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Faschingszeit, Maskenzeit.

Der Karnevalsmonat ist vorbei, wir haben die Verkleidungen wieder abgelegt. Falsch! Auch im Alltag neigen wir Menschen zur Maskierung. Viele von uns nutzen ihr Outfit, um ihr wahres Ich zu verbergen, um sich anders zu präsentieren, als sie sind.

 
Was ist mein wahres Ich? Niemand weiß es genau, nicht einmal ich selbst. Die Psychologie unterscheidet drei Arten von Wissen über das Ich:
  • das Selbstbild: es ist die Summe dessen, was ich glaube, wie ich bin;
  • die Fremdbilder: das sind die Auffassungen meiner Freunde, Bekannten, Kollegen usw. über mich;
  • mein Idealbild: es enthält meine Wünsche, wie ich gern sein möchte.
Das wahre Ich liegt meistens irgendwo dazwischen. Was die Suche nach der wirklichen Persönlichkeit erschwert: wie groß die Abweichungen sind, hängt wiederum von den Eigenschaften der gleichen Persönlichkeit ab, die es zu beurteilen gilt. Wenn die drei „Bilder“ sich stark voneinander unterscheiden, ist meine Selbstakzeptanz gering. Das bedeutet, in meine Selbstbeurteilung gehen einerseits viele Illusionen, andererseits übertrieben negative Einschätzungen ein. Die Folge: meine Freunde sehen mich nüchterner als ich selbst. Und mein Idealbild ist viel schöner als mein Selbstbild.
Wie stark sich jemand akzeptiert – oder umgekehrt: wie gern man ein anderer wäre – verraten Kleidungsstil, Kosmetik und Frisur einer Person.
Wir haben grundsätzlich die Wahl, ob wir unser naturgegebenes Äußeres durch Kleidung verstärken oder lieber verändern wollen. Wer sich so mag, wie er ist – also über eine hohe Selbstakzeptanz verfügt – bei dem bilden Körper und Kleidung eine Einheit. Wer lieber jemand anderes wäre, wird versuchen, wenigstens äußerlich seinem Ideal zu ähneln. In der Hoffnung, daß die anderen ihn dann so sehen, wie er selbst gern sein möchte: als Westernheld in Lederjeans und Cowboystiefeln, als Frau mit erotischer Ausstrahlung in engen Kleidern und bemaltem Gesicht oder als Frauenheld mit schwarz gefärbtem Haar, offenem Hemd und Goldkettchen.
Wer sich so maskiert, präsentiert nicht seine Persönlichkeit, sondern einen Typ. Die Individualität geht verloren, die Kleidung wird zu einer Art Uniform. Die Wirkung auf die Betrachter ist meist eine ganz andere als beabsichtigt. Der Mann in den Cowboystiefeln, der sich statt im Indianerfilm im Bus zum Hauptbahnhof bewegt, verbreitet nicht den Eindruck von Weite und Abenteuer, sondern von innerer Unsicherheit. Die folgende Tabelle bringt einige Beispiele von Alltagsuniformen und was der kritische Betrachter sich dabei denkt.
Baseballkappe verkehrtherum, T-Shirt mit amerikanischen Abkürzungen Er hat Schwierigkeiten mit dem Erwachsenwerden, der Ärmste!
Schnürstiefel, Militärhose und -jacke Die sollten erst mal dienen, die grünen Jungs!
blaue Jeans aus dem Sonderangebot, grüne Windjacke, unbedrucktes T-Shirt, Turnschuhe, Plastiktüte
Hat ein Haus und ein Auto abzuzahlen.
Oder: Leute? Ich sehe keine Leute.
Goldkettchen, T-Shirt mit sexuellen Anspielungen
Auch Single und vergeblich auf Kontaktanzeigen geantwortet?
Oder: Ich war auch auf Mallorca und kenne den Laden, der das Zeug verkauft.
Schmal geschnittener marineblauer Anzug, weißes Hemd, dunkle Krawatte mit glänzender Krawattennadel Ich habe zwar keine Job, aber ich darf wenigstens anziehen, was ich will.
Jeans, Parka, Zottelbart, Ohrring, langer Pferdeschwanz Rück mal ein Stück, Katrin. Ich bin meine Läuse von Woodstock seit dreißig Jahren wieder los.
Ist ein bestimmter Typ (Femme fatale, Ökofreak, Latin Lover, Porschefahrer usw.) auf den ersten Blick zu erkennen, dürfen Sie getrost auf eine ungefestigte Persönlichkeit schließen, die in ihrem Äußeren ihr Idealbild nachzugestalten versucht.
