Print Friendly, PDF & Email

Eine Rolex, ein Sportwagen, eine Yacht – bloße Angeberei? Wir sind mit abwertenden Urteilen schnell zur Stelle. Doch Vorsicht! Statussymbole sind wirksamer als wir glauben. Egonet berichtet, was Forscher herausgefunden haben.

Große Autos und schwere Juwelen haben einen miesen Ruf: Echte Noblesse stellt ihren Reichtum nicht protzig zur Schau. Statussymbole dienen dazu, auf einen Blick die gesellschaftliche Stellung ihrer Besitzer anzuzeigen. Da solche Signale nur indirekte Hinweise liefern – niemand trägt seinen Kontostand auf der Stirn eingraviert – laden sie zu Täuschungs­manövern ein. Eine falsche Rolex, ein geliehener Ferrari – verwandeln diese Äußerlichkeiten einen Hilfsarbeiter in einen Millionär? Es kommt auf das Verhalten an. Lenkt der Fahrer sein Sportcoupé so selbstverständlich durch die Gassen wie ein Student sein Fahrrad? Oder jagt er ihn grölend und hupend über die Einkaufsmeile? Passen Verhalten und äußerer Reichtum zueinander, sind Statussymbole wirksamer als wir ahnen.

Das zeigt die Antwort auf folgende Frage: Möchten Sie lieber 50 000 oder 60 000 Euro Jahresgehalt? Die Frage ist gar nicht so absurd wie sie klingt. Die Antwort hängt davon ab, wie viel die Kollegen verdienen. Psychologen stellten Freiwillige vor die Wahl:

  1. Möchtet ihr 50 000 Euro Jahreseinkommen in einem Betrieb, wo alle anderen 45 000 Euro verdienen?
  2. Oder möchtet ihr lieber 60 000 Euro in einer Firma, wo die Kollegen 75 000 Euro erhalten?

Die Mehrzahl entschied sich für a, also das niedrigere Gehalt. Vor den anderen zu rangieren, den höheren Status inne zu haben, war ihnen wichtiger. Sich tolle Dinge leisten können von seinem Gehalt, macht nicht unbedingt zufriedener. Aber mehr zu haben als andere – das stimmt die Leute glücklich. Diese Lebenseinstellung entdeckten amerikanische Soziologen im August 2005 bei der Auswertung von über 20 000 Fragebögen. Männer legen besonders viel Wert darauf, die Nase vorn zu haben. Wegen der Frauen.

Frauen lieben Sieger. Nichts ist schlimmer, als an einen Loser zu geraten. Die Anthropologin Gilian Bentley fand dieses weibliche Partnerwahlprinzip schon bei Naturvölkern. Vom Status des Mannes hing das Überleben der Kinder ab. Und in der modernen Gesellschaft? Nach einer Befragung des Wiener Professors Karl Grammer liegt der Status auf Platz drei der weiblichen Werteskala. Nur dass der Mann verständnisvoll und verträglich ist, halten Frauen für noch wichtiger. Sein Status ist ihnen damit mehr wert als seine Gesundheit, Attraktivität, Intelligenz und sonstige Persönlichkeit. Männer urteilen genau umgekehrt. Der Status seiner Liebsten rangiert erst auf Platz zehn seiner Ansprüche. Ihre übrigen Eigenschaften bedeuten ihm mehr. Ähnliche Studien, die in verschiedenen Ländern von 1939 bis zur Gegenwart durchgeführt wurde, ergaben stets, dass ihr seine ökonomischen Ressourcen doppelt so wichtig waren wie ihm die ihren.

Das führt zu absurden Situationen. Ein Richterin oder Uniprofessorin könnte mit ihrem Gehalt locker allein eine Familie ernähren. Ob der Mann Postbote oder gar arbeitslos ist – darum müsste sie sich keine Sorgen machen. Doch in der Realität suchen solche Frauen verzweifelt nach einem der wenigen Männer, die noch mehr verdienen als sie. Da aber diesen Männern egal ist, wie viel ihre Frau verdient, haben sie längst schon ihre Sekretärin geheiratet.

