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Seit Jahrtausenden sind sie mit dem Nimbus des Geheimnisvollen umgeben – Substanzen und Rituale, die die Angebetete in erotische Stimmung versetzen oder die Standkraft des Liebhabers stärken sollen. EGO-Net gibt einen Überblick.

Eines der berühmtestes Liebespülverchen besteht aus zerbröseltem Käfer, genannt die Spanische Fliege. Das Tier enthält das hochgiftige Kantharidin. Es schenkt dem müden Mann eine Anfangserektion. Doch die Freude ist teuer bezahlt – nicht nur an Golddukaten, denn das Mittel konnten sich nur Reiche leisten – sondern auch an gesundheitlichen Folgeschäden. Das Gift zerstörte nach wenigen Anwendungen die Harnwege und führte bei Überdosierungen, zu denen eifrige Liebhaber sich oft hinreißen ließen, zu tödlicher Ohnmacht.

Weitere berühmte Liebessubstanzen waren:
? Nashornpulver. Ganze Herden der schweren Dickhäuter fielen der Jagd nach dem ultimativen Liebeskick zum Opfer. Das Pulver soll so giftig sein, daß es in größeren Mengen das Gedächtnis aufweicht. Es wurde in geringen Mengen geschluckt oder direkt durch die Haut in die Blutbahn eingeritzt.
? Fugu. Ein japanischer, hochgiftiger Fisch, der von speziell ausgebildeten Köchen zubereitet werden muß. Sie nehmen den Fisch so aus, daß fast kein Gift übrig bleibt. Das Restgift ruft noch erotische Erregung hervor, tötet aber nicht mehr. Vielleicht ist es aber auch nur der Nervenkitzel der Gefahr, der die Fuguesser in Erregung versetzt.
? Marihuana, Haschisch, Kokain: Im Orient traditionell genutzt, um Phantasiereisen auszulösen und für entspannte Stimmung zu sorgen. Leider machen diese Mittel süchtig und ziehen gesundheitliche Schäden nach sich.

Kurz, viel Mysterium und wenig reale Wirkung. An Viagra kam keines der alten Mittelchen heran. Aber die Liebesdamen und Casanovas früherer Jahrhunderte wußten, daß eine erotische Stimmung ein viel wirksameres Aphrodisiakum ist als jedes noch so gute Pulver. Das beweist schon das Wort „Aphrodisiakum„. Es ist von der griechischen Liebesgöttin Aphrodite abgeleitet. Bereits unsere antiken Vorfahren wußten: Nichts fördert die Liebe so gut wie die Liebe selbst. Sie erfanden die Orgie als organisiertes Liebesfest, deren Quelle in alten Fruchtbarkeitskulten lag, die sie zu Ehren des Weingottes Dionysos Bakchos feierten. Reste dieses Brauches haben sich bis in unsere Tage im Karneval erhalten.

Der Wein -Liebestrank des Gottes Dionysos – ist zwar kein direktes Aphrodisiakum, aber in geringen Mengen regt er an und sorgt für sinnliche Stimmung. Moderater Alkoholgenuß erweitert außerdem die Blutgefäße, auch in den Genitalien, und verlängert den Liebesakt. Seine Wirkung beruht aber vor allem auf seiner Symbolkraft – das gilt für die meisten bekannten Aphrodisiaka, wie die folgende Aufzählung beweist:

Auster. Ihr hoher Proteingehalt ist zwar gesund, ihren Ruf als Aphrodisiakum verdankt sie jedoch allein ihrer glitschigen Feuchte und ihrem Aussehen, das der weiblichen Vulva ähnelt.

Champagner. Wie jeder Wein ein allgemeines Stimulans, allerdings fördern die Luftbläschen einen schnelleren Übergang des Alkohols ins Blut. Wegen ihnen spricht man von „prickelnder„ Stimmung. Zusammen mit Austern die Quintessenz eines Liebesmahls.

Eier: Da die Nachkommen der höheren Tierarten in Eizellen aufwachsen, schreibt man Eiern in alle Kulturen erotische Kraft zu – und zwar vom Kaviar bis zum Straußenei. Die Zarin Katharina II. gönnte sich diesen Genuß in verdoppelter Form: sie aß zum Frühstück Kaviar auf Omelette.

Hoden: In Spanien und Lateinamerika bevorzugt man Stierhoden, in Afrika Löwenhoden – der Glaube, sich durch Genuß der Hoden eines als potent geltenden Tieres seine Manneskraft einzuverleiben, ist weltweit verbreitet.