Bei allen übrigen fragen Sie sich zuerst: wirken Person und Outfit stimmig? Dazu vergleichen Sie das Aussehen mit dem Verhalten. Wenn das Benehmen zum Äußeren paßt – wenn die Person also wie aus einem Guß wirkt – können Sie auf eine hohe Selbstakzeptanz, also auf ein realistisches Selbstbild schließen. Die betreffende Person mag sich im großen und ganzen so wie sie ist und kennt ihre Stärken und Schwächen genau.
Das Spektrum ist dennoch weit gefächert. Da sind einmal die Leute mit einem eher unauffälligen Kleidungsstil, die sich auch unauffällig benehmen, aber zumindest auf den zweiten Blick recht sympathisch wirken. In ihrem Weltbild spielen Kleidung und Kosmetik keine wichtige Rolle. Sie sind nicht eitel und auch nicht von Berufs wegen gezwungen, allzuviel Sorgfalt auf ihr Äußeres zu verwenden. Sie tragen weder den neuesten Schrei der Mode, noch hinken sie ihm allzusehr hinterher.
Am anderen Ende der Skala bewegen sich die Outfit-Künstler. Wer viel Zeit in Modegeschäften und vor dem heimischen Spiegel verbringt, um seinen individuellen Stil zu gestalten, trägt eine gehörige Portion Eitelkeit in sich. Manchmal erfordert der Beruf diese Sorgfalt; das trifft für alle zu, die einen Öffentlichkeitsberuf ausüben. Gefestigte Charaktere wissen um ihre Eitelkeit und stehen dazu. Das zeigt sich im Äußeren darin, daß das Ergebnis ihrer Gestaltungskunst ihre Individualität hervorhebt. Es entsteht keine Kopie von Claudia Schiffer oder Antonio Banderas. Sondern das Selbstbild der Person erhält eine gelungene äußere Präsentation.
Der Betrachter ahnt nur selten die Arbeit, die dahinter steckt. Es gilt nicht nur, in Mode- und Kosmetikfragen immer auf dem Laufenden zu sein. Man muß auch herausfinden, was aus dem aktuellen Angebot das Ich unterstreicht und was nicht.
Falls Sie selbst Ihr Outfit für verbesserungswürdig halten – wie finden Sie heraus, was zu Ihnen paßt? Sie können sich natürlich eine Beratung bei einem Stylisten leisten. Das ist nicht ganz billig. Oder Sie gehen folgendermaßen vor:
Überlegen Sie zuerst, welche Menschen Sie mit Ihrem Äußeren von sich überzeugen wollen. Allen gefallen wollen ist eine Kunst, die nicht einmal Claudia Schiffer oder Michael Jackson gelingt. Der Stil – der Typus, den Sie verkörpern – hängt von dieser Entscheidung ab. Die Menschen, an deren Stil Sie sich anlehnen, werden Sie als einen der Ihren erkennen – die unabdingbare Voraussetzung für jeden weiteren Kontakt. Nun machen Sie sich Gedanken, mit welchen Details Sie im Rahmen des gewählten Stils Ihre Einzigartigkeit unterstreichen, und zwar so, daß die anderen neugierig werden, Sie kennenzulernen. Dafür benötigen Sie eine realistische Selbsteinschätzung und Phantasie in der Umsetzung.
Halten Sie sich für kooperativ, erfahren, dominant, jugendlich, freundlich, weltgewandt, liebenswürdig, cool, professionell, kompetent, gebildet, dynamisch, effizient, erfolgreich, diszipliniert, mächtig, verläßlich, kreativ, ehrgeizig, arbeitsam, gut organisiert, charmant? Wählen Sie drei derartige Adjektive aus, die Sie am besten charakterisieren – nicht mehr. Und nehmen Sie solche, die wirklich auf Sie zutreffen, nicht solche, mit denen Sie sich gern schmücken möchten. Bedenken Sie auch, daß einige einander ausschließen. Wenn Sie sich etwa als kooperativ und zugleich dominant charakterisiert haben, sollten Sie noch einmal gründlich nachdenken. Und gute Freunde fragen, ob Sie Ihrer Selbsteinschätzung zustimmen. Stellen Sie sich vor, Sie treffen an einem Urlaubsort einen Fremden und unterhalten sich zwei Minuten. Würde er Sie mit genau den drei von Ihnen gewählten Worten beschreiben?