Manche Männer kaufen sich teure Autos wegen der Mädels. Aber lassen sich Frauen davon wirklich beeindrucken? Welche Statussymbole auf Frauen wirken, hängen von ihrer Bildung ab. Worauf achtet zum Beispiel eine Studentin, die an der Uni nach dem Mann fürs Leben sucht? Der Zukünftige ist in aller Regel ebenfalls Student. Ob er es zu was bringen wird, stellt sich erst in der Zukunft heraus. Sie achtet daher nicht auf teure materielle Accessoires, sondern auf subtile Signale, die seine Karrierefähigkeit enthüllen. Das können auch ideelle Statussymbole sein:

Sprachliche Ausdrucksfähigkeit und großen Wortschatz. Bekanntlich sind schon im Vorschulalter die Mädels den Jungs sprachlich weit voraus. Ein junger Mann, der ihr auf diesem Gebiet das Wasser reichen kann, verfügt über einen wachen Geist und Überzeugungsfähigkeit. Beides nutzt seiner Karriere. Vier Minuten Smalltalk auf einer Party genügen, und sie kann seine rhetorische Kompetenz zuverlässig einschätzen.

Bildungsgrad. Selbst Teenager verraten, wenn sie sich vorstellen, nach ihrem Namen gleich als zweites, was sie tun: „Ich bin der Sven und mache gerade eine Ausbildung in Elektrotechnik.“ Mit einem Medizinstudenten unterhalten sich Mädchen länger als mit einem Realschüler, der keine Lehrstelle gefunden hat. Eine kluge Strategie. Die Statistik bestätigt: Je höher der Abschluss, desto höher in der Regel das künftige Einkommen.

Bücher. Ein Student, der mit einem Packen Büchern und Hefte durch die Uni eilt, wirkt ehrgeizig. Die Don Juans unter ihnen gehen lieber in der Bibliothek auf Frauenjagd als im Uniclub. Denn die Umgebung verleiht ihnen die Aura eines ernsthaften Büfflers, dem ein guter Abschluss wichtiger ist als nächtelange Partys. Wenn er sie dann noch zu sich nach Haus einlädt, und statt einer CD-Sammlung ein Regal voller Fachliteratur vorweisen kann, dürfte er sie schon halb im Bett haben.

Jackett statt Jeansjacke. Die Anthropologen John Marshall Townsend und Gary Levy fotografierten dieselben jungen Männer einmal mit blauem Basecap und Polohemd, ein andermal in weißem Hemd und Anzugsjacke. Dann mischten sie die Fotos mit Bildern anderer Männer und ließen Frauen entscheiden, welcher von den Jungs für eine Beziehung infrage käme. Das Ergebnis war eindeutig. Obwohl es sich um denselben Boy handelte, gelangte er nur im eleganten Outfit in ihre engere Wahl. Der Grund: Karrierebewusste kleiden sich so, als ob sie die Position, die sie anstreben, schon hätten. Mit Erfolg, wie jeder Karriereberater bestätigen wird.

Noch ein Tipp für unsere Leserinnen: Wenn Männer auch weniger auf Statussignale bei Frauen achten, heißt das nicht, sie wären für Frauen bedeutungslos. Im Berufsleben gilt für sie das Prinzip „Jackett statt Jeans“ ebenso wie für ihn. Frauen im Businesskostüm und strenger Frisur wirken kompetenter als in Top, Jeans und wallenden Haaren.

Mehr Informationen zu diesem Thema bietet unserer Autor in: Frank Naumann: Schöne Menschen haben mehr vom Leben. Die geheime Macht der Attraktivität. Rowohlt Taschenbuch, € 8,95.

Mehr Informationen zu diesem Thema bietet unserer Autor in:
Frank Naumann: Schöne Menschen haben mehr vom Leben. Die geheime Macht der Attraktivität. Rowohlt Taschenbuch, € 8,95.

Als spezielle Bücher zum Thema empfehlen wir:
Moritz Freiherr Knigge/Claudia Cornelsen: Zeichen der Macht. Die geheime Sprache der Statussymbole. Econ Verlag, € 19,95.

StatusAngst. von Alain de Botton, Fischer Taschenbuch, € 9,95.

Veröffentlicht im November 2006 © by www.berlinx.de

No votes yet.
Please wait...