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Nie wieder vergesslich!

Haben Sie schon mal über Ihr schlechtes Gedächtnis geklagt? In unserem zwei­teiligen Beitrag erklären wir Ihnen, wie Namen, Vokabeln und Zahlen ihren Schre­cken ver­lie­ren. Unsere Tipps er­for­dern kein spe­ziel­les Trai­ning.
Es genügt ein „Gewusst wie“.

Patrick Süskind, Autor des Bestsellers „Das Parfüm“, schilderte folgendes Erlebnis: Eines Tages zog er aus seinem Regal ein Buch und fing an zu lesen. Er hatte sofort den Eindruck, einen guten Griff getan zu haben. Er genoss die geschliffene Prosa, die klare Gedankenführung und die neuen Informationen. Auf einmal kam er an eine so anregende Stelle, dass seine Hand automatisch zum Bleistift griff, um den Absatz anzustreichen und eine eigenhändige Randbemerkung hinzuzufügen. Doch als er den Stift auf die Seite niedersetzte, um ein „Sehr gut!“ an den Rand zu schreiben, stand da schon ein „Sehr gut!“ – und zwar in seiner eigenen Handschrift.

Ein Buch gelesen und komplett vergessen! Als Süskind sein Erlebnis veröffentlichte, war er 37. Das Alter konnte nicht schuld sein an seinem Erinnerungsschwund. Wer von uns war nicht schon mal überzeugt, eine Neuigkeit für immer behalten zu können – und schon zwei Wochen später marterten wir unser Gehirn vergeblich.

Ärzte versuchen uns zu beruhigen: Vergessen können ist ein Segen. Wenn Ihnen alle Details Ihres Lebens und die Millionen von nutzlosen Informationen, die an Ihnen vorbeirauschten, ständig vor Augen stünden – Sie wären unfähig, die Gegenwart zu genießen und aus der Fülle der Erinnerungen die herauszufiltern, die Sie gerade brauchten. Es wäre doch schrecklich, wenn alle Peinlichkeiten und jeder Liebeskummer vergangener Jahre Ihnen noch immer auf der Seele brennen würden!

Warum freuen wir uns dann nicht über das Vergessen? Weil wir so wenig Einfluss darauf haben, was wir vergessen und was wir behalten! An manches Ärgernis erinnern wir uns noch nach Jahrzehnten. Aber vielen Nützliche – Geheimnummern, Vokabeln, Namen von Kunden – will uns gerade dann nicht einfallen, wenn wir es dringend brauchen.

Unser Gedächtnis ist nur so gut wie die Methode unseres Einprägens. Wer sich Informationen nur nebenbei merkt, also zufällig und unsystematisch, der wird sich auch nur zufällig und unsystematisch erinnern. Das Gedächtnis ist dann wie eine Bibliothek, in der die Bücher wahllos einsortiert wurden. Wenn Sie da ein bestimmtes Buch suchen – oh je! Wenn Sie also eine Information unbedingt behalten wollen – die folgenden Regeln helfen Ihnen weiter.

Ihr Gedächtnis ist besser als sein Ruf. Lassen Sie sich von niemandem einreden, Ihr Gedächtnis sei schlecht. Eine gute Merkfähigkeit benötigt weder hohe Intelligenz noch Jugend. Zwar lässt im Alter das Faktengedächtnis etwas nach. Doch solange keine Demenz vorliegt, können Sie auch mit achtzig noch Sprachen lernen und sich Telefonnummern einprägen. Trauen Sie Ihrem Gedächtnis etwas zu, und Ihr Glaube wird zur selbsterfüllenden positiven Prophezeiung.

Interesse zeigen. Alle Schüler kennen das: Man muss Formeln und Jahreszahlen lernen – gähn! Viel spannender sind Namen von Fußballern oder Lösungswege von Computerspielen. Die merkt man sich spielend Die gehören aber leider nicht zum Schulstoff, für sie gibt es keine Zensuren. Wie kann man Langweiliges interessant finden? Beschäftigen Sie sich mit Details, Hintergründen und Geschichten, die sich um den langweiligen Lernstoff ranken. Oder überlegen Sie, auf welche Weise er für Sie persönliche Bedeutung erlangen könnte. Wenn es Ihnen gelingt, interessante Seiten an langweiligen Themen zu finden, wird sich Ihre Merkfähigkeit deutlich verbessern.

Merken Sie sich Dinge in Zusammenhängen. Unser Kopf ist ein Assoziationskünstler. Bei jeder neuen Information fragt er sich: Erinnert mich das an etwas Bekanntes? Namen und Vokabeln prägen sich deswegen so schlecht ein, weil wir sie isoliert zur Kenntnis nehmen. Wenn Sie einen Namen behalten wollen, überlegen Sie, woran der Name Sie erinnert. An einen Beruf (Schneider, Müller, Bauer)? An ein Lebewesen (Kohl, Wolf, Strauß)? Ebenso halten Sie es mit interessanten Berichten aus Zeitung und Fernsehen. Welche ähnlichen Geschichten haben Sie schon mal gehört? Bestätigt das gerade Erfahrene Ihre bisherige Meinung oder widerspricht es ihr? Warum?

Ablenkungen meiden. Fernsehen, Internet und der Smalltalk unserer Mitwelt überfluten uns mit Eindrücken. Zuviel Unwesentliches erzeugt einen Infostau. Die Folge: Wir versuchen uns zuviel auf einmal zu merken. Das gerade Gehörte landet für wenige Sekunden im Kurzzeitgedächtnis, aber weil schon weitere Geschehnisse unsere Aufmerksamkeit okkupieren, fliegt es gleich wieder raus – verloren auf ewig. Wenn Sie etwas unbedingt im Gedächtnis bewahren wollen, halten Sie einen Moment inne. Haben Sie die Information wirklich verstanden? Warum ist sie wichtig?

Ausreichend Schlafen. Neueste Forschungen beweisen: Das Gedächtnis festigt sich im Tiefschlaf. Wer nachts mindestens sechs Stunden am Stück schläft, merkt sich mehr. Mehrere Kurzschlafphasen oder Nickerchen tagsüber sind kein Ersatz. Der Lerneffