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Selbstsabotage aus dem eigenen Kopf

Wir machen perfekte Pläne, aber alles geht schief. Wir sind überzeugt, recht zu haben, aber keiner sieht es ein. Wir sind überzeugt, das einzig Mögliche zu tun, aber fühlen uns schlecht dabei. Wieso?

Haben Sie sich schon einmal bei einer Eselei ertappt: „Oh je, wie konnte ich nur?“ Keine Bange, Sie konnten nichts dafür. Unter Stress schaltet die Evolution unsere abwägende Denkfähigkeit aus. Wir folgen dann dem Prinzip: Erst handeln, dann fragen.

Sie haben sich noch nie bei einer Eselei ertappt? Glückwunsch! In diesem Fall gehören Sie zu den glücklichen Exemplaren unserer Art, bei denen die Fähigkeit zur Selbstkritik verkümmert ist. In diesem Fall haben Sie die besten Chancen, an die Spitze von Politik und Wirtschaft zu gelangen.

Wir halten uns für klüger als wir sind. Das ist ein Selbstschutz, mit dem uns die Evolution ausgestattet hat. Wer einem Säbelzahn­tiger gegenüber stand und von Selbst­zweifeln geplagt wurde, ist ausgestorben. Nur wer siegessicher zuschlug, überlebte und gehört zu unseren Vorfahren.

In der einfachen Welt der Urzeitjäger war das ein Vorteil. Hier hieß es: Überleben oder sterben – uns zwar innerhalb weniger Sekunden. In der komplexen Welt von heute haben diese Denkweisen Nachteile. Unsere einfachen Rezepte funktionieren oft nicht mehr.

Schauen wir uns einige typische Denkfallen an, die uns hindern, die Dinge so zu sehen, wie sie sind:

Wunschdenken. „Ich will“ ruft das Kleinkind und ist durch kein vernünftiges Argument zu beruhigen. Daher das Sprichwort: Aus eigenem Schaden wird man klug. Das gilt leider auch noch für Erwachsene. Wir bestehen nicht mehr darauf, unsere Hand auf die heiße Herdplatte zu legen. Aber wir überschulden uns, weil wir unbedingt unser Traum­haus wollen. Wir klammern uns an den falschen Partner, der uns ausnutzt, weil wir uns nicht eingestehen wollen, dass er uns nicht für liebenswert hält. Wunsch­denken verführt, alle Argumente zu sammeln, die für unseren Wunsch sprechen. Dafür ignorieren wir alles, was dagegen spricht.

Denken in Extremen. Ein Schwarz-Weiß-Film trägt seinen Namen zu Unrecht. In ihm dominieren nicht weiß und schwarz, sondern Grautöne. Doch der Name verrät: wir neigen dazu, die Grautöne zu übersehen:

  • Wer nicht für mich ist, ist gegen mich.
  • Ich wollte mit Rauchen aufhören, aber gestern habe ich doch wieder zur Zigarette gegriffen. Also ist es zwecklos.
  • Warum sollte ich weiter studieren? Aus mir wird ja doch kein Einstein.

Erfolgreiche Menschen freuen sich dagegen an jedem Teilerfolg. Sieger gewinnen Schritt für Schritt.

Denken in Anekdoten. Rauchen verkürzt das Leben: Und was ist mit Ex-Kanzler Helmut Schmidt? Obst soll gesund sein: Meine Cousine verträgt keine Fruktose. Seit ich gesehen habe, wie elend sie sich nach einem Apfel fühlt … Mit Einzel­beispielen kann man alles beweisen. Wir finden früh verstorbene Raucher und langlebige. Die Frage ist nur: Was ist die Regel und was ist die Ausnahme? Genau das können wir einer Anekdote nicht ansehen.

Die eigenen Grenzen für die Grenzen der Welt halten. Ein beliebtes Argument lautet „Ich kann mir nicht vorstellen, dass …“ Was ich mir nicht vorstellen kann, kann dennoch existieren! Vielleicht reicht meine Phantasie nicht aus. Der englische Biologe Richard Dawkins zitierte einen Bischof, der sich nicht vorstellen konnte, warum Eisbären sich mit weißem Fell im Eis tarnen müssen. Schließlich haben sie keine natürlichen Feinde. Wir können uns dagegen vorstellen, dass Eisbären sich auch vor ihrer Beute (Robben) tarnen müssen, wenn sie diese jagen und verzehren wollen. Bären ohne weißes Fell müssten in der Eiswüste verhungern.

„Es muss“-Denken. Entweder es läuft, wie ich will, oder es hat alles keinen Zweck. Gute Vorsätze scheitern, weil die Umsetzung im rauen Alltag nicht so läuft wie gedacht. Man will mit dem Kopf durch die Wand. Wenn es nicht gelingt, gibt man auf, statt das Hindernis zu umgehen. Intelligent ist, wer sich den Gegebenheiten anpassen kann. Zeigen Sie sich flexibel auf dem Weg zu Ihrem Ziel.

Verantwortungsfalle. Es gibt zwei Extreme: Menschen, die sich für nichts verantwortlich fühlen, und Menschen, die sich für alles verantwortlich fühlen. Beide können unangenehm werden. Die einen schieben alles auf die Kollegen oder „das System“. Die anderen mischen sich in alles ein, bis zum Burnout. Wir haben Verantwortung für unsere nächste Umgebung. Auf Dinge, die wir direkt beeinflussen können. Wollen Sie weiter­gehende Zustände ändern, suchen Sie sich Verbündete.

Grübeln über Gestern und Morgen. Der Mensch hat die Fähigkeit, voraus­schauend zu planen. Dazu versucht er, aus vergangenen Erfahrungen zu lernen. Gedächtnis und Vorausschau können aber zum Selbstzweck werden. Prognosen sind niemals völlig sicher. Deshalb kann man ewig über die Zukunft nachgrübeln, ohne je zu einem sicheren Entschluss zu kommen. Auch die Frage „Hätte ich mich in der Vergangenheit anders verhalten sollen?“ kann in einen unendlichen Zirkel um sich selbst kreisender Grübeleien münden. Wir sollten lernen, die Ungewissheit zu ertragen, und uns auf die nächsten Schritte in der Gegenwart zu konzentrieren.

Einzelkämpfer­mentalität. Warum vertrauen wir der Wissenschaft? Es gibt schließlich Wissenschaftler, die ihre Resultate fälschen. Zahlreiche Studien sind fehlerhaft oder verschweigen ungünstige Ergebnisse. Trotzdem wächst unsere Erkenntnis an. Der Grund: Was ein Forscher verbockt, korrigiert ein anderer. Wissenschaft ist Teamarbeit. diese Methode hilft auch im Alltag. Stellen Sie sich der Kritik. Diskutieren Sie das Für und Wider Ihrer Gedanken mit guten Freunden. Wer stets allein im stillen Kämmerlein vor sich hindenkt, kann sich leicht in abstruse Ideen verrennen.

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veröffentlicht im Juni 2015 © by www.berlinx.de

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