Sympathiefalle Dauergrinsen

Eine der häufigsten Empfehlungen von Trainern der Körpersprache lautet: Lächeln Sie! Keine Frage, ein Lächeln verschönt jedes Gesicht. Also Lächeln, soviel und solange wie möglich? Vorsicht! Der Schuss kann auch nach hinten losgehen.

Sicher kennen Sie die Warnungen vor falschem Lächeln. Da werden nur die Mundwinkel nach oben gezogen. Beim echten Lächeln zieht sich auch der Ringmuskel um die Augen zusammen, es bilden sich Lachfältchen in den Augenwinkeln. Da dieser Muskel nicht unserer willentlichen Kontrolle unterliegt, arbeitet er nur, wenn uns innerlich zum Lächeln zumute ist. Ist die Mimik nur aufgesetzt, bleiben die Augen „kalt“.

Doch das wahre Problem liegt woanders. Längst hat sich in der Werbebranche die Zaubermacht des Lächelns herum­gesprochen. In vielen Kaufhäusern und Luxusläden werden Sie gnadenlos niedergelächelt – egal, ob sie freundlich sind, herumpoltern oder die Verkäuferinnen zur Verzweiflung treiben, weil sie sich ein Dutzend Sachen vorführen lassen, ohne was zu kaufen.

Dabei geht es hierzulande noch bescheiden zu. In Amerika gehören die hochgeklemmten Mundwinkel zur kommerziellen Nationalkultur. Dort herrscht das Prinzip: „Unsere Angestellten lächeln nur einmal und zwar den ganzen Tag.“ Gegen das Lächeln amerikanischer Supermarktkassiererinnen wirkt selbst die Mimik einer deutschen Stewardess spontan. McDonalds in den USA bot sogar eine „Smile Guarantee“. Sollten Sie nicht angelächelt werden, haben Sie Anspruch auf ein Geschenk. Am liebsten würde man den Angestellten etwas schenken, wenn sie nur einmal ihr wahres Gesicht zeigen würden.

Ein Dauerlächeln ist ein Unterwerfungssignal. Es weckt Misstrauen, da es kaum ehrlich gemeint sein kann. Denn niemand, der in einem Servicejob arbeitet, hat ununterbrochen gute Laune. Oder Sie spüren dahinter versteckten Spott, dann wirkt es wie ein Dauergrinsen.

Je nach der Stärke unseres Selbstwertgefühls reagieren wir auf Ärger verschieden. Wer über ein gesundes Selbstvertrauen verfügt, richtet seinen Zorn gegen die Quelle. Er weist den Angreifer zurück und zeigt seinen Missmut auch im Gesicht. Menschen mit geringem Selbstvertrauen dagegen werden noch liebenswürdiger als vorher. Sie senken den Kopf und lächeln unsicher vor sich hin. Sie suchen die Schuld am Konflikt bei sich und versuchen den Angreifer zu beschwichtigen. Das bedeutet: Lächeln ist durchaus nicht immer ein Signal der Fröhlichkeit. Es kann auch ein Zeichen von Angst sein.

Die korrekte Empfehlung lautet daher: Lächeln Sie, aber nicht länger als vier Sekunden am Stück! Eine Mimik, die fünf Sekunden und länger dauert, wirkt unehrlich. Das fanden Lügenforscher heraus. Echte Gefühle zeigen sich auf dem Gesicht schnell und kurz. Ein Lächeln bis drei Sekunden ist ein Höflichkeitssignal. Drei bis vier Sekunden deuten auf außergewöhnliches Interesse hin, zum Beispiel beim Flirten. Ab fünf Sekunden fühlt der Betrachter sich unwohl. Er fragt sich: Was ist mit dem Typ? Will der was von mir? Dauergrinser haben schon Aggressionen provoziert.

Die gleiche Regel gilt für den Blickkontakt. Wen Sie bis vier Sekunden anschauen, spürt Ihr steigendes Interesse. Bei mehr als vier Sekunden – vor allem, wenn die Augen unbeweglich auf denselben Punkt im Gesicht gerichtet bleiben – wird aus dem Blick ein Starren. Und Anstarren sieht bedrohlich aus. Die anfangs positive Wirkung schlägt ins Gegenteil um.

Das Timing ist also wichtiger als körpersprachliche Perfektion. Ein kurzes Lächeln wirkt sympathisch, selbst wenn es künstlich ist. Die Tests ergaben nämlich auch, dass wir große Schwierigkeiten haben, echtes und falsches Lächeln zu unterscheiden. Selbst wenn Sie wissen, dass die Augen mitlächeln müssen: Schauen Sie sich zehn lächelnde Fotos maximal fünf Sekunden lang an und versuchen Sie spontan zu entscheiden, ob da die Augen nun mitlächeln oder nicht. Wenn die Mundwinkel hochgezogen sind und die Augen den Betrachter anschauen, ist der Unterschied kaum zu erkennen. Beim echten Lächeln ziehen sich die Augen durch die Anspannung des Ringmuskels leicht zusammen. Selbst erfahrene Betrachter täuschen sich, wie die Experimente des Amerikaners Paul Ekman ergaben. Sie erkannten die richtige Bedeutung der Mimik zu 52 bis 57 Prozent. Da es nur zwei Antwortmöglichkeiten gibt – echt oder unecht – wären beim bloßen Raten auch 50 Prozent zusammen gekommen.

Bei längerem Lächeln würde der Unterschied stärker auffallen. Aber vier Sekunden sind zu kurz für eine ausführliche Musterung der Details. Es ist daher leicht, bei der ersten Begegnung sympathisch zu wirken. Treten Sie Ihrer Zielperson mit aufrechter Haltung und schwungvoll-geschmeidigem Gang entgegen. Nehmen Sie in vier bis sechs Meter Entfernung Blickkontakt auf und lächeln Sie – egal, ob echt oder nicht. Nach drei Sekunden wenden Sie den Blick kurz zur Seite und entspannen Ihre Mimik. Wenn Sie dann Ihren Partner begrüßen, lächeln Sie ihn erneut an. Heben Sie deutlich die Augenbrauen. Das ist ein körpersprachliches Grußsignal: „Ich habe Sie erkannt und hege freundliche Absichten.“

Auch später wechseln Sie zwischen Blick und Wegschauen hin und her. Einzige Ausnahme: Wenn Sie nur zuhören und Ihr Partner längere Zeit redet, können Sie ihn länger anschauen. Ihr Blick signalisiert dann, dass Sie aufmerksam seinen Worten folgen. Doch auch hier wäre ein Dauerlächeln fehl am Platz. Es würde wie Spott wirken. Setzen Sie Ihr Lächeln immer sparsam ein. Um so wirkungsvoller ist es. Dann weiß man aus dem Vergleich der Geschlechter. Männer lächeln seltener als Frauen. Dafür hat ihr Lächeln, wenn sie es mal zeigen, eine stärkere Wirkung.

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Körpersprache von Frauen und Männern Gestik und Mimik der Geschlechter

Veröffentlicht im Dezember 2006 © by www.berlinx.de

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