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Wem wir nacheifern sollten und wem nicht

Bewundern Sie einen Hollywood Star, einen Rennfahrer, die Queen, Jesus oder Ihre hilfs­bereite Nachbarin? Wen wir uns als Beispiel nehmen, verrät viel über unseren Charakter und unsere Ideale.

Im Jahre 2007 durch­forsteten die Amerikaner Nicholas Christakis und James Fowler die Daten einer seit 1948 laufenden Langzeitstudie. Sie interessierten sich für die Entwicklung des Übergewichts – darin sind die USA Weltspitze. Dabei entdeckten sie ein verblüffendes Phänomen.

Menschen nehmen zu, wenn ihre Freunde kurz vorher ebenfalls an Gewicht zugelegt hatten. Weder Ehepartner, noch Nachbarn oder Kollegen waren entscheidend. Auch nicht die so oft gescholtenen Stars in den Medien. Die Freunde, die als Vorbild dienten, mussten nicht einmal in der Nähe wohnen. Es war egal, ob man die dicken Kumpels direkt vor Augen hatte oder ob sie viele Meilen entfernt wohnten.

Entscheidend war die seelische Nähe: Legen sich die Freunde ein Bäuchlein zu, braucht man es auch selbst mit dem Leibesumfang nicht so genau nehmen. Würde ich als einziger Salat essen und täglich joggen, könnten die Freunde das ja als Vorwurf empfinden und mich als Streber meiden.

Diese soziale Ansteckung klappt auch im Positiven. Das zeigte eine Folgestudie der beiden US-Forscher. Hören gute Freunde mit Rauchen auf, ist es für die übrigen Raucher im Freundeskreis ein Ansporn, ebenfalls Nichtraucher zu werden. Unter Teenagern gilt Rauchen längst nicht mehr als hip, dafür aber der Alkohol. Die Zahl der Raucher sinkt, während der Alkohol­konsum jedes Jahr neue Höchststände erreicht.

Diese Beispiele zeigen, wir alle eifern Vorbildern nach. Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Es müssen nicht herausragende Persönlichkeiten sein, nach denen wir uns richten. Viel häufiger ahmen wir Verhaltens­weisen von Personen nach, die wir gut kennen, mögen und deren Werte wir teilen.

Aus diesen Erkenntnissen leiten sich einige Regeln ab, welche Vorbilder uns voranbringen und welche nicht:

Wählen Sie die richtigen Freunde. Haben Sie viele Optimisten unter Ihren Freunde, neigen Sie auch zu einer positiven Lebens­einstellung. Bestehen Ihre Gespräche mit Ihren Freunden dagegen aus Jammern über die Ungerechtigkeit der Welt, werden Sie sich ebenfalls als Opfer fühlen. Ob es um Gesundheit, Liebe, Karriere oder Wohlstand geht – wählen Sie Freunde, die ähnliche Ziele anstreben wie Sie. Oder noch besser: Freunde, die auf dem Weg zu Ihrem Ziel schon einen Schritt weiter gekommen sind als Sie.

Wählen Sie erreichbare Vorbilder. Sean Connery oder Heide Klum können Idole sein. Als Vorbilder sind sie kaum geeignet, da ihre Biographie kaum Ansatzpunkte bietet, denen wir als Normalmenschen erfolgreich nacheifern könnten. Der Versuch, das gleiche zu erreichen, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern. Überlegen Sie: Gibt es eine realistische Chance, in die Fußstapfen meines Vorbildes zu treten? Wäre es vielleicht sogar möglich, mit meinem Vorbild in Kontakt zu treten und es nach seinem Erfolgsrezept zu befragen?

Ersetzen Sie Qualität durch Quantität. Häufig ist das perfekte Vorbild unerreichbar. Oder es gibt es gar nicht. Die gute Nachricht lautet: Wirksamer als ein Ideal-Vorbild ist ein Netzwerk annehmbarer Vorbilder. Das hatte die US-Studie eindeutig gezeigt. Ein Nichtraucher unter lauter Rauchern hat ein hohes Risiko auch mit dem Rauchen anzufangen. Ein Nichtraucher unter vielen Nichtrauchern dagegen wird nicht nur in seiner Enthaltsamkeit bestätigt. Er animiert sogar die verbleibenden Raucher in seinem Freundeskreis, ebenfalls über das Aufhören nachzudenken.

Nutzen Sie Online-Netzwerke. Fühlen Sie sich mit manchen Ihrer Meinungen und Interessen isoliert? Selbst für ausgefallene Hobbys und Ansichten finden Sie in Internet Communities zahllose Gleichgesinnte.  Überein­stimmende Einstellungen können Menschen stärker verbinden als das tägliche Zusammen­leben in den gleichen vier Wänden.

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Veröffentlicht im September 2012 © by www.berlinx.de

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