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Nichts erhitzt die Gemüter beim Kampf der Geschlechter so sehr wie die Behauptung, Männer wären intelligenter als Frauen. Dabei wissen die Forscher gar nicht genau, was das ist – Intelligenz. Frauen haben nicht mehr oder weniger Fähigkeiten, sondern andere.

Jahrhunderte lang hieß es: Männer sind intelligenter, denn sie haben das größere Gehirn. Und zwischen Hirngröße und Intelligenz besteht ein positiver Zusammenhang. Doch Frauen besitzen genauso viel Hirnsubstanz. Bei ihnen sind die Zellen dichter gepackt. Der Weltrekord beim Intelligenzquotienten wird von einer Frau gehalten. Die Amerikanerin Marilyn von Savant erzielte im Test 228 Punkte.

Neue Untersuchungen beweisen, dass für die Intelligenz ohnehin nur ein kleiner Teil des Gehirns verantwortlich ist. Und da zeigt sich ein erheblicher Geschlechtsunterschied:

Bei Männern ist die Intelligenz in nur sechs Prozent der grauen Hirnsubstanz verborgen. Sie ist bei ihnen um sieben Mal aktiver als bei Frauen. Das fanden kürzlich Richard Haier und seine Kollegen von der Universität von Kalifornien heraus. Daher ihre besondere Stärke bei der lokalen Signalverarbeitung. Männer können isolierte Detailprobleme besser lösen, zum Beispiel in der Mathematik.

Weibliche Intelligenz befindet sich vor allem in der weißen Substanz, in den Nervenfortsätzen. Diese Hirnbereiche sind bei ihnen zehn Mal aktiver als bei Männern. Frauen denken daher integrativer. Sie können an viele Dinge gleichzeitig denken und vergessen nicht, bei sachlichen Problemen auch die menschliche Seite mit in Betracht zu ziehen.

Bei einem Test zeigte sich der Unterschied zwischen männlich = punktuell und weiblich = ganzheitlich: In einem Spiel durften die Gewinner die Verlierer mit einem unangenehmen Ton über Kopfhörer bestrafen. Männer straften mit einem kurzen, aber lauten Ton. Frauen dagegen mit einem normalen, aber unangenehm langem Geräusch. Das entspricht der Alltagserfahrung: Männer brüllen lauter, Frauen nörgeln länger.

Wegen dieser Veranlagung sind Männer oft bei abstrakten und räumlichen Aufgaben besser, Frauen bei emotionalen und sprachlichen Problemen. Die Geschlechtshormone beeinflussen die Leistung. Morgens ist der Testosteronspiegel am höchsten. Zu dieser Zeit ist auch das Orientierungsvermögen Spitze. Frauen dagegen haben ihr Hoch während der Menstruation.

Doch der größte Unterschied zwischen Männern und Frauen findet sich nicht bei der einzelnen Person, sondern in der Intelligenzverteilung. Spitzenkönner und Debile sind größtenteils Männer. Bei Frauen überwiegen die Durchschnittsbegabungen. Auch dafür gibt es einen biologischen Grund. Horst Hameiste von der Uni Ulm fand heraus, dass auf dem X-Chromosom dreimal mehr Gene liegen, die für Intelligenz verantwortlich sind, als auf den übrigen Erbanlagen.

Frauen haben zwei X-Chromosomen, Männer nur eins. Das zweite X-Chromosom kann bei Frauen ererbte Extreme ausgleichen – sei es nun Hochintelligenz oder Minderbegabung. Männer, die ein X- und ein Y-Chromosom haben, müssen mit dem auskommen, was auf ihrem einen X-Chromosom liegt. Wenn sie Glück haben, ist es eine Superbegabung. Haben sie Pech, sind sie auf lebenslange Betreuung angewiesen.

Die Umwelt kann die angeborenen Begabungen verändern, aber nur bei gezielter Einflussnahme. Meist jedoch reagieren Eltern und Lehrer spontan positiv oder negativ – je nachdem, ob das Kind ein helles Köpfchen oder sich begriffsstutzig zeigt. Das heißt, die Umgebung verstärkt geringste erbliche Unterschiede.

Weil Frauen sich in den letzten Jahren häufiger für eine berufliche Karriere entscheiden, sind viele Unterschiede kleiner geworden. Doch manchmal sind es ganz banale Dinge, die männliche und weibliche Intelligenzunterschiede einebnen. Kalifornische Wissenschaftler entdeckten, dass Nikotin die Hirnmuster von Frauen denen der Männern angleicht. Aufgaben, die emotional aufwühlen, sprechen Frauen normalerweise stärker an. Unter Nikotin sinkt der Pegel auf männliches Niveau ab. Darin könnte ein Grund liegen, warum es Frauen schwerer fällt, sich das Rauchen abzugewöhnen und Nikotinpflaster bei ihnen weniger wirksam sind. Sie möchten auf die Gefühlsberuhigung unter Nikotin nicht verzichten.

Frauen werden auch in Zukunft lieber eine Karriere als Journalistin, Dolmetscherin oder Künstlerin machen. Männer dagegen überwiegen bei Ingenieuren und Naturwissenschaften. Warum auch nicht – jeder studiert das Fach, in dem seine Stärken liegen. Vor hundert Jahren entstanden daraus große soziale Unterschiede. Forscher besaßen ein hohes Prestige als Wohltäter der Menschheit, während Künstler als verdächtige, unmoralische, verkrachte Existenzen galten. Heute haben sich die Verhältnisse beinahe umgekehrt. Models und TV-Stars werden beneidet – wer dagegen in die Forschung geht, muss sich gegen den Verdacht verteidigen, die Umwelt und das Erbgut des Menschen zu zerstören.

Veröffentlicht im April 2005 © by www.berlinx.de

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