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„Geben ist seliger als Nehmen“ lautet ein moralischer Grundsatz der Bibel. „Geiz ist geil“ verkündet die Werbung. Also generös in Worten und knickrig in der Praxis? Egonet informiert Sie über einen interessanten Geschlechtsunterschied.

Großzügige Menschen macht es Freude, anderen Freude zu bereiten. Uneigennützig? Sie ziehen einen Nutzen aus ihren Gaben. Sie sammeln Dankes-Punkte auf ihren Beziehungskonten. Deswegen ist die Annahme von Geschenken unter Umständen ein zweischneidiges Schwert. Man fühlt sich zu Gegengaben verpflichtet. Nur wenn das soziale Gefälle sehr groß ist, entfällt diese Pflicht. Zum Beispiel für kleine Kinder, aber auch für die ärmsten Länder, die Spenden aus Europa und den USA erhalten.

Geschenke werden manchmal mit wohlüberlegter Absicht eingesetzt, um sich eine gute Reputation zu erwerben. Welche der edle Spender später in klingende Münze umsetzen kann. Gründerväter wie Werner Siemens, Fritz Henkel („Persil“) oder Reinhard Mannesmann begründeten mit generösen Leistungen für ihre Arbeiter den sozialen Ruf Ihrer Unternehmen. Alfred Nobel erwarb sich mit seinem gestifteten Preis einen Weltruhm, der den Bekanntheitsgrad jedes Nobelpreisträgers weit überstrahlt. Die Welt verzieh ihm sogar die Erfindung der todbringenden Waffe Dynamit.

Worüber weniger gesprochen wird: Großzügigkeit ist ein Statussymbol. Um viel Geld ausgeben zu können, muss man es erst einmal besitzen. Als Günter Grass lange vor seinem Nobelpreis den Alfred-Döblin-Preis für begabte Jungautoren stiftete, erfuhr die Öffentlichkeit: Der Autor der „Blechtrommel“ gehört zu der kleinen Minderheit unter den Autoren, die vom Schreiben nicht nur leben kann. Er kann sogar noch weitere Autoren ernähren.

Damit kommt der Geschlechtsunterschied ins Spiel. Status ist ein männliches Attribut. Die Schauspielerin Anna Magnani sagte einmal: „Ein Mann am Steuer eines Autos ist ein Pfau, der sein Rad in der Hand hält.“ Zahlreiche Studien ergaben übereinstimmend, dass Frauen bei Männern auf einen hohen Status doppelt so viel Wert legen wie umgekehrt diese bei ihnen. Zwar lästern wir gern über Luxusjachten und protzige Sportwagen. Aber ihre Inhaber sammeln immer noch mit Leichtigkeit junge und schöne Frauen um sich.

Wer schenkt großzügiger, Männer oder Frauen? Im letzten Jahr ergab eine Studie von Amazon, dass Männer im Schnitt 193 Euro ausgeben, um die Liebste zu beschenken Sie gibt für ihr Gegengeschenk 100 Euro weniger aus. Allerdings ist die Beziehungsdauer entscheidend. Nach der Silberhochzeit haben sie sich angeglichen – und zwar nach oben. Dann geben beide im Mittel 211 Euro aus.

Eine Studie von Forschern des University College in London ergab jedoch, dass viele Männer vergeblich teuer schenken. Sie wissen nicht genau, welche Gaben ein Frauenherz höher schlagen lässt. Frauen mögen eine persönliche Note. Sie schätzen eine Einladung zu einem Candle-Light-Dinner oder ins Theater, weil sie ein besonderes Erlebnis zu zweit darstellen. Gegenstände mit hohem materiellem Wert (wie Juwelen) kommen nicht so gut an. Frauen empfinden sie als Mangel an männlichem Einfühlungsvermögen. Er hat sich keine Mühe gegeben, auf ihre persönlichen Vorlieben einzugehen. Noch eine Gefahr entdeckte die britische Studie: Männer, die gern teure Geschenke kaufen, laufen Gefahr, ausgenutzt zu werden.

Sind also Männer das großzügigere Geschlecht? Keineswegs. Großzügigkeit hat außer Geld noch drei weitere Facetten:

Leistungen. Viele Männer beruhigen mit einem teuren Geschenk ihr schlechtes Gewissen. Immerhin vier Prozent von ihnen geben mehr als 500 Euro aus. Sie versuchen so ihre Zurückhaltung bei der Hausarbeit und andere Leistungen für die Familie auszugleichen. Wer sich für seine Lieben engagiert, kann auch ohne Geld großzügig sein.

Zeit. Frauen opfern im Schnitt mehr Zeit für die Partnerschaft. Auch dann, wenn sie selbst berufstätig sind. Sie sind in dieser Hinsicht großzügiger. Männer gehen in ihrer Freizeit öfter Hobbys außerhalb der Familie nach.

Anerkennung. Männer wie Frauen sind bereit, mehr zu leisten, wenn sie Lob und Dankbarkeit erfahren. Das Gleichgewicht ist gefährdet, wenn der Mann für seinen Job mehr Anerkennung erwartet, als sie für ihre Familienarbeit erhält.

In guten Beziehungen ist das Konto von Geben und Nehmen ausgeglichen. Oft haben die Partner unterschiedliche Vorstellungen, wie viel eine Leistung für den anderen wert ist. Dann ist es sinnvoller, über die gegenseitigen Erwartungen zu sprechen als zu versuchen, den anderen mit einem teuren Geschenk zu bestechen. Wenn der Beschenkte die Absicht erkennt, ist er verärgert statt dankbar.

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Veröffentlicht im Dezember 2006 © by www.berlinx.de

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