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Drehen Sie Ihre Lebensuhr zurück

Auf dem vierzigsten Geburtstag auf höchstens 32 geschätzt werden – für wen wäre das nicht ein schönes Kompliment? Welche Chancen haben Sie, sich dieses Lob zu verdienen?

Als kalifornische Wissenschaftler eine Gruppe Studenten sechs Wochen lang ausschließlich Fast Food essen ließen, erlebten sie eine handfeste Überraschung. Eigentlich wollten sie nur zeigen, daß ungesunde Ernährung die Fähigkeit vermindert, Streß zu ertragen. Dieser Effekt zeigte sich auch: Die Studenten wurden unruhiger und aggressiver. Viel erstaunlicher war aber ein unerwarteter Nebeneffekt. Ihr jugendliches Aussehen ging verloren. Von Beobachtern wurden sie bis zu 14 Jahren älter geschätzt. Zwei anschließende Wochen mit Vitaminen pur machten die Alterung jedoch nicht nur rückgängig, sondern erzeugten sogar einen zusätzlichen Verjüngungseffekt. Läßt sich die Lebensuhr beliebig hin und her drehen?

Das maximal mögliche Alter des Menschen ist genetisch vorgegeben und liegt bei etwa 120 Jahren. Wahr ist aber auch, daß weniger als 1 Prozent über 100 werden. Nur bei wenigen sind Erbkrankheiten am früheren Tod schuld. Zu mindestens 80 Prozent liegt die Ursache in der Lebensweise.

Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen dem kalendarischen Alter, das sich Jahr für Jahr an Ihrem Geburtstag genau um die Zahl 1 erhöht, und dem tatsächlichen biologischen Alter. Letzteres ergibt sich aus dem Vergleich Ihrer seelischen und körperlichen Funktionen mit dem Durchschnitt der gleichaltrigen Bevölkerung. Also in ähnlicher Weise wie die Bestimmung des Intelligenzquotienten, bei dem auch die individuelle Leistung mit dem Durchschnitt der Gleichaltrigen verglichen wird.

Die meisten dieser Funktionen können nur in medizinischen Labors ermittelt werden: Urin- und Blutwerte, Hormonstatus und ähnliches. Da aber der Körper ein Ganzes ist, dessen Teile sich wechselseitig beeinflussen, sind überdurchschnittlich gute biologische Werte äußerlich sichtbar. Wer biologisch jünger ist als sein kalendarisches Alter vermuten ließe, wirkt auch äußerlich jünger. Bei einigen Funktionen ist der Zusammenhang sofort einzusehen. Drei Beispiele:

Junge Blutwerte – das bedeutet, das Blut ist dünnflüssiger, transportiert weniger freie Radikale, enthält mehr schützende Immunsubstanzen und die Arterien sind nicht durch Ablagerungen verengt. Das führt zu einer besseren Durchblutung der Haut, die daher optimal mit Nährstoffen und Wasser versorgt wird. Folglich ist die Haut straffer, rosiger und weniger faltig. Kurz, sie wirkt jünger.

Fitnesstraining erhöht die Fähigkeit der Muskeln, den Körper in Bewegung mit minimalem Energieaufwand in Bewegung zu setzen. Deshalb gehen trainierte Menschen aufrechter, sehen weniger müde aus und zeigen einen beschwingten Gang. Ausdauertraining setzt außerdem Glückshormone frei. Die gute Laune ist im Gesicht und an der Gestik zu erkennen. Auch diese Faktoren vermitteln den Eindruck einer Verjüngung.

Lebenslanges Lernen und Aufgeschlossenheit für Neues halten nicht nur Gedächtnis und Denken jung. Sie wirken sich auch auf den Gesprächsstil aus. Wer sich regelmäßig geistige Anregungen gönnt, erweitert seinen Wortschatz, redet flüssiger und abwechslungsreicher. Er hört außerdem aufmerksamer zu, weil er motiviert ist, von anderen Neues zu erfahren. Auch das deuten Beobachter als Zeichen von Jungsein, denn alte Leute hören am liebsten sich selbst von guten alten Zeiten reden, verstehen neue Trends nicht und wollen sie oft auch nicht mehr verstehen.

Ein dauerhafter Verjüngungseffekt wird allerdings nur erzielt, wenn die Lebensweise ganzheitlich geändert wird. Wer beispielsweise dick ist und dann mit 50 oder 60 durch exzessives Ausdauertraining stark abnimmt, hat sicher Gutes für seine Gesundheit getan, wird aber eher älter aussehen, weil die Haut, der das spannende Fett entzogen wurde, nun faltig aussieht.

Einen erfolgreichen Verjüngungseffekt, der nicht nur Ihr Aussehen und Ihr Wohlbefinden verbessert, sondern außerdem Ihre persönliche Lebenserwartung dem genetisch möglichen Maximum annähert, erreichen Sie vor allem durch folgende Faktoren der Lebensweise:

Ausdauertraining: Wenn Sie mindestens 2000 Kalorien pro Woche (entspricht etwa 3 Stunden Joggen) durch Laufen, Radfahren oder ähnliches verbrennen, erreichen Sie eine Verjüngung Ihres Kreislaufs und Ihres Immunsystems von bis zu 30 Jahren. Trainierte 60jährige erzielen medizinische Werte von untrainierten 30jährigen.

Muskeltraining: Ab dem dreißigsten Lebensjahr bis zum Lebensende geht die Muskelleistung auf weniger als die Hälfte zurück. Ein mäßiges, aber regelmäßiges Muskeltraining, das keine Bodybuilderfigur anstrebt, sondern die Bewahrung der jugendlichen Kraft und Geschicklichkeit, verjüngt um bis zu 20 Jahre.

Ernährung: Ein Kilo Obst und Gemüsen am Tag, viel Vollkornprodukte, mäßig Fisch, wenig Fett und Süßigkeiten – das macht schlank und agil, schützt den Kreislauf, das Immunsystem und beugt Krebs vor. Verjüngungseffekt bis zu 20 Jahren.

Flüssigkeit: 2 Liter Flüssigkeit (Mineralwasser, Kräutertee, Säfte) am Tag entgiftet die Nieren, hält die Haut geschmeidig und verringert das Thrombose- und Infarktrisiko. Verjüngungseffekt bis zu fünf Jahren. (Achtung: für Alkohol und Kaffee trifft das Gegenteil zu. Sie regen die Nierentätigkeit an und entziehen so dem Körper Flüssigkeit.)

Jugendliche Einstellung: Interesse für Neues und lebenslanges Lernen halten das Gehirn in Bewegung. Routine beschleunigt den Altersabbau. So fand man überraschenderweise heraus, daß alte Leute in den vermeintlich ungesunden Großstädten länger fit bleiben als auf dem Lande. Der Grund: mehr Abwechslung, mehr Notwendigkeit, selbständig zu handeln. Das wirkt sich nicht nur auf Gedächtnis und kreative Fähigkeiten aus, sondern auch auf alle Körperfunktionen, die ja vom Gehirn aus gesteuert werden. Verjüngung um bis zu zehn Jahren.

Soziale Kontakte: ein Freundeskreis, in dem man sich wohl fühlt, hält beinahe ebenso jung wie Sport. Das bewies vor einem Jahr der Altersforscher Thomas Glass von der Harvard-Universität. Dieses Ergebnis hat den Forscher selbst überrascht. Einsamkeit verkürzt das Leben dagegen um durchschnittlich vier bis fünf Jahre.

Sex: Wer mindestens dreimal pro Woche Sex hat, wirkt bis zu zehn Jahre jünger als enthaltsame gleichaltrige, fand der Brite David Weeks 1998 in einer Befragung von 3500 Menschen heraus, die jünger aussehen, als sie laut Kalender sind. Die Ursache, Hormone, die in der Erregung ausgeschüttet werden, glätten die Haut und entspannen die Seele.

Vermeiden von Risikofaktoren: Wer nicht raucht, nur gelegentlich mal ein Bier oder Wein trinkt, stressige Dinge langsam angehen läßt, der entzieht sich Umweltfaktoren, die viele Menschen vorzeitig altern lassen. Das Ergebnis: er wirkt jünger als der Durchschnitt derer, die die Risikofaktoren nicht meiden.

Gelassenheit und Humor: Wer die Dinge mit Abstand betrachtet und Problemen eine komische Seite abgewinnt, wirkt jünger. Der Grund ist die gute Laune, die aus dem Gesicht strahlt. Lächelnde Gesichter werden um rund fünf Jahre jünger geschätzt. Mit Recht. Denn um etwa genauso viel Jahre werden optimistische Menschen älter als Leute mit mäßiger Laune.

Mit Absicht haben wir bei den Verjüngungsangaben geschrieben: „bis zu 30 Jahren“. Das maximale Ergebnis tritt nur ein, wenn nicht nur der eine Faktor über Jahre optimal jung gehalten wird, sondern ihre Kombination. Deswegen können Sie leider nicht die einzelnen Verjüngungszahlen addieren. Sondern realistisch betrachtet, ist eine Gesamtverjüngung von etwa zehn Jahren möglich, wobei einzelne Körperfunktionen, wie etwa die Lungenkapazität, bei Älteren bis zu 30 Jahren jünger als der Durchschnitt Ihrer Altersgenossen bleiben können.

Was nach vorliegenden Studien nicht hilft, sondern eher eine Gefahr darstellt, sind Hormontherapien und andere teure Wundermittel. Der Grundgedanke der medizinischen Wunderkuren ist folgender: Im Alter nimmt die körpereigene Produktion einer Reihe von Hormonen, die wichtige Körperfunktionen regulieren, ab. Dazu gehören Wachstumshormone, das Geschlechtshormon Dehydroepiandrosteron (DHEA) oder Melatonin, das den Hell-Dunkel-Rhythmus zwischen Außenwelt und innerer Uhr vermittelt. Würde man soviel Hormone spritzen, wie junge Menschen von Natur aus produzieren, müßten auch die Körperfunktionen wieder jung werden.

Dahinter verbirgt sich möglicherweise ein gefährlicher Trugschluß. Genauso gut kann es sein, daß die Verringerung der Hormone von Natur aus der Veränderung der Körperfunktionen im Alter angepaßt ist. Sie bringen weniger Leistung als in der Jugend, arbeiten aber oft effektiver. Puscht man sie künstlich hoch, wird der Körper überlastet und seine Alterung beschleunigt sich. Studien, zum Beispiel zum DHEA, das eine Zeitlang als Hormon der ewigen Jugend angepriesen wurde, belegen jedenfalls keine Wirksamkeit im Sinne einer Verjüngung. Die Hormongaben ähneln eher einem Doping als einer echten Erneuerung. Langzeitstudien fehlen bisher.

Hier finden Sie unsere ersten beiden Beiträge zum Thema „innere Uhr“:

Die biologische Uhr (I) Der Rhythmus unseres Lebens

Die biologische Uhr (II) Wer nach ihrem Rhythmus lebt, lebt gesünder

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