiten. Beide nannten sich selbst als beste Beispiele ihres Anliegens. Sie waren aus dem stressigen Ärztedasein ausgestiegen. Entspannt das Leben genießen statt Karriere! In Wirklichkeit hatten beide nur das Karrieregebiet gewechselt – vom Arzt zum Erfolgsautor. Sie hatten die Arbeit gewechselt, nicht beendet. Die Leser, die ihnen folgten, konnten zwar aus der Tretmühle des Jobs aussteigen. Aber auch Erfolgsautor werden? Schon heute gibt es zu viele Autoren für zu wenig Leser. Viele von uns würden lieber heute als morgen ihren ermüdenden Job an den Nagel hängen. Leider sind die kreativen Alternativen, die auch noch genügend Geld zum Leben einbringen, dünn gesät.

Die Arbeit kann zu Stress und Burn-out führen, aber auch sinnvolle Lebensziele bieten. Es kommt darauf an, nicht die Form des Jobs zum Lebensziel zu erheben, sondern den Inhalt der Arbeit. Sinnvolle und gesunde Lebensziele sind daher:

  • Neues ausprobieren,
  • Entdeckungen machen,
  • ständig dazu lernen,
  • anderen Menschen helfen,
  • interessante Menschen kennenlernen
  • mehr und besser kommunizieren,
  • sich selbst vervollkommnen.

In eine Sackgasse gerät, wer als Ziel verfolgt:

  • einen höheren Status gewinnen
  • mehr Geld verdienen
  • es den Vorgesetzten recht machen
  • möglichst oft gelobt werden.

Es kann durchaus befriedigen, nach Lob, Geld und Status zu streben – solange sie nur als Mittel dienen, seine sinnvollen Lebensziele zu erreichen. Unglücklich machen sie erst, wenn sie selbst zum obersten Ziel werden. Wenn man also bereit ist, für mehr Geld und Status gegen seine Überzeugungen zu handeln. Dann macht sich innerer Widerwillen breit, der auf die Dauer Motivation und Selbstzufriedenheit zerstört.

Die praktische Empfehlung lautet: Überprüfen Sie von Zeit zu Zeit Ihre Überzeugungen. Worauf legen Sie Wert? Was widerstrebt Ihnen? Dann schauen Sie sich Ihren Alltag an. Leben Sie noch nach Ihren Überzeugungen? Oder driften beide allmählich auseinander? Im letzten Fall lohnt es, über Veränderungen nachzudenken. Sie müssen nicht unbedingt Ihren Job hinwerfen oder Ihre Familie verlassen, weil dort nicht alles so läuft, wie Sie es sich ursprünglich erhofft hatten. Oft lautet die klügere Alternative: Suchen Sie sich neue Lebensziele!

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Veröffentlicht im März 2007 © by www.berlinx.de

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