Plötzlich sagte nämlich ein Proband zu mir, „ …ich kann mich gar nicht erinnern, dass ich gehustet habe…” Nach einer weiteren Befragung stellte sich heraus, dass ihm jede Erinnerung an die vorangegangene Suggestion fehlte. Er war in einer tiefen Trance gewesen.
Im ersten Teil haben wir hauptsächlich den Begriff Suggestion benutzt.
Einige Egonet-Leser haben auch ihre Zweifel angemeldet, ob es sich bei den beschriebenen Vorgängen überhaupt um eine Hypnose im eigentlichen Sinne gehandelt hat.
Ohne hier lange theoretische Abhandlungen und Dispute zu führen, ist es in der Tat eine Definitionsfrage, wo hört die Beeinflussung auf und fängt die Hypnose an.
Wenn die beste Freundin zu Dir sagt: „Du siehst heute aber schlecht aus, bist Du vielleicht krank?” dann denkt man normalerweise nicht an Hypnose, wenn die so angesprochene Freundin sich von einer Minute auf die andere wirklich unwohl fühlt.
Trotzdem, behaupte ich, handelt es sich hier um genau den gleichen psychischen Mechanismus, welcher auch einer „echten Hypnose” zugrunde liegt.
Auch der sogenannte Placebo-Effekt ist hier einzuordnen. Um einem neuen Medikament eine Wirkung zu bescheinigen, muß es in einem Doppelblindversuch eine höhere Wirksamkeit erzielen als bei einer Vergleichsgruppe, welche ein Placebo (ein unwirksames Mittel, welches zum Beispiel gepreßten Traubenzucker oder ähnliches enthält) verabreicht bekommt.
Das Erstaunliche ist nämlich, dass viele mit dem Placebo behandelte Patienten auch gesund werden, nur weil sie an die Wirksamkeit des Medikaments glauben wollen.
Man hat dabei auch herausgefunden, dass der behandelnde Arzt unbewußte Signale ausstrahlt, wenn er weiß, dass er ein Placebo verabreicht. Deshalb muss auch der Arzt von der Wirksamkeit überzeugt sein oder sie zumindest für möglich halten. Doppelblindversuch bedeutet deshalb, weder Arzt noch Patient wissen, ob nur Traubenzucker oder ein wirksames Präparat verabreicht wird.
Diese Beispiele liegen von unserem Thema gar nicht so weit entfernt, wenn man an die Entdeckungsgeschichte der Hypnose denkt.
Der deutsche Arzt Franz Friedrich Anton Mesmer (1734-1815), teilte um das Jahr 1772 mit, es gäbe eine Kraft, ähnlich dem Magnetismus, die einen außerordentlichen Einfluss auf den menschlichen Körper habe. Dieses Verfahren nach ihm zuerst Mesmerismus genannt, versetzte die Patienten in einen tranceähnlichen Zustand. Mesmer glaubte zuerst, dass er Magneten oder besondere Steine braucht um diesen Zustand herbeizuführen, bis er entdeckte, dass er auch ohne jedwede Hilfsmittel den selben Erfolg nur mit der Kraft seiner Sprache erreichen konnte.
Damit hatte Mesmer die Hypnose entdeckt, allerdings ohne selbst die Allgemeingültigkeit seiner Techniken zu erkennen. Er wurde von vielen seiner Zeitgenossen als Wunderheiler gefeiert und verehrt und glaubte wahrscheinlich selbst an seine übernatürlichen Kräfte, andererseits wurde er von der etablierten Schulmedizin abgelehnt und als Scharlatan beschimpft (ähnlich erging es auch ca.100 Jahre später Siegmund Freud mit der Psychoanalyse).
Die meisten Lexika definieren heute Hypnose als Herbeiführung einer Bewußtseinsveränderung, auch Trance genannt, durch Suggestion. Dieser Trancezustand fehlt bei den oben angeführten Beispielen, und auch bei der im ersten Teil geschilderten Aktion (Rauchen abgewöhnen) waren die meisten Probanden bei vollem Bewußtsein.
Die Übergänge zwischen Beeinflussung, Hypnose und Trance sind aber fließend und schwer zu definieren.
Beispielsweise sagte ein Raucher nach der Suggestion zu mir, „ …ich kann mich gar nicht erinnern, dass ich gehustet habe…” Nach einer weiteren Befragung stellte sich heraus, dass ihm jede Erinnerung an die vorangegangene Behandlung fehlte. Daraufhin wurde mein Forschergeist weiter angeregt, und wir verabredeten, einige Experimente durchzuführen.
Mit den üblichen Formeln zur Wärme und Schwere des autogenen Trainings (AT) versetzte ich ihn in einen entspannten Zustand, um danach zu sagen: „Du fällst jetzt in einen tiefen Schlaf – nur meine Stimme dringt ein in Dein Bewußtsein…”
Dann vollführte ich eine Reihe von Experimenten.
Ich ließ seinen Arm aufsteigen und dann in der Luft erstarren. Anschließend suggerierte ich ihn in den Zustand der Schwerelosigkeit in einem Raumschiff. Obwohl er diesen Zustand gar nicht kennen konnte, begann er mit den Armen und Beinen in der Luft zu rudern, so wie man es aus den Fernsehbildern einer Raumkapsel kennt.
Bei einer späteren Sitzung ließ ich ihn alte vergessene Erinnerungen wiedererleben. Ich sagte ihm, dass er wieder ein kleiner Junge ist und heute sein erster Schultag. Er solle mir erzählen, was er sieht und empfindet. Daraufhin erzählte er z.B., dass ihn die neuen Schuhe an seinen Füßen fürchterlich drückten, wie die Klassenlehrerin hieß, was sie an die Tafel malte und wer neben ihm saß.
Im Anschluß an diese Sitzung passierte mir ein kleines Mißgeschick b.z.w. eine Unterlassung. Am Ende der Sitzung vergaß ich nämlich, die zu Beginn suggerierte Schwere der Arme und Beine wieder aufzuheben. Als ich meinen Freund an der Haustür verabschiedete, fiel mir sein merkwürdig langsamer und schleppender Gang auf. Nach ca. einer Woche, als wir uns wiedersahen, fragte er mich, woran es lag, dass er zwei Tage lang Beine so schwer wie aus Blei hatte. Interessanterweise hatte ich genau diese Formulierung gebraucht (Deine Beine sind jetzt bleischwer…).
Und noch ein weiterer Umstand ist hieran bemerkenswert:
Die Wirksamkeit von hypnotischen bzw. posthypnotischen Befehlen hält nicht länger als maximal zwei , drei Tage an. Diese Beobachtung hatte ich bekanntlich auch schon bei den Rauchern gemacht. (s. I Teil)
In der Literatur habe ich auch die Beschreibung eines Experimentes gefunden, in dem eine Gruppe, ohne eine Rückhol- oder Aufwachformel zu geben, mittels Hypnose in Tiefschlaf versetzt wurde. Das Ergebnis: Alle wachten nach einer gewissen Zeit (im Durchschnitt eine halbe Stunde) von allein wieder auf.
Es ist auch kein Fall bekannt, indem jemand mittels posthypnotischer Befehle zu Handlungen gebracht wurde, welche gegen seine sittlichen und moralischen Werte oder Empfindungen standen.
Möglicherweise hängt diese Tatsache damit zusammen, dass ein Mensch nach Ausführung eines posthypnotischen Befehls immer versucht, eine rationale Erklärung dafür zu finden. Zum Beispiel sagt man dem Probanden unter Hypnose, wenn ich nachher mit einem Löffel gegen ein Glas klopfe oder ein bestimmtes Wort sage, gehst Du nach draußen und öffnest die Wohnungstür. Anschließend wird er sich genauso verhalten. Fragst Du danach scheinheilig, warum er die Tür öffnete, wird er in etwa sagen, mir war so, als ob es geklingelt hätte, oder ich wollte mal nachsehen ob meine Frau schon da ist etc..
Diese auch „Rationalisierung” genannte Verhaltensweise trifft man übrigens bei allen möglichen Formen von Fehlverhalten an, wie z.B. bei Neurosen, Phobien, Süchten und so weiter ( Ein Alkoholiker behauptet, dass er nicht trinkt, weil er alkoholabhängig ist, sondern, weil die Welt so schlecht und nüchtern nicht zu ertragen ist…).
Aber das ist schon wieder ein anderes Kapitel. Vielleicht werden wir einmal in einer späteren Ausgabe von EGONet ausführlicher darauf eingehen.
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