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Wie viel kann der Einzelne erreichen?

Sind wir Gestalter unseres Lebens oder werden wir von ano­nymen Institu­tionen gestaltet? Egonet über die Chancen, der Umwelt unseren Stempel aufzudrücken.

Mögen Sie Filme mit starkem Hauptheld (oder –heldin)? Wenn ja: Über welche Art von Power verfügt Ihr Lieblingstyp? Ist es

  • Ein Actionthero, der mit Mut und harten Fäusten allein gegen eine böse Welt besteht?
  • Ein cleverer Detektiv, der mit Köpfchen das Recht gegen eine korrupte Organisation durchsetzt?
  • Ein charmanter Typ, der allein mit Ausstrahlung und Diplomatie die Leute auf seine Seite zieht und die Intriganten entlarvt?

Ihnen entsprechen drei Arten von Macht:

Gewalt. Körperliche Stärke ist die älteste Form der Macht. Wer zu bestimmen hat, wurde auf direktem Weg ermittelt. Die großen Reiche des Altertums gründeten sich auf unverhüllter militärischer Stärke. Doch eines Tages hatten einige wenige Machtzentren die Welt unter sich aufgeteilt. Wer an dem Patt zu rütteln versuchte, wurde schnell in seine Schranken verwiesen. In der Neuzeit verlor physische Stärke ihre Überlegenheit. Das alte Rom bestand rund tausend Jahre. Napoleon und Hitler konnte ihre Eroberungen nur wenige Jahre halten. Die modernen Großmächte setzten auf andere Trümpfe.

Regeln und Verträge. In der Renais­sance gab es zwar noch Fürsten, Generäle und Armeen. Doch die wahre Macht lag in den Händen der Händler, Juristen und Bankiers, bei denen die Fürsten verschuldet waren. Wer den Welthandel beherrschte, stieg an die Spitze der Nationen auf: Holland, England, die USA. Cleverness, Kontakte und diplomatische Gewandtheit schlug körperliche Stärke. Inzwischen haben Finanzkrisen, gebrochene Verträge und juristisches Hickhack ohne eindeutige Gewinner auch dieses Machtmittel  an seine Grenzen geführt.

Psychologische Einfühlung. Die Macht wandert immer weiter von außen nach innen. Von der nackten Gewalt über das regelkonforme Verhalten zu innerer Stärke. Wer heute Macht ausübt, manipuliert die Einstellung und die Gefühle der Menschen. Manipulation durch Werbung, Sammeln und Auswertung persönlicher Daten und Beeinflussungs­strategien lassen Waffen und Paragraphen altmodisch wirken. Das Internet – einst als demo­kratisches Kommunikations­medium für jedermann gegründet – ist eine riesige Datenklau- und Betrugs­maschine geworden.

Kein Wunder, dass wir uns immer ohnmächtiger fühlen. Einen Kämpfer mit Keule konnte Ihr Vorfahr vielleicht nicht besiegen, aber die Machtverhältnisse waren klar. Man wusste, woran man war und konnte seine Waffen entsprechend wählen. Beim Kampf um Geld und Recht wurde es schon schwieriger, aber auch hier konnten wir uns mit Hilfe von Anwälten und anderen Spezialisten noch halbwegs Durchblick verschaffen. Aber was tun, wo heimlich manipuliert wird? Wo es genügt, wie Wortwahl und die Farben von Webseiten zu ändern, um das Verhalten der Nutzer in die gewünschte Richtung zu ändern? Hier gewinnt, wer die Psycho-Tricks durchschaut.

Glauben Sie nichts, nur weil sie es sehen. Wir neigen dazu, Fotos und Filme für ein Abbild der Wirklichkeit zu halten. Bilder prägen nicht nur unsere Sicht der Welt, sondern auch unsere Gefühle. Wenn der wache Verstand dem Bild misstraut, weil es mit Photoshop bearbeitet sein könnte, wirkt es dennoch auf unsere Emotionen.

Lassen Sie sich unterhalten, aber nicht Ihr Verhalten beeinflussen. Wir werden täglich mit Hunderten von Werbe­filmen bombardiert. Zum Glück setzen wir 99 Prozent aller Verkaufs­empfehlungen niemals in die Tat um. Seien Sie vorsichtig, sobald Sie anfangen zu glauben, sie müssten einen Mode­trend mitmachen, den sie aus Medien kennen.

Informieren und beraten Sie sich. Bescheid wissen ist immer noch die beste Absicherung gegen Manipulation. Vor allem dann, wenn Sie vor einer wichtigen Entscheidung stehen. Sprechen Sie mit Ihren Nächsten, denen Sie vertrauen. Holen Sie mehrere Meinungen ein. Fragen Sie: „Was würdest du tun, wenn du ich wärst?“

Misstrauen Sie der Geheimnistuerei. Das Wissen der Manipulatoren ist nicht geheim. Wir glauben es nur, weil diese Leute es uns über ihre Medien einreden. In unserer komplexen Welt lässt sich nichts auf die Dauer geheim halten. Bei jedem Geheimprojekt, an dem mehr als zwei Menschen beteiligt sind, taucht irgendwann ein Edward Snowden auf, der aussteigen will. Spätestens im Pensionsalter fangen Geheimnisträger an, ihre Memoiren zu schreiben, um zu zeigen, was für tollen Kerle sie waren. Berater wollen nicht dauernd im Verborgenen wirken und veröffentlichen ihre Tricks in Blogs oder Ratgeberbüchern.

Wir sind nicht ohnmächtig. Verschwörungs­theorien sollten wir auch auf sie selbst anwenden. Sie wollen uns glauben lassen, die Welt sei eine Verschwörung ungreifbarer Mächte. In Wirklichkeit sind es sehr reale Menschen, die um Einfluss ringen. Damit wir sie nicht dabei stören, erzählen sie uns das Märchen von der Welt­verschwörung, gegen die wir sowieso nichts tun könnten.

Manipulieren Sie zurück. Da unsere Gegner auch nur Menschen sind, sind sie ebenfalls für Manipulation anfällig. Das zeigte sich in den jüngsten Krisen. Banker glaubten an ihre eigenen Theorien vom leicht zu manipulierenden Markt – und spekulierten sich um Kopf und Kragen. Hören Sie zu, wenn man Ihnen Märchen erzählt, nicken Sie freundlich, finden Sie alles spannend. Lassen Sie sie glauben, dass Sie ihr Spiel mitspielen – vorausgesetzt, Ihre Bedingungen werden erfüllt. Nutzen Sie, dass auch Manipulatoren auf Schmeichelei und verzerrte Information hereinfallen, gerade weil der Umgang mit diesen Tricks zu ihrem gewohnten Handwerk gehört.

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veröffentlicht im Juni 2015 © by www.berlinx.de

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