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Noch im­mer ha­ben Frau­en es schwer, Spitzen­posi­tionen zu er­ringen. Doch wer ist schuld? Männer­seil­schaften, man­gelnder weib­licher Ehrgeiz oder unter­schied­liche Fähig­keiten? Die Ge­setze der Mathe­matik! Das sagt zu­min­dest eine neue Stu­die aus Groß­britannien.

Frauen haben stark aufgeholt. Zum Teil die Männer sogar überholt. In der Schule sind Mädchen im Vorteil, so dass Pädagogen schon nach speziellen Förder­programmen für Jungen rufen. Auch bei der Zahl der Abitur- und Studien­abschlüsse haben Mädchen inzwischen die Nase vorn.

Im Berufsleben sieht es anders aus. Weltweit sind Frauen weiterhin stark benachteiligt, ergab eine Studie der Inter­nationalen Arbeits­organisation der Vereinten Nationen (ILO) im Jahr 2007. In den entwickelten Industrie­ländern ist die Situation etwas besser. Aber auch bei uns sind in den besser bezahlten Berufen mehr Männer als Frauen zu finden. Woran liegt das? Zahlreiche Theorien versuchten in den letzten Jahren den Unterschied zu erklären. Die drei wichtigsten:

Hierarchiedenken. Männer sind von Natur aus auf Konkurrenz und Wettbewerb ausgerichtet. Die Welt der Hierarchien kommt ihrer gene­tischen Veranlagung entgegen. Daher werden Männer öfter Manager, Frauen eher Lehrerinnen und Kranken­schwestern. Solange die Markt­wirtschaft durch Konkurrenz angetrieben wird, sind Männer im Vorteil.

Männersolidarität. Die Männer an der Spitze bevorzugen das eigene Geschlecht, wenn es darum geht, mögliche Nachfolger zu fördern. Nicht die Biologie, sondern die männlich dominierte Tradition sei der Hemmschuh. Das männliche Vorurteil, Frauen seien weniger durch­setzungsfähig und kompetent, werde so zu einer selbst­erfüllenden Prophe­zeiung. Abhilfe sollen das Umerziehen der Männer und Frauen­förderprogramme schaffen.

Frauenverzicht. Da Frauen sich mehr für soziale Beziehungen interessieren als für Karriere, streben sie weniger ehr­geizig nach oben als junge Männer. Noch immer sind Frauen eher als ihre Männer bereit, für Familie und Kinder auf beruf­lichen Erfolg zu verzichten. Sie geben sich auch eher mit einer mittleren Position zufrieden, während ihre männlichen Kollegen unbedingt Chef werden wollen. Vertreter/innen dieser Denk­richtung wollen Frauen zu mehr Selbst­bewusstsein ermuntern.

Jeder dieser Erklärungen liefert eine Teil­antwort, konnte das Problem aber nicht lösen. Eine neue Studie der britischen Brunel-Universität bringt jetzt einen völlig anderen Faktor ins Spiel – die Mathematik. Weder die Gene noch bösartige Klüngelei sind schuld. Sondern ein statistischer Effekt. Allein die Tatsache, dass die Männer in der Mehrheit sind, verschafft ihnen einen Vorteil. Auch wenn sie keine Bündnisse gegen Frauen schließen, sondern auf strikte Gleich­behandlung achten.

Nehmen wir an, unter 100 Bewerbern für einen Spitzenposten befinden sich 80 Männer und 20 Frauen. Wenn es um Professoren in der Natur­wissenschaft oder um Spitzen­manager der Wirtschaft geht, ist das eine realistische Zahl. Und unter beiden Geschlechtern sind die Begabungen gleich verteilt. Dann gibt es unter den Männern viermal soviel Kandidaten mit der besten Eignung wie unter den Frauen – einfach wegen ihrer zahlen­mäßigen Über­legenheit. Das heißt auch: Wenn es um die Eignung für die höchste Position geht, ist die Wahr­scheinlichkeit viermal so hoch, dass der/die Allerbeste ein Mann ist.

Das führt dazu, dass am Ende auf vier männliche Nachwuchs-Chefs nur eine Frau kommt. Lässt man die Dinge so weiterlaufen, bleiben aus rein statistischen Gründen diese Mehrheits­verhältnisse ewig bestehen. Und damit bleibt auch die männlich dominierte Führungskultur in den Spitzen­gremien erhalten.

Die Forscher testeten ihr Modell an Schachspielern, wo in der Spitzen­gruppe ebenfalls mehr Männer als Frauen vertreten sind. Ihr Ergebnis wirft ein neues Licht auf Quoten­regelungen. Vielen Frauen ist es unangenehm, eine Position zu erhalten, nur weil sie unter gleich Fähigen die einzige Frau ist. Doch eine Quote ist unter diesen Umständen ihre einzige Chance, solch ungerechte Mehrheits­verhältnisse auszuhebeln. Also eine Tradition zu durchbrechen, die ein statistischer Effekt sonst auf ewig aufrecht erhält.

veröffentlicht im Februar 2009 © by www.berlinx.de

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