Über Geschmack kann man nicht streiten? Das gilt nicht für Wein und Champagner. Um das Kulturgetränk rankt sich eine ganze Wissenschaft. Sie müssen kein Top-Sommelier sein, um mitreden zu können.
Vor einigen Jahren kamen einige Weinprofis zu einer Verkostung zusammen. Was Sie nicht wussten: Die Veranstalter hatten an den Flaschen die Etiketten ausgetauscht. Prompt fielen die Verkoster auf die äußere Verpackung herein. Stand auf dem Flaschenetikett, dass es sich um einen Spitzentropfen handelte, vergaben sie für das Getränk deutlich mehr Punkte als es wert war.
Es lohnt also aufzupassen. Einige theoretische Kenntnisse erleichtern die Orientierung. Manche Namen bezeichnen Traubensorten, andere Anbaugebiete. Drei Beispiele für bekannte Trauben:
Chardonnay: Die weißen Trauben stammen aus dem Burgund. Der Wein ist harmonisch-elegant und passt gut zu leichten Speisen, wie Fisch, Nudeln oder Salaten. Auch Chablis wird aus diesen Trauben gewonnen.
Pinot Noir: Das ist eine sehr alte rote Edel-Rebsorte, manchmal auch Spätburgunder genannt. Passt gut zu Wildgerichten.
Riesling: Diese Sorte wird viel in Deutschland angebaut. Der Wein schmeckt fruchtig und hat einen hohen Säureanteil, was ihn lange lagerfähig macht. Gut zu Fisch und Salaten.
Weine mit diesen Bezeichnungen können also genauso gut aus Europa, Kalifornien oder Südafrika stammen. Bordeaux, Bourgogne (Burgund), Chianti und Rioja bezeichnen Anbaugebiete. Champagner verweist auf ein Anbaugebiet, bezeichnet aber auch ein streng kontrolliertes Herstellungsverfahren der Flaschengärung. Auch wenn Champagner als König der Schaumweine gilt: Nicht jeder Champagner ist wertvoller als andere Sektsorten.
Um einen guten Wein zu erkennen, benötigen Sie Augen, Zunge, Nase und Gaumen. Außerdem Erfahrung. Je mehr Sorten Sie probiert haben, um so mehr Unterschiede werden Sie herausschmecken. Ein Profi besitzt auch keine anderen Instrumente als seine natürlichen Sinnesorgane. Er prüft lediglich methodisch nacheinander einige Parameter. Das können auch Sie. Die Reihenfolge beim Probieren stammt noch aus der Römerzeit.
Color: Zuerst prüfen Sie die Farbe. Ein junger Rotwein ist kräftig rot. Je mehr er ins Bräunliche geht, desto älter der Tropfen. Weißwein sind anfangs hellgelb, später mehr golden. Die Farbsättigung verrät die Reife der Trauben. Das heißt: Je satter der Farbton, desto voller sein Geschmack.
Odor: Dann riechen Sie das Aroma. Der Geruch ist oft am wichtigsten, denn wir können bis zu 4000 Düften unterscheiden, während sich der Geschmack nur aus süß, sauer, bitter und salzig zusammensetzen kann. Ein guter Wein gibt eine komplexe Aromenmischung frei.
Sapor: Zuletzt kosten Sie, um den Geschmack zu beurteilen. Dabei verteilen Sie den Wein gleichmäßig auf der Zunge, um alle Nuancen mitzubekommen. Süßes schmeckt man besser auf der Zungenspitze, Bitteres eher auf dem Zungenrücken.
Für Ihr Gesamturteil ziehen Sie vier Kriterien in Betracht:
Ausgewogenheit: Vier Hauptkomponenten sollten sich in Balance befinden: Süße, Säure, Alkohol und Tannine. Tannine nennt man die Anteile von Gerbsäure. Sie verwandeln den trüben Ausgangssaft in ein klares, durchsichtiges Getränk. Der Alkohol dient vor allem als Geschmacksträger. Je ausgewogener die Mischung dieser vier Anteile, desto wertvoller ist der Wein. Leider gibt es hier immer wieder schwarze Schafe. Durch Zusatz von Glyzerin – einem süßlich-öligen Alkohol, der Grundbaustein aller Fette ist – verleihen Betrüger einem billigen Wein die Vollmundigkeit edler Sorten. Zuletzt wurde ein solcher Skandal Anfang 2006 in einer Supermarktkette aufgedeckt.
Tiefe und Komplexität: Ein billiger Wein schmeckt flach und eindimensional. Er besitzt nur einziges Aroma. Damit wirkt er uninteressant, kaum geeignet zum Genießen. Gute Weine sind eine gelungene Komposition vielschichtiger Aromen. Sie regen den Geschmackssinn auf mehreren Ebenen an. Wenn man sie auf der Zunge hält, entdeckt man nach und nach immer weitere, feine Nuancen.
Länge: Ein leicht nachzuvollziehendes Qualitätsmerkmal ist der Nachgeschmack. Wenn Sie einen Schluck getrunken haben – wie lange spüren Sie ihn noch im Mund. Ein Spitzenwein sollte noch nach 20 Sekunden präsent sein.
Typik: Ein guter Wein besitzt einen hohen Wiedererkennungswert. Er hat eine eigene Note. Grundlage dafür sind zunächst die Rebsorten. Informieren Sie sich über deren typische Eigenheiten im Internet oder Weinlexika. Dann kosten Sie den zugehörigen Wein und vergleichen Sie. Erfahrene Profis erlangen mit der Zeit ein feines Gespür für unterschiedliche Anbaugebiete und –lagen.
Veröffentlicht im Oktober 2006 © by www.berlinx.de
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