Apfel: biblisches Sinnbild der Verführung (Eva und die Schlange) – obwohl in der Heiligen Schrift gar nicht vom Apfel, sondern lediglich von einer „Frucht„ vom Baum der Erkenntnis die Rede ist. Apfelextrakte spielen wegen der ersten gelungenen Verführung im Paradies in allen Liebes- und Hexentränken des Mittelalters eine entscheidende Rolle.

Banane: sie verdankt ihren Ruf allein ihrer Form. Das gleiche gilt für Karotte und Spargel.

Feige: sie war im Orient wegen ihrer Form eine Symbol des Weiblichen. Eine Feige als Geschenk verriet eindeutige Absichten.

Erdbeere: ein Symbol zartgeröteter Brustspitzen, die sanft dem Druck der Lippen nachgeben. Deshalb gern zum Champagner gereicht. Eine Kirsche dagegen steht für eine verbotenerweise gepflückte Liebesfrucht („Die Kirschen in Nachbars Garten„).

Kokosnuß: in einigen Kulturen glaubt man, daß die milchige Flüssigkeit die männliche Samenbildung fördert und damit Kindersegen garantiert – etwa im übervölkerten Indien.

Pfirsich: er erinnert in Duft und Oberflächenbeschaffenheit an die Haut junger Mädchen. In Shakespeares Sommernachtstraum überreichen ihn Elfen als Aphrodisiakum.

Honig: Der Begriff „Honigmond„ (honeymoon) zeigt, daß er als Symbol für die junge Ehe und frische Verliebtheit steht. Wer erinnert sich nicht an Filmszenen ( „9 1/2 Wochen„), wo er ihr den Honig von der Haut leckt? Der orientalische Arzt Ibn Said (980-1035) reichte Honig vermischt mit Ingwer gegen Impotenz. Daß die Worte der Geliebten wie Honig von ihren Lippen tröpfeln – dieses poetische Bild findet sich schon in der Bibel (Hohelied Salomo 4, 11).

Trüffel: Die seltenen unterirdischen Pilze regen vor allem durch ihren intensiven Duft an. Wie Champagner und Austern verbinden sie sich mit dem Gedanken an Luxus – allein das Wissen um die kostbaren Zutaten verführt, ähnlich wie wertvoller Schmuck.

Von Düften als Aphrodisiakum lebt die Parfümindustrie. Seit die Wissenschaft entschlüsselte, daß in den Ausdünstungen unserer Körper spezielle Liebesdüfte, die Pheromone, enthalten sind, wird in den Laboratorien dieser Welt intensiv an neuen, aphrodisischen Parfüms gearbeitet. Auch die Wirkung vieler verführerischer Gerichte beruht weniger auf ihrem Geschmack als auf ihrem Aussehen und ihrem Geruch. Schließlich können wir nach neuesten Erkenntnissen zwar sechs Geschmacksrichtungen unterscheiden (süß, sauer, bitter, salzig, fett, Gluten), das ist aber die pure Langeweile im Vergleich mit rund zehntausend Gerüchen. Kaffee mit zugehaltener Nase getrunken, erinnert an Spülwasser, erst sein Duft läßt ihn uns genießen. Der Durchbruch bei den Parfüms ist bisher noch nicht gelungen. Man weiß aus den Experimenten, daß Frauen den Achselgeruch der Männer bevorzugen, Männer eher den Duft ihres Schoßes. Überraschend war, daß beide Geschlechter beim Test im Experiment weibliche Pheromone bevorzugen. Das liegt vielleicht nur daran, daß weibliche Duftessenzen unauffälliger riechen. Männlicher Geruch enthält mehr Säuren, die die Nase reizen. Gute Parfüme entfalten ihre optimale Duftnote erst in Verbindung mit dem natürlichen Körpergeruch ihrer Träger.

Verführerischer als alle Düfte und Substanzen sind Rituale – zumindest für die Frauen. Während der Mann gern schnell zur Sache kommt, liebt sie Inszenierungen. Ein gelungenes Liebesmahl verläßt sich auf Kerzen, sinnliche Musik, Champagner und ein Menü, das durch sein kulturvolles Ambiente verführt. Die meisten Rezepte, die man in Büchern über Aphrodisiaka findet, setzen deshalb auf eine Kombination von Geruch, Geschmack und farbenfrohem Aussehen. Sie reizen vor allem die sinnliche Vorstellungskraft. Wenn Sie die gleichen Gerichte ihren Freunden in nüchterner Umgebung vorsetzen, werden sie nicht die geringste erotische Wirkung verspüren. Die Ahnung Ihres Gegenüber, daß Sie eine Verführung für ihn/sie inszenieren, ist die entscheidende Vorbedingung, daß Ihre Botschaft ankommt und eine heiße Liebesnacht folgt.

 

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Veröffentlicht im März 2002 © by www.berlinx.de

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