Überlegen Sie nun, wie ein Mensch gekleidet sein müßte, damit man diese drei Eigenschaften sofort an ihm erkennt. Fragen Sie auch andere um Rat. Diese drei Eigenschaften sollten als Ihre Stärken erkennbar werden. Wenn Ihnen das gelingt, besitzen Sie ein stimmiges Image, das Vertrauen schafft. Falls Sie jedoch mehr auf Ihr Wunsch-Ich als Ihr reales Sein gehört haben, werden Sie Schwierigkeiten bekommen, andere von sich zu überzeugen. Ein falsches Image bricht schnell zusammen. Ein echtes Image hat dagegen positive Auswirkungen auf Sie selbst: Andere Leute akzeptieren Sie, wie Sie wirklich sind. Das liefert Ihnen die Selbstbestätigung, die Sie benötigen, um selbstsicher aufzutreten und Ihre Pläne erfolgreich umzusetzen.
Für den Kauf der Kleidung sind eine Reihe von Regeln wichtig, die immer wieder in Illustrierten, aber auch Sachbüchern genau dargestellt werden. Sie betreffen vor allem Schnitte und Farben.
Für die Farbwahl sind die natürlichen Farben der Haut, der Augen und der Haaren entscheidend. Zwei Kriterien bestimmen die Wahl. Wirken die Körperfarben zart, transparent oder kräftig? Haben Sie einen warmen oder eher einen kühlen Unterton? Nach der Kombination dieser Kriterien ergeben sich vier mögliche Farbtypen:
Frühlingstyp (zart, warm) Haut und Haare hell mit goldigem Schimmer. Neigung zu Sommersprossen.
Sommertyp (zart, kühl) Haut hell, rosig. Haare hell bis mittel mit Aschton.
Herbsttyp (kräftig, warm) Haut und Haare kräftigen mit Gold-, Braun- und Rottönen.
Wintertyp (kräftig, kühl). Haare dunkel, früh ergrauend, Haut blaß oder braun.
Die Kleidungsfarben sollten den Körperfarben entsprechen. Kontrastreiche Farben (zum Beispiel schwarzer Anzug, schneeweißes Hemd) kleiden nur den Wintertyp. Goldschmuck paßt zum Frühlings- und Herbsttyp. Silberschmuck zum Sommer- und Wintertyp. Zu jedem Typ gehört eine Palette passender Farben, die den Kleider- und Kosmetikkauf erleichtert.
Schnitte sollen im Gegensatz dazu, Körpereigenheiten nicht verstärken, sondern ausgleichen. Wer einen dicken Bauch oder ein dickes Gesäß hat, wird eine Kleidung wählen, die nicht diese Körperpartien betonen, sondern die Schultern oder die Beine.
Eine Körperpartie betonen: auffällige Muster, aufgesetzte Applikationen (z. B. Taschen), enganliegende Kleidung.
Von einer ungünstigen Körperpartie lenken ab: einfarbige, dunkle Stoffe, locker sitzende Kleidung, einfache Schnitte.
Dafür einige Beispiele: aufgenähte Taschen im Brustbereich vergrößern die Brust. Enge Kleidung macht nicht schlank, sondern hebt jedes Fettpölsterchen hervor. Umgeschlagene Beinenden der Hose lassen Beine kürzer wirken. Bei einer hellen Jacke zu dunkler Hose wirkt der Oberkörper größer, bei dunkler Jacke zu heller Hose wirken die Beine länger. Ein Minirock verlängert optisch die Beine – vorausgesetzt, sie sind schlank. Miniröcke kleiden deshalb vor allem kleine, schlanke Frauen.
Make-up erfüllt für viele Frauen die Funktion einer Maske. Die Grundierung verbirgt Unregelmäßigkeiten und erste Alterszeichen der Gesichtshaut. Die darüber aufgetragenen Farben können noch mehr. Je nachdem, wie der Farbstrich gesetzt wird, verändern sich die Gesichtskonturen.
Mancher Mann entscheidet sich aus dem gleiche Grund für einen Bart. Nicht selten hört man Begründungen wie „Ohne würde ich mich nackt fühlen“.
Falls Sie Lust bekommen haben, selbst einmal Ihr Outfit nach allen Regeln der Kunst zu gestalten, reichen die Hinweise dieses kurzen Artikels nicht aus. Für Frauen erscheinen jeden Monat neue Bücher. Wir nennen hier nur zwei bewährte Werke:
Meir, Gerhard/ Seeling, Charlotte: Richtig schön. Mit Tips von Profis und Prominenten. mvg München, Landsberg am Lech 1995.
Schürmann, Petra: Das große Buch der Kosmetik und Körperpflege. Naturalis München, Mönchengladbach 1981.
Für Männer ist die Auswahl gering. Seit einigen Monaten ist ein Standardwerk im Handel, das wir schon in EGONet 11-12/1998 vorgestellt haben:
Koch, René / Naumann, Frank: Mann, bist du schön! Was uns attraktiv, erfolgreich und begehrenswert macht. Verlag Gesundheit Berlin 1998. Veröffentlicht im März 1999 © by www.berlinx.de

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