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Eine oft zitierte Untersuchung von 1972 zeigt: der erste Eindruck von einem Menschen wird zu 38 Prozent von seiner Stimme bestimmt. Es lohnt daher, sich nicht nur über den Inhalt der gesagten Worte, sondern auch über die Art und Weise des Redens einige Gedanken zu machen.

Der Klang der Stimme einer/s Unbekannten bestimmt wesentlich den ersten Eindruck, den wir von ihr/ihm gewinnen – besonders, wenn der erste Kontakt am Telefon erfolgt. Die Stimme kann flüstern, säuseln, krächzen, brummen und brüllen. Sie kann flach, hektisch und monoton klingen oder im Gegenteil mit Resonanz, Volumen und Vibrato schwingen. Ihr Klang ist mehr als ein Zusammenspiel von Lippen, Kehlkopf und Zunge. Sie sagt uns, ob eine Mensch interessant, langweilig, gefühlvoll, kalt oder erotisch ist. Manch beeindruckender Hüne enttäuscht, sobald er den Mund öffnet. Hingegen kann eine eher unauffällige Erscheinung durch einen warmen Bariton mächtig an Ausstrahlung gewinnen.
Ebenso wirkt eine Frau mit piepsiger Stimme naiv, unbedarft oder zumindest als leicht zu beeindrucken. Spricht sie tief und kraftvoll, schließen wir auf eine ebensolche Persönlichkeit. Nicht selten täuscht dieser erste Eindruck. Nur die Sprechweise – ob wir schnell oder langsam, monoton oder lebhaft reden – läßt Rückschlüsse auf den Charakter zu. Die Stimmhöhe hängt dagegen von biologischen Faktoren (Resonanzräume im Rachen, Größe der Stimmlippen im Kehlkopf, Menge des Hormons Testosteron u.ä.) ab. Der deutlichen Unterschied von männlicher und weiblicher Stimme, den wir beim Menschen täglich beobachten, findet sich übrigens bei keiner anderen Tierart. Ob Singvögel, Hunde, Katzen, Schimpansen – Männlein und Weiblein sind, was den Klang der Stimme betrifft, völlig gleich.
Wer im Beruf häufig öffentlich reden oder per Telefon Kontakte herstellen muß, wird bewußt auf die Wirkung seiner Stimme achten. Ruhig durchatmen, Pausen machen, das Sprechtempo drosseln, Begeisterungsfähigkeit in die Rede legen, die Sprechweise variieren – das sind einige Prinzipien, die jeder gute Redner beherzigt. Sie werden in Rhetorikkursen geübt.Jeder weiß:

  • wer nasal spricht, gilt schnell als weinerlich oder hochnäsig
  • eine monotone Rede verrät mangelnde Begeisterungsfähigkeit
  • Leute mit dünnem Stimmchen wirken unsicher und unreif.
Dagegen gilt eine tiefe, resonanzreiche Männerstimme als äußerst erotisch. Bei rund fünf Prozent aller Männer werden Frauen allein aufgrund ihrer Stimme schwach. Viele Sänger(innen) und Schauspieler(innen) erkennt man auf Anhieb an ihrer Stimme.
 
Wie jeder weiß, ist die Stimme unser natürliches Musikinstrument. Wie bei einer Geige kann man ungeübt darauf herumkratzen oder ihre Möglichkeiten durch Üben und Wissen voll entfalten. Leider bemerkt man die eigenen Stimm-„sünden“ erst, wenn man sich einmal eine Tonbandaufnahme von sich selbst anhört. Fast jeder erschrickt: Die eigene Stimme klingt fremd, und alle Schwächen treten erbarmungslos hervor. So wie kaum jemand über ein perfektes Aussehen verfügt, besitzen auch die wenigsten von uns ein perfektes Sprechorgan. Dennoch läßt sich einiges zur Verbesserung der Klangqualität tun.
 
Stimm­
eigenschaft
Ursache Was man dagegen tun kann
undeutliche Aussprache schlechte Angewohnheit, zu schwache Muskulatur Texte mit scharfem Flüstern vorlesen. Oder einen Plastikkorken zwischen die Zähne nehmen und laut lesen.
klingt piepsig und flach, was der/die Sprecher(in) oft durch erhöhte Lautstärke auszu­gleichen versucht, was unangenehm klingt zuwenig Resonanz durch Anspannung und schlechte Haltung
Kauübung: Mit offenem Mund Kaubewegungen ausführen und dabei kurze Silben sprechen, in denen „au“, „a“, und „u“ vorkommen: mjum, mjaum, u.ä.
Auf gerade Haltung achten.
klingt emotionslos mangelnde Begeisterungsfähigkeit oder zu flache Atmung (ohne Zwerchfell) Bewußt auf Bauchatmung achten. Dabei wölbt sich der Bauch nach vorn, das Zwerchfell senkt sich. Optimal, wenn sich zugleich die Rippen nach außen bewegen. Das ist ein Hinweis, daß sich die Lungen mit viel Luft füllen. Kontrollieren Sie Ihre Atmung, indem Sie beim Ein- und Ausatmen Ihre Hände teils auf den Bauch und teils seitlich auf die Rippen legen.
klingt zu hoch Anspannung im Zwerchfell-, Kehlkopf- und Stimmlippenbereich Mit geschlossenen Lippen gähnen, das entspannt den Kehlkopf. Bewußt langsamer sprechen und ruhiger atmen.
klingt zu monoton Unsicherheit, Ängstlichkeit, fehlende Anteilnahme am Inhalt Mehr Engagement. Während des Sprechens öfter mal eine Pause wagen, mal langsamer und mal schneller sprechen. Außerdem hilft folgende Übung: Sprechen Sie lauter O oder U, indem Sie mit so hoher Stimme wie möglich anfangen, aber dann die Stimme Ton für Ton in den Baßbereich fallen und wieder in die Höhe steigen lassen.

Aber selbst eine ungeübte Stimme klingt gut, wenn ihr Eigentümer aus dem Brustton der Überzeugung spricht. Wenn Sie sich mit Begeisterung zu einem Thema äußern, das Ihnen am Herzen liegt, vergessen die Zuhörer Ihre Stimme und lassen sich von Ihrer Anteilnahme am Inhalt mitreißen.

Veröffentlicht im April 1999 © by www.berlinx.de

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