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Zu keinem anderen Phä­nomen erhielt unsere Redak­tion so viele Anfragen. Etliche Radio­sender und Zeit­schriften baten uns um Inter­views, seit wir vor zehn Jahren in einem Artikel über Körpersprache kurz auf diesen Unter­schied zwischen Männern und Frauen hin­wiesen. Alles Wissens­werte dazu deshalb heute in einem speziellen Beitrag.

Eine Frau zieht einen Pullover oder ein T-Shirt in der Regel anders aus als ein Mann. Sie kreuzt ihre Arme vor dem Oberkörper und ergreift das Kleidungsstück am unteren Rand, und zwar mit der linken Hand über der rechten Hüfte und mit der rechten Hand über der linken Hüfte. Danach zieht sie es von unten nach oben über den Kopf. Die meisten Männer greifen dagegen mit beiden Händen in den Nacken und ziehen das Teil von hinten und oben nach vorn über den Kopf.

Drei kleine Verschiedenheiten zwischen Männern und Frauen wirken zusammen und summieren sich zu diesem auffälligen Verhaltensunterschied:

Der Körperbau. Die erste Verschiedenheit stammt aus der Anatomie. Männer haben von Natur breitere Schultern und ein schmales Becken. Bei Frauen sind die Schultern dagegen meist schmaler als das Becken. Wenn Versuchspersonen Silhouetten (z.B. Scherenschnitte) sehen, die sich nur in diesem einen Punkt unterscheiden, ordnen sie sie ohne Zögern einem der Geschlechter zu – je nachdem, ob sie in den Schultern oder im Beckenbereich breiter sind. Beim Ausziehen ist es bequemer, an der breiteren Stelle anzupacken. Die befindet sich für Frauen an der Hüfte, für Männer im Schulterbereich. Das heißt, beide Geschlechter nutzen die Vorteile ihres jeweiligen Körperbaus aus.

Die Körpersprache. Männer neigen dazu, in ihren Bewegungen ihre Körperoberfläche zu vergrößern. Sie sitzen breitbeinig da, machen ausladende Gesten und richten sich bei Konflikten drohend auf. Frauen haben dagegen oft schon in der Kindheit gelernt, ihre Körperfläche zu verkleinern. Sie schlagen die Beine übereinander, halten die Arme am Körper, machen sich bei Gefahr klein und lächeln lieber beschwichtigend (oder schreien mit hoher Stimme) statt mit Körpereinsatz zu drohen. Auch beim Pullover ausziehen zeigt sich dieser Unterschied. Wenn Männer in den Nacken greifen, richten sie ihre Arme nach oben und die Ellenbogen nach außen. Damit vergrößern sie ihr Körperbild. Frauen dagegen halten die Arme vor dem Oberkörper. Während sie den Pullover nach oben ziehen, drücken sie Kopf, Schultern und Oberkörper zusammen, wodurch sich ihr Körper eher verkleinert.

Das Schutzverhalten. Frauen neigen instinktiv dazu, ihre empfindlichen Körperteile zu schützen – ein altes Erbe aus der körperlich gefährlichen Urzeit. Beim Ausziehen können die Augen für kurze Zeit nicht die Umgebung nach möglichen Angreifer absuchen. Wenn Frauen für diese zwei Sekunden Brust und Bauch durch ihre gekreuzten Arme schützen, bleibt das instinktive Schutzbedürfnis gewährleistet. Männer sind in Gefahrensituationen eher auf Gegenwehr eingestellt. Die hoch erhobenen Arme im Nacken würden es ihnen ermöglichen, einen plötzlichen Angreifer sofort zu attackieren.

Wie kam es zu diesem Verhaltensunterschied? Ist er angeboren? Das wäre erstaunlich, denn Kleidung gab es erst in historisch jüngster Zeit. Um Gewissheit zu erlangen, lohnt es auf das Verhalten von Kindern zu schauen. Wie ziehen Jungen und Mädchen unter zehn Jahren ihre Pullover aus? Eine Leserin stellte uns vor einigen Jahren diese Frage. Wir baten sie, selbst einmal in ihrem kinderreichen Bekanntenkreis herumzufragen. Aus ihren und anderen Beobachtungen ergibt sich folgendes Bild:

Die meisten kleinen Kinder besitzen noch nicht das Geschick der Erwachsenen, sich mit einer einzigen, optimierten Bewegung von ihrem Kleidungsstück zu befreien. Sie ziehen daher meist erst die Arme nach innen aus den Ärmeln und schieben dann den Pullover mit ihren Ärmchen von innen über den Kopf. In späteren Jahren gucken sie sich dann die für ihr Geschlecht typische Entkleidungsweise von gleichgeschlechtlichen Erwachsenen ab und ahmen sie nach. Mit Beginn der Pubertät ist dann für die meisten auch in dieser Verhaltensweise die Geschlechtsfrage geklärt.

Lesen Sie bei uns auch:
Körpersprache (I) Teil A: Wie sie wirkt, was sie verrät, was sie verschweigt
Körpersprache (II) – Was unser Aussehen anderen über uns verrät
Körpersprache (III) – Mimik, Gestik, Blick
Pubertät Wenn aus Kindern Frauen und Männer werden
Körpersprache von Frauen und Männern Gestik und Mimik der Geschlechter

veröffentlicht im April 2010 © by www.berlinx.de

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