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Erfolgreich aus dem Bauch heraus ent­scheiden

Statt Für und Wider abzu­wägen, der inneren Stimme folgen – kann das gut gehen? Ja, sagen neueste Studien. Voraus­gesetzt, Sie folgen wirklich Ihrer Intuition und nicht einem plötz­lichen Impuls oder trüge­rischen Gefühlen. Egonet erklärt, worauf es ankommt.

Jana hat ihrem technikbegeisterten Liebsten zu Weihnachten eine schicke DVD-Anlage für seinen Hobby­keller geschenkt. Doch statt Dankbarkeit zog er ein langes Gesicht. Nicht mal ein USB-Anschluss! Technisch völlig veraltet.

Heute ist Jana ihr Fehler klar. Sie hatte sich von dem tollen Design zum Kauf verleiten lassen. Was die Anlage technisch leistet, war ihr egal gewesen. Doch genau das war das einzige, was für ihren Liebsten zählte. Wie konnte ihre Intuition sie nur so im Stich lassen? Experten hatten doch bewiesen, dass gerade bei Kaufentscheidungen die Intuition kühler Logik überlegen ist?

Schauen wir uns zunächst an, was Intuition nicht ist:

1. Spontaner Impuls.
Die Verwechslung liegt nahe, weil Intuition schnelles Entscheiden bedeutet. Statt stundenlang Gründe abzuwägen, taucht die Entscheidung nach wenigen Sekunden im Bewusstsein auf. Doch dahinter stecken die Erfahrungen vieler Lebensjahre. Wenn ein Arzt aufgrund unklarer Symptome intuitiv die richtige Diagnose findet, so steht dahinter jahrelange Berufserfahrung. Je mehr Wissen und Erfahrung, desto besser die Intuition. Ein Großteil dieses Wissens ist unbewusst. Die Intuition kann von ihm Gebrauch machen, rationales Nachdenken nicht. Daher ihre Überlegenheit bei komplexen Entscheidungen.

Spontan einem Impuls zu folgen, heißt dagegen, einfach das erste zu tun, was einem gerade durch den Kopf geht. Das kann auch ein Kleinkind, das überhaupt noch keine Erfahrungen hat. Wer spontan entscheidet, gehorcht einfach einer Augenblickslaune. Zehn Minuten später hätte er ganz anders entschieden. Ich habe gerade Appetit auf Schokolade, also rein damit. Mein Kollege steht mir gerade im Wege, also blaffe ich ihn an. Wer impulsiv handelt, denkt nicht über die längerfristigen Folgen nach. Für die Intuition sind sie dagegen der entscheidende Faktor. Werde ich mit meiner Entscheidung auch in einem Jahr noch zufrieden sein? Nur wenn der Bauch dazu „Ja“ sagt, ist die Intuition beruhigt.

2. Leidenschaft und Gefühle.
Man spricht bei Intuition auch vom „Bauchgefühl“. Wer nachdenkt, folgt also seinem Verstand, die Intuition dagegen dem Gefühl? Eine böse Verwechslung. Gefühle können vor Schaden bewahren, uns aber auch in die Irre führen. Ein einfaches Beispiel: Peggy ist in Bert verliebt. Würde sie ihrem Gefühl folgen, ständen schnelle Heirat und Kinder auf ihrem Lebensplan. Doch ihre Intuition sagt: Abwarten! Die Intuition rät ihr aufgrund früherer Erfahrungen, nicht allein dem momentanen Hochgefühl zu vertrauen.

Gute Gefühle motivieren, schlechte Gefühle warnen. Doch diese Gefühle sind nicht immer zuverlässig. Würden wir immer nur tun, was sich gut anfühlt – wir wären übergewichtig, häufig untreu und chronisch pleite. Und wenn wir alles meiden würden, wovor wir Angst haben? Wir würden kaum neue Leute kennen lernen, zu keiner Prüfung gehen, daher keine Abschlüsse machen und jede Konfrontation mit unverfrorenen Zeitgenossen scheuen. Intuition dagegen ist verdichtete Lebenserfahrung. Sie sagt uns, wann wir über den eigenen Schatten springen sollten.

Mit Intuition entdecken wir verborgene Möglichkeiten, die nicht so offensichtlich ins Augen springen. Wie können sie ihre Stärken nützen, und die Impulsfalle vermeiden?

Eine Nacht überschlafen. Sie haben eine schnelle Entscheidung aus dem Bauch heraus getroffen, und sie fühlt sich richtig gut an? viele Leute schreiten sofort zur Tat. Oft aus Angst, dass die Entschlossenheit den nächsten Tat nicht übersteht. Hören Sie auf diese warnende Stimme! Auch sie ist Teil Ihrer Intuition. Erst wenn sich der intuitive Entschluss auch am nächsten Tag noch gut anfühlt, können Sie beruhigt ans Werk gehen.

Gibt es Auslöser? Warum haben Sie heute diesen intuitiven Entschluss gefasst und nicht schon gestern? Jana hatte sich vom Anblick eines schicken Designs zum Kauf verführen lassen und alle anderen Faktoren ignoriert. Wenn Sie einen Auslöser Ihres Entschlusses ausmachen können, sollten alle Alarmglocken schrillen. Intuition braucht keine äußeren Auslöser. Im Gegenteil, sie meldet sich meist, wenn um uns herum gar nichts passiert. Wenn uns keine äußeren Geschehnisse ablenken.

Lassen Sie sich Zeit. Die Intuition arbeitet nicht plötzlich, auf Abruf. Sie meldet sich, wenn die Zeit reif ist. Ein typisches Beispiel ist das Aha-Erlebnis von Erfindern und Künstlern. Lange haben sie sich vergeblich mit einem Thema beschäftigt – und plötzlich, oft in einem entspannten Moment, ist der zündende Funke da. Statt impulsiv das Erstbeste (oder Erstschlechte) zu nehmen, lassen Sie vielmehr Ihre innere Erfahrung reifen. Sammelt Sie weitere Fakten auf Vorrat, hören Sie sich verschiedene Meinungen an und vor allem – keine Eile. Wer sich unter Zeitdruck setzt, wählt eine Entscheidung, mit der er das Problem vorläufig los wird. Meist handelt man sich auf diese Weise nach einigen Tagen ein weit größeres, neues Problem ein.

Verstand einschalten. Intuition funktioniert nicht immer. Manchmal fehlt die nötige Lebenserfahrung. Manchmal gelingt es nicht, Wichtiges von Unwichtigem zuverlässig zu unterscheiden. Manchmal streiten zwei Intuitionen miteinander. In diesem Fall schalten Sie Ihren Verstand ein. Manchmal ist Nachdenken die beste Methode. Selbst wenn der Kopf nicht die allerbeste Lösung findet – er kann Sie zumindest vor groben Fehlentscheidungen bewahren.

Buchtipp:
Gerd Gigerenzer: Bauchentscheidungen. Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition. Bertelsmann, München 2007.

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Intuition Hören Sie auf Ihre innere Stimme!
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veröffentlicht im Januar 2010 © by www.berlinx.de

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