Von Andere Leute bis Jo-Jo

Kennen Sie den IKEA- oder den Dorfvenus-Effekt? Es handelt sich um griffige Namen für seelische Abläufe. Wir haben die 24 wichtigsten für Sie zusammen­gestellt. Die ersten acht finden Sie im heutigen ersten Teil.

Die Sitte, Abläufe anhand ihrer Effekte zu beschreiben, stammt aus der Physik. Denken wir nur an den photo­elektrischen Effekt, für dessen Erklärung Einstein 1921 den Nobelpreis erhielt. Er beschreibt, warum Licht Elektronen aus Atomen herauslösen kann. Wir sprechen von visuellen und akustischen Effekten oder von Effekten, die falsches Essen oder zuviel Alkohol hervorrufen können.

Wären wir in unserem Verhalten völlig frei, gäbe es keine psychischen Effekte. Doch der Mensch unterliegt wie die übrige Natur dem Gesetz von Ursache und Wirkung. Vielleicht erkennen Sie sich in dem einen oder anderen Effekt wieder. Wenn nicht – einige nützliche Infos für Ihr nächstes Party­gespräch finden Sie hier bestimmt.

1 Andere-Leute-Effekt. Jedermann glaubt, dass sich andere Leute mehr durch Werbung beeinflussen lassen als man selbst. Das bringen Umfragen immer wieder an den Tag. Das gleiche gilt für Gewalt­filme, Sucht­anfälligkeit oder risiko­reiches Verhalten. Doch wenn alle glauben, weniger gefährdet zu sein als andere – wer sind dann labilen Leicht­gläubigen und wo halten sie sich versteckt?

2 Andorra-Effekt. Menschen neigen dazu, sich Erwartungen anzupassen. Wenn Eltern ihrem Kind nichts zutrauen und es vor jedem Risiko behüten wollen, wird es sich zu einem ängst­lichen Drücke­berger entwickeln. Hält man uns für tüchtig, versuchen wir zu zeigen, dass wir in der Tat tüchtig sind. Sagt der Chef dagegen: „Bei Ihnen ist Hopfen und Malz verloren“ – warum sollten wir uns dann noch anstrengen? Der Andorra-Effekt ist nicht nach dem Zwergstaat zwischen Frankreich und Spanien benannt, sondern nach einem Theaterstück von Max Frisch, das die Folgen von zuviel Anpassung zeigt.

3 Barnum-Effekt. Der Mensch glaubt leicht, dass vage Aussagen, die auf jedermann zutreffen können, ihn persönlich beschreiben. Das beste Beispiel sind Zeitungshoroskope. Nehmen Sie die Aussage „Sie sind tolerant, aber lassen sich nicht alles gefallen“ – beschreibt sie nicht genau Ihren Charakter? Wir übersehen, dass jeder andere ebenso von sich denkt – und häufig stimmt es sogar. Der Effekt ist benannt nach einem berühmten amerikanischen Schausteller des 19. Jahrhunderts, der vor Bluffs und Schummeleien nicht zurückschreckte.

4 Carpenter-Effekt. Wenn wir an eine Bewegung nur denken, wecken wir instinktiv in uns die Bereitschaft, diese Bewegung auch auszuführen. Auf diesem Gesetz beruhen okkulte Phänomene wie Pendeln, Tisch- oder Gläserrücken. Wenn mehrere Personen die Hand auf ein umgestülptes Glas legen und an einen Buchstaben denken, der auf dem Tisch aufgemalt ist, zuckt die Arm­muskulatur unwillkürlich in diese Richtung. Der Effekt ist benannt nach seinem Entdecker, der ihn 1852 erstmals beschrieben hat.

5 Dorfvenus-Effekt. Wer nur zwei Marmeladensorten zur Auswahl hat, entscheidet sich schnell und ist mit seiner Wahl zufrieden. Wer zwischen zwanzig Sorten wählen kann, zögert lange und bleibt unsicher, ob er wirklich die beste Wahl getroffen hat. Wer die Dorfschönheit geheiratet hat, hält sich für den Topgewinner auf dem Heiratsmarkt, sofern er die Supermodels aus den Medien nie gesehen hat. Bestsellerautor Edward de Bono hat diesen Effekt beschrieben.

6 Flynn-Effekt. Der Neuseeländer James R. Flynn entdeckte, dass der durchschnittliche Intelligenzquotient seit Jahrzehnten immer weiter angestiegen ist. Entweder werden wir immer klüger oder die Schulbildung hat sich an die Anforderungen der IQ-Tests angepasst. In einigen Industrieländern, darunter auch Deutschland, steigt der IQ seit den 1990-er Jahren nicht weiter an, sondern stagniert. Die Hauptursache ist wohl, dass der Bildungsstand (z.B. die Zahl der Abiturienten) eine Sättigung erreicht hat.

7 IKEA-Effekt. Was wir selbst hergestellt haben, schätzen wir als subjektiv wertvoller ein, als Dinge, die wir fertig gekauft haben. Sonst hätte sich die Mühe nicht gelohnt. Das ist der Grund, warum Cousine Klara so an ihrem ausgefransten, selbst gestrickten Pullover hängt, während sich ihr Mann Bernd nicht von seinem schiefen Regal trennen kann, das er als Student mal aus geklauten Brettern zusammengenagelt hat.

8 Jo-Jo-Effekt. Wir fasten, doch kaum ist die Diät beendet, werden wir noch schneller dick als vorher. Der Grund: Während der Hungerzeit hat der Körper gelernt, mit den verbleibenden Kalorien sparsamer zu wirtschaften. Diätfreaks erleben mit Ihrem Gewicht ein Auf und Ab – genauso wie die Bewegung des Spielzeugs, das diesem bekanntesten aller Effekte seinen Namen gab.

zum Teil 2

veröffentlicht im Februar 2014 © by www.berlinx.de

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