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Publikums­wirksam reden und schreiben

Warum klingen manche Texte staub­trocken, andere dagegen lebendig und spannend? Warum ermüden uns manche Redner, andere ziehen uns in ihren Bann? Egonet verrät die zehn besten Tricks für kraftvolle Texte.

Was unterscheidet gute von schlechten Rednern? Manche schieben es aufs Thema: „Über das Mittelalter kann jeder spannend erzählen Aber ich soll über das bürgerliche Gesetzbuch reden!“

Es gibt langweilige Historiker, die einschläfernd wie ein Aktenberg sprechen. Und charismatische Juristen, die noch den trockensten Paragraphen spannend wie einen Krimi erläutern. Der Unterschied liegt im Stil. Mit unseren Tipps verwandeln Sie Ihre Texte in mitreißende Storys.

1. Aktiv statt passiv. Passivsätze wie „Wichtige Aufgaben sind zu erledigen“ wirken trocken und langweilig. Das ist wie ein Krimi ohne Täter. Viele Schreiber entscheiden sich für das Passiv, weil man da den Urheber einer Handlung nicht nennen muss. Zeigen Sie Mut zur Klarheit, nennen Sie Ross und Reiter. Formulieren Sie mindestens neun von zehn Sätzen im Aktiv: „Ich sehe wichtige Aufgaben vor uns, und zwar …“

2. Kurze Hauptsätze statt Schachtelsätze. Bei langen Sätzen verliert das Publikum schnell den Faden, weil es am Satzende schon nicht mehr weiß, wovon am Anfang die Rede war. Zerteilen Sie alle längeren Sätze in zwei kürzere: „Bei langen Sätzen verliert das Publikum schnell den Faden. Es weiß am Satzende schon nicht mehr, wovon am Anfang die Rede war.“

3. Wählen Sie stets den konkreteren Ausdruck. Details machen Texte lebendig. Schreiben und sagen Sie statt „gehen“: schleichen, rennen, eilen, krauchen. Statt Pflanze sagen Sie Riedgras, Rhododendron oder Rose. Statt mit Begriffen wie Gerechtigkeit oder Klimawandel um sich zu werfen, erzählen Sie von konkreten Begebenheiten, die das abstrakte Prinzip illustrieren.

4. Deutsch statt Fremdwörter. Es gehört zum akademischen Imponieren, ein Feuerwerk an Fachbegriffen loszulassen. Sie machen Texte selbst für einen Experten schwer verständlich. Er muss im Geist jedes Mal die Definition abrufen. Das ermüdet auf die Dauer. Wenn Sie einen Fachvortrag halten müssen: Nennen Sie den Fachbegriff am Anfang und definieren Sie ihn in verständlichem Deutsch. Im Text ersetzen Sie ihn dann so oft wie möglich durch allgemein verständliche Synonyme.

5. Tätigkeitswörter statt Hauptwörter. Bei uns ist es üblich, Texte mit Reihungen von Substantiven aufzublähen. So wie ich es eben getan habe: „Texte mit Reihungen von Substantiven“. Ich hätte auch einfach schreiben können: „viele Hauptwörter aneinander zu reihen“. Wenn Ihr Text viele groß geschriebene Wörter enthält, die auf –ung oder –tion enden: Hinter ihnen verbergen sich Verben! Machen Sie aus „Behauptung“ behaupten, aus „Negation“ negieren – oder noch besser „verneinen“.

6. Abwechslung. Wenn Texte eintönig wirken, sind sie es auch. Der Stil ist einförmig. Der wichtigste Trick besteht darin, Wort­wiederholungen zu meiden. Mit einem Synonym­wörterbuch finden Sie nicht nur zahlreiche andere Wörter mit ähnlicher Bedeutung. Sie erweitern auch Ihren Wortschatz.

7. Roter Faden. Welche Meinung wollen Sie mit Ihrer Rede beweisen? Sagen Sie am Anfang, dass Sie deren Für und Wider diskutieren wollen und bleiben Sie dabei. Abschweifungen zu anderen Themen sparen Sie sich für eine andere Rede auf. So spannend Exkurse in Nachbargebieten sein mögen: Sie erschweren es Ihren Zuhörern, Ihren Gedankensprüngen zu folgen.

8. Erzählen statt argumentieren. Argumente überzeugen nur den, der schon daran glaubt. Erzählen Sie lieber eine Episode, die Ihr Argument erhellt: „Letzten Dienstag ist mir Folgendes passiert …“ Geschichten sind die beste Methode, um Zuhörer zu fesseln. Sie bringen auch Gegner Ihrer Argumente zum Nachdenken.

9. Bauen Sie einen Spannungsbogen. Stellen Sie ein Problem in den Raum: „Ich fragte mich, ob wir für immer hinnehmen müssen, dass …“ Dann erläutern Sie das Für und Wider: „Für eine Änderung spricht … Allerdings geben die Gegner zu bedenken …“ Am Ende ziehen Sie Ihr Fazit. Die Frage am Anfang sorgt dafür, dass die Zuhörer auf Ihre Antwort warten. Mit dem Für und Wider entfachen Sie einen Kampf der Argumente. Die Zuhörer wollen wissen, wer gewinnt.

10. Wörtliche statt indirekte Rede. Nutzen Sie die Tricks der Romanautoren. Statt „Doktor X meinte, dass er diese Ansicht ablehne“ sagen Sie „Doktor X sagte: Ich bestreite diese Auffassung ganz entschieden!“ Wenn Sie ein Für und Wider diskutieren, verwandeln Sie beide in gegnerische Personen: „Herr Befürworter sagt … Doch Herr Ablehner meint …“

Mehr Infos in unserem Buchtipp:
Jens Kegel: Selbstvermarktung freihändig. Schreiben fürs Reden  auch gegen den Strom. BusinessVillage Verlag, Göttingen 2009; € 24,80

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veröffentlicht im Oktober 2012 © by www.berlinx.de

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