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Jeder Topf findet seinen Deckel – dieser Spruch aus der Zeit unserer Großeltern stimmt schon lange nicht mehr. Als Folge des 2. Weltkriegs gab es lange Zeit mehr Frauen als Männer in Mitteleuropa. Jetzt droht dieses Verhältnis umzukippen. Mit gravierenden Folgen. EGO-Net berichtet.

Die Natur hat es weise eingerichtet. Es werden knapp fünf Prozent mehr Jungen geboren als Mädchen. Da in den ersten Lebensjahren Knaben anfälliger sind für frühe Todesfälle, gleicht sich das Ungleichgewicht bis zur Pubertät wieder aus. Sobald die jungen Männer nach ihrer ersten Liebe suchen, kommt auf jeden von ihnen eine Frau.

So war es bis vor kurzem. Der medizinische Fortschritt hat diesen Naturmechanismus ausgehebelt. Immer mehr schwer kranke Kinder werden gerettet. Die Folge: mehr Jungen überleben. Es gibt einen Männerüberschuß.

In der Pubertät versuchen die heranwachsenden Kerle noch einmal, der Natur zum Sieg zu verhelfen. Messerstechereien, riskante Autorennen nach der Disco – tödliche Unfälle sind unter jungen Männern am häufigsten. Auch „geglückte“ Selbstmorde sind unter jungen Männern häufiger als bei Frauen. Doch diese Todesfälle gleichen das Geschlechterverhältnis nicht aus.

Aber diese Dinge sind Peanuts im Vergleich zu zwei Entwicklungen, die die Anzahl der Frauen drastisch reduziert. Das sind erstens:

Die sinkende Geburtsrate. Nanu? Der Fall der Geburtenzahlen betrifft doch wohl beide Geschlechter gleichermaßen? Das stimmt – wenn nicht Männer sich vorzugsweise mit jüngeren Frauen zusammentäten. Kurz, die Männer suchen sich Partnerinnen mit einem späteren Geburtsjahr. Wenn Michael, geboren 1982, sich unter Mädchen umschaut, die 1985 und später geboren wurden, sucht er in einem Jahrgang, in dem weniger Kinder geboren wurden als in seinem eigenen. Die Folge: die Mädchen können eine Auswahl treffen, von den Kerlen werden einige leer ausgehen.

Besonders gravierend wird sich dieser Faktor in den kommenden Jahren im Osten Deutschlands bemerkbar machen. Bedingt durch die Vereinigung, sank dort die Geburtenrate 1990 schlagartig auf etwa die Hälfte. Das bedeutet, die 1988, 1989 geborenen Jungs – heute in einem Alter, wo sie ihre ersten Erfahrungen mit Mädchen machen wollen – stehen vor einer ungewöhnlichen Situation. Ihnen stehen nur halb so viel zwei, drei Jahre jüngere Mädchen zur Auswahl. Von zwei Burschen geht einer leer aus.

Ein zweiter Faktor verschärft das Problem:

Abwanderung. Es wandern doppelt soviel Ostfrauen in den Westteil Deutschlands ab wie umgekehrt.. Bedeutet das, im Westen wird es keinen Frauenmangel geben? Leider nicht. Denn auch unter Westfrauen gibt es Abwanderung, am stärksten in Richtung USA, aber auch nach Frankreich, England usw. Und was viel schwerer wiegt: dieser Faktor wird nicht durch Zuwanderung ausgeglichen. Denn unter Zuwanderern sind am stärksten junge, alleinstehende Männer vertreten. Frauen wandern ab, Männer zu – kein Wunder, daß uns ein Frauenmangel ins Haus steht.

Welche praktischen Folgen zeichnen sich ab?

Regionaler Frauenmangel: Schon in den vergangenen Jahren war das Ungleichgewicht ungleich verteilt. Auf dem Lande war der Frauenmangel stärker als in den Städten, in strukturschwachen Regionen stärker als in ökonomisch starken Zentren. Dieser Trend wird sich verstärken.

Singles: Der Trend zum Alleinleben wird zunehmen, trotz aller romantischer Gegenideale. Das betrifft nicht nur die überzähligen Männer. Die stärker umworbenen Frauen werden sich mit der Wahl des Richtigen mehr Zeit lassen können. Ihre Neigung, unbefriedigende Partnerschaften aufzukündigen, wird wachsen. Schließlich warten draußen jede Menge Kerle ohne Frau. Schon jetzt gehen 65 Prozent aller Trennungen von der Frau aus. Da Frauen sich nur selten nach einer Trennung sofort in die nächsten Beziehung stürzen, werden sie und die von ihnen verlassenen Männer das Heer der Singles weiter vergrößern.

Frauenimport. Die überzähligen Männer werden sich nicht einfach mit lebenslanger Einsamkeit abfinden. Unternehmen, die Frauen aus Ost und Fernost per Katalog anbieten, boomen jetzt schon. Ihnen wird in den kommenden Jahren eine riesige neue Kundschaft heranwachsen.

Weibliche Seitensprünge. Traditionell gehen mehr verheiratete Männer fremd als Ehefrauen. Doch seit einigen Jahren gleichen sich die Geschlechter an. Möglicherweise werden in fünf bis zehn Jahren mehr Frauen fremd gehen als Männer – weil ihnen mehr ungebundene Männer zur Auswahl stehen, während es den überzähligen Männern an Partnerinnen mangeln wird.

Junger Mann, ältere Frau. Schon immer träumen Männer von der Superschönheit aus den Illustrierten, heiraten am Ende aber doch ein Mädchen, das ihnen selbst ähnelt – in Attraktivität, Bildung und sozialer Herkunft. Das heißt, sie richten sich auf dem Boden der Tatsachen ein. So wie Superschönheit schon immer ein knappes Gut war, wird nun die jüngere Frau eine Seltenheit. Also werden sie sich stärker unter Gleichaltrigen umschauen – über diese schon bestehende Tendenz haben wir in Teil 19 unserer Serieberichtet – oder gar unter Frauen, die ihnen ein paar Jahre voraus haben. Was auch vernünftig ist. Denn in den älteren Jahrgängen drehen sich die Geschlechterzahlen um, da Frauen eine sechs Jahre höhere Lebenserwartung besitzen.

Veröffentlicht im Oktober 2002 © by www.berlinx.de

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