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Ihr vor­letzter Wille – was Sie be­denken und be­achten sollten

Endlich hat der Gesetz­geber eine Grau­zone an der Grenze von Leben und Tod geregelt. Jetzt ist klar: Sie dürfen selbst ent­scheiden, welche medi­zini­schen Maß­nahmen im Ernst­fall für Sie infrage kommen. Wenn Sie Ihren Willen ein­deutig for­muliert haben.

Auch im letzten Moment über das eigene Leben selbst verfügen! Seine Selbst­bestimmung nicht an Maschinen abgeben! In diesem Anliegen sind sich die meisten von uns einig. Schwierig wird es Detail. Nach einem Infarkt wiederbelebt werden? Wann ist eine Behandlung auf einer Intensiv­station sinnvoll? Möchten Sie künstlich beatmet oder ernährt werden? Sollen sich die Ärzte um Ihr Wieder­erwachen aus dem Koma bemühen, und wenn ja, wie lange? Wie können Sie als medizinischer Laie solche Fragen für sich entscheiden? Indem Sie sich über folgende Probleme Ihre eigene Meinung bilden und aufschreiben:

Wenn Sie über Krankheit, Sterben und Tod nachdenken – was ist Ihnen wichtig? Schreiben Sie es auf! Das sind wichtige Punkte, über die Sie sich eine Meinung bilden sollten:

Fürchten Sie, dass man Sie unnötig lange ohne Bewusstsein am Leben erhält? Oder umgekehrt, dass für Sie nicht das Maximale getan wird, um Sie dem Dasein zurückzugeben?

Sind Sie bereit die alleinige Verantwortung für Ihr Schicksal zu übernehmen? Mit einer Patientenverfügung ordnen Sie vielleicht einen Verzicht auf ein Weiterleben an. Oder wenn Sie sich für eine Behandlung entscheiden: Ihr weiteres Leben könnten von Fremdbestimmung und Abhängigkeit gekennzeichnet sein.

Können Sie medizinisch mögliche Alternativen bei ernsten Krankheiten beurteilen? Die meisten von uns – auch viele Ärzte – können es nicht. Das zeigte Stephan Sahm von der Uniklinik in Frankfurt am Main in einer Befragung. Fragen Sie also nicht nur Ihren Arzt oder Apotheker. Recherchieren Sie auch im Internet. Es könnte für Sie lebenswichtig werden.

Wie sicher sind Sie sich Ihres Willens? Viele ändern Ihre Ansicht, wenn der Ernstfall eintritt. Zwar können Sie Ihre Verfügung jederzeit widerrufen – auch mündlich gegenüber dem Arzt. Aber damit schaffen Sie Rechtsunsicherheit für sich, die Ärzte und Ihre Angehörigen. Schlimmstenfalls gilt dann Ihr Wille bei den Beteiligten als unklar, und der Fall wird an ein Vormundschaftsgericht zur Entscheidung verwiesen. In der Zwischenzeit werden Sie behandelt, und zwar auf Lebenserhalt um jeden Preis.

Schreiben Sie auf jeden Fall in Ihre Verfügung, welcher Behandlung auf Intensivstationen Sie zustimmen. Je konkreter, desto besser. In 90 Prozent der Kliniken gibt es keine festen Regeln, wann eine Therapie abgebrochen wird. Oder wer die teure Behandlung überhaupt bekommen soll. Sie haben dann gute Chancen, dass die Ärzte sich im Zweifelsfall nach Ihrer Verfügung richten – weil sie die einzige schriftliche Anweisung ist, die dem Krankenhaus vorliegt.

Die Patientenverfügung hat Grenzen. Sie können zwar weitgehend passive Sterbehilfe verlangen – also dass der Arzt Sie sterben lässt, wenn Sie ohne medizinische Eingriffe sterben würden. Aber aktive Sterbehilfe – also medizinische Maßnahmen, um Ihr Leiden zu verkürzen – bleiben auch weiterhin verboten, unabhängig von Ihrem Willen.

Wer bringt meinen schriftlichen Willen den Ärzten zur Kenntnis, wenn ich es nicht mehr kann? Am besten finden Sie dafür eine Person Ihres Vertrauens. Doch wird Sie aus Liebe zu Ihnen nicht „umfallen’“, wenn es um Leben und Tod geht? Weitere Absicherungen:

  • Immer eine verkleinerte Kopie in der Brieftasche bei sich tragen. Darauf vermerken, wo sich das Original befindet.
  • Die Patientenverfügung notariell beglaubigen lassen und für 23 Euro bei der Zentralen Sammelstelle der Notariatskammern hinterlegen.
  • Bei jeder Krankenhauseinweisung auf Ihre Patientenverfügung und ihren Aufbewahrungsort hinweisen.
  • Den Hausarzt, Pfarrer oder eine andere öffentliche Vertrauensperson einweihen und mit ihr Ihre Entscheidungen besprechen. Sie können ihnen auch eine Vorsorgevollmacht erteilen. Das ist besonders dann sinnvoll, wenn keine naher Angehöriger da ist, weil sonst das Vormundschafts­gericht einen amtlichen Betreuer einsetzen muss.

Nach dem neuen Gesetz muss sich der Arzt an Ihre Verfügung halten. Verstößt er dagegen, kann er wegen Körperverletzung belangt werden. Sie können Ihren Willen formlos und mündlich formulieren. Aber wegen der juristischen Eindeutigkeit wählen Sie lieber die schriftliche Form. Prüfen Sie Ihre Formulierungen genau: Was Sie für eindeutig halten, kann der Arzt vielleicht so oder anders interpretieren. Lassen Sie mindestens einen Zeugen Ihre Verfügung mit unterzeichnen. Er sollte dazu schreiben: „Ich bestätige, dass Herr/Frau X diese Verfügung aus eigenem Willen und bei vollem Bewusstsein verfasst hat.“

Wenn Sie sich unsicher sind, was Sie schreiben sollen: Nutzen Sie Vordrucke, die Sie im Internet finden. Unser Tipp: Das Justizministerium hat eine entsprechende Broschüre als .pdf-Datei (380 kB) ins Netz gestellt, die Sie hier kostenlos herunterladen können >>>

Am Ende der Broschüre finden Sie fertige Textbausteine für Ihre persönliche Patientenverfügung.

Die Dokumente der Bundestagsdebatte zur Patientenverfügung vom 18. Juni 2009 einschließlich der verschiedenen Gesetzentwürfe, über die abgestimmt wurde, finden Sie hier >>>

veröffentlicht im September 2009 © by www.berlinx.de

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