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Wie viel Minus ist sinnvoll?

Ebbe im Porte­monnaie und trotzdem schick einkaufen – trotz Finanz­krise geht das Schulden­machen weiter, und die Banken locken mit vielfältigen Krediten. Wann dürfen wir der Verlockung nachgeben, wann wird es gefährlich?

Wie kann es überhaupt sein, dass drei Millionen deutsche Haushalte als überschuldet gelten? Denn Banken geben Kredite doch nur gegen Sicherheiten, oder? Sie sind verpflichtet – auch in ihrem eigenen Interesse – die Bonität zu prüfen. Doch das Einkommen der Überschuldeten reicht nicht aus, um ihre Grundbedürfnisse und zugleich ihre Kreditraten zu bezahlen. Die Antwort: Die zuverlässigen Schuldner müssen für die übrigen mitbezahlen.

Was wir leicht vergessen: Geld, das wir heute auf Pump ausgeben, müssen wir morgen zusätzlich einsparen. Wer heute über seine Verhältnisse konsumiert, muss morgen mit weniger als seinen laufenden Einkünften auskommen. Ein Absenken des gewohnten Lebensniveaus fällt schwer. Die meisten wollen ihre Raten zahlen und trotzdem ihre Ausgaben nicht reduzieren. Dafür gibt es nur zwei Wege: Eine kräftige Gehaltserhöhung oder neue Schulden.

Zugleich machen es uns die Banken immer leichter. Besonders verlockend ist der Dispokredit in Höhe von zwei bis drei Monatsgehältern. Ursprünglich war er nur dazu gedacht, ein kurzfristiges Minus auf dem Konto auszugleichen. Daher auch die hohen Zinsen von bis zu 14 Prozent. Wird das Kontominus innerhalb von drei Tagen ausgeglichen, fallen die Superzinsen kaum ins Gewicht. Wer jedoch ständig im Minus lebt, zahlt kräftig drauf – solange er zahlungsfähig bleibt.

Die meisten geraten erst dann in Schwierigkeiten, wenn zu ihren Raten unvorhergesehene Belastungen hinzukommen. Das kann eine teure Krankheit sein, eine Trennung oder ein Jobverlust. Wer sein Budget bis dahin schon voll ausgeschöpft hat, gerät nun ins Straucheln. Wenn so etwas geschieht, gibt es nur eins: Sofort zur Bank und um Umschuldung bitten! Dispokredite durch Ratenkredite ersetzen, deren Zinsen momentan bei etwa 6 Prozent liegen! Eine andere Alternative sind Abrufkredite. Die Bank gewährt ähnlich wie beim Dispo einen Kreditrahmen. Nur was Sie wirklich brauchen, heben Sie ab, und nur dafür fallen Zinsen an – bei den günstigsten Anbietern zwischen 7 bis 9 Prozent.

Die wichtigsten Tipps, um Schulden vorzubeugen oder sie im Notfall schnell wieder loszuwerden:

Ausgaben und Einnahmen vergleichen. Wer mehr einnimmt, als er ausgibt, ist reich. Wer mehr ausgibt, als er einnimmt, ist arm. Diese Regel gilt für Mindestlöhner ebenso wie für Millionäre. So schwer es am Anfang fällt, lieb gewordene Ausgaben zu streichen – tun Sie es, bevor Ihre Gläubiger sie dazu zwingen. Solange Sie sich freiwillig einschränken, bleiben Sie Herr über Ihr Leben und Ihre Finanzen. Viele Schuldner haben den Überblick über ihre Verpflichtungen längst verloren. Hier hilft nur: Alles aufschreiben und dann Prioritäten setzen. Zuerst kommen Miete, Heizung, Strom und Grundnahrungsmittel. Dann die Kreditrückzahlung. Alles übrige kann man zeitweise entbehren, auch wenn Verzichten schwer fällt.

10-Prozent-Regel. Keine Sorgen machen muss sich, wer maximal zehn Prozent seines Nettoeinkommens für Kreditzinsen aufwendet. Zugleich sollte man jeden Monat wenigstens zehn Prozent seines Einkommen sparen – für größere Anschaffungen und zur Altersvorsorge. Beides gleichzeitig zu tun, ist durchaus sinnvoll. Sie geben 80 Prozent für die laufenden Ausgaben aus, sparen zehn Prozent für später und zahlen mit weiteren zehn Prozent Ihr Auto oder Ihre Waschmaschine ab. Nur wer ein Haus abzahlt, darf höhere Raten einplanen, weil er keine Miete zahlen muss.

Lebensniveau nicht am Geld festmachen. Sich etwas leisten können, gilt bei uns als Statussymbol. Nicht unbedingt, um vor anderen zu protzen. Die Falle lauert vielmehr in der eigenen Selbstachtung. Ich kaufe dieses schicke Kleid, weil ich es mir wert bin. Der alte Fernseher mit der dicken Bildröhre ist zwar noch tadellos in Ordnung, aber bin ich vielleicht ein armer Schlucker? Lebe ich technisch hinter dem Mond? Also her mit dem neuen Flachbildschirm in HD-Qualität! Viel wichtiger für ein gutes Leben sind ausreichend freie Zeit, gute Freunde, Spaziergänge, Fitness – Dinge, die es zum Nulltarif gibt und deren Mangel selbst Millionäre beklagen.

Sparen als Hobby. Es gibt Sparfüchse, die aus dem Einschränken ihrer Ausgaben einen Sport gemacht haben. Wie kann ich mir mit möglichst wenig Geld viel leisten? Tipps dazu findet man im Internet in Hülle und Fülle. Einige Beispiele: Statt Bücher und DVDs kaufen in Bibliotheken kostenlos ausleihen. Garderobe geplant zusammenstellen statt Spontankäufe. Einfache gesunde Schnellgerichte selbst kochen statt teure Fertiggerichte und Pizzadienst. Bei gutem Wetter für Strecken bis zehn Kilometer Fahrrad fahren statt Auto. Statt teuer ausgehen, Freunde nach Hause einladen und alle bitten, etwas zu essen und zu trinken mitzubringen.

Schuldnerberatung. Wenn Sie es nicht mehr allein schaffen, warten Sie nicht auf den Gerichtsvollzieher. Wenden Sie sich an eine der fast tausend kostenlosen Schuldner­beratungsstellen. Dort erfahren Sie, welche Rechte Sie gegenüber Gläubigern haben. Sie erhalten Hilfe bei Umschuldungen und erfahren, wann eine Verbraucherinsolvenz sinnvoll ist. Das ist der Fall, wenn die Kreditrückzahlung einer Einzelperson weniger als 990 Euro im Monat zum Leben lässt. Bei einer Familie mit zwei Kindern sind es 1770 Euro. Nur was darüber liegt wird gepfändet, um die Gläubiger auszuzahlen. Nach sechs Jahren werden die Restschulden erlassen.

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veröffentlicht im Oktober 2011 © by www.berlinx.de

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