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Vom Glück des Innehaltens

Stehen Sie im Advents­stress? Wie kann es Ihnen in den hektisch­sten Wochen des Jahres gelingen, Beschau­lichkeit und Muße zu finden? Egonet unterbreitet Ihnen fünf Vorschläge.

Weihnachten gilt als Zeit der Ruhe und der Besinnung auf die echten Werte, fern von oberfläch­lichem Konsum. Doch in Wahrheit verzeichnen die Händler gerade im Dezember ihre umsatzstärksten Tage. Einige Branchen verkaufen in dieser Zeit soviel wie in den gesamten übrigen elf Monaten. Um unsere Lieben zu erfreuen, quetschen wir uns in übervolle Busse oder stehen in der City im Stau auf der vergeblichen Suche nach einem Parkplatz. Weihnachts­märkte überfluten uns mit Licht und Musik.

In der Anfangszeit des Christen­tums war Weihnachten eine Gegen­reaktion auf das kriegerische, lärmende Rom. Die Gläubigen zogen sich in den engsten Kreis Gleich­gesinnter zurück, um sich im stillen Gebet um Kerzen­licht zu versammeln. Gegen äußeren Glanz feierten die Christen die Innerlich­keit als den eigentlichen Wert. Aus der Sonnen­wende der Heiden entwickelten sie die weihevolle Nacht als Fest der Selbst-Besinnung.

Innehalten und zu sich selbst zurückfinden – ist das überhaupt noch zeitgemäß? In einer Studie der Harvard-Universität baten Forscher ihre Studenten, fünfzehn Minuten lang einfach mal nichts zu tun. Sie sollten nur dasitzen und sich mit ihren eigenen Gedanken beschäftigen. Die meisten fanden dieses Nichtstun äußerst unangenehm. Ein Drittel gab sogar zu, geschummelt zu haben. Sie schalteten heimlich ihr Handy an, um Musik zu hören oder SMS zu verschicken.

Da diese Frieden durch bloßes Nichtstun nicht zu erreichen ist, haben unsere Vorfahren eine Reihe von Weihnachts­ritualen entwickelt, die uns das Inne­halten erleichtern. Fünf Rituale haben sich als besonders erfolgreich erwiesen:

  1. Kontemplation. Zünden Sie eine Kerze an. Schalten Sie alle übrigen Licht- und Geräusch­quellen aus. Schauen Sie in das Kerzen­licht. Beobachten Sie ihr ruhiges Leuchten und gelegentliches Flackern. Sobald Sie merken, wie Ihre Gedanken abschweifen, lenken Sie Ihre Aufmerk­samkeit ruhig zum Kerzen­licht zurück.
  1. Lesen. Statt sich vom Fernsehen berieseln zu lassen, greifen Sie zum Buch. Lesen Sie die Weihnachts­geschichte aus der Bibel. Oder eine andere gefühlvolle Erzählung. Sehr gut eignen sich Märchen. Sie können auch einander vorlesen. Wichtig: Den Text nicht eilig herunter­haspeln, sondern genuss­voll bei den Details verweilen. Machen Sie es wie ein Schauspieler. Ahmen Sie unterschied­liche Stimmen der handelnden Figuren nach.
  1. Spaziergang. Gehen Sie hinaus in die Natur. Auch wenn weiße Weihnachten selten geworden sind. Gleich­förmiges Gehen hat etwas Meditatives. Herzschlag und Schrittrhythmus schwingen im selben Takt. Richten Sie Ihren Blick auf Ihre Umgebung. Statt zu grübeln, nehmen Sie Farben und Formen von Bäumen und Häusern in sich auf. Grüßen Sie jeden Spazier­gänger, dem Sie begegnen.
  1. Dankbarkeit schenken. Der ursprüngliche Sinn unserer Geschenk­rituale war kein materieller Wettstreit um die teuerste oder originellste Gabe, sondern Danke sagen. Wer hat Ihnen im vergangenen Jahr Gutes getan? Bedanken Sie sich. Dafür reichen freundliche Worte. Sie werden es spüren: Ihr Dank erfreut nicht nur Ihr Gegenüber, sondern auch Sie selbst.
  1. Innere Bilanz ziehen. Wie sind Sie im vergan­genen Jahr innerlich gewachsen? Welche neuen Fähig­keiten und Einsichten haben Sie erworben? Welche Fähig­keiten möchten Sie gern noch erreichen: Mehr Gelassenheit? Mehr inneren Abstand? Bessere Kontakte zu Ihren Mit­menschen? Gute Vorsätze lauten heutzutage oft: Gewicht abbauen, mehr Sport treiben, mehr Zeit für die Familie. Das ist alles wichtig. Die wertvollsten Vorhaben beziehen sich jedoch auf die Charakter­bildung.

Überlegen Sie, mit welchen Ritualen Sie mehr Dank­barkeit, Selbst­vertrauen oder Stress­resistenz entwickeln können. Zum Beispiel:

  • Täglich fünf Personen oder Gescheh­nisse benennen, denen ich dankbar bin.
  • Täglich zehn Minuten Ruhe finden, in denen ich nur für mich selbst da bin.
  • Täglich dreißig Minuten spazieren gehen.

Kein Termin ist so dringlich, dass er Sie von Ihren Ritualen ablenken darf. Was kann Ihnen wichtiger sein als Sie selbst? Denn nur wenn es Ihnen selbst gut geht, können Sie auch gut für andere da sein.

Quelle der Studie:
http://www.sciencemag.org/content/345/6192/75

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veröffentlicht im Dezember 2014 © by www.berlinx.de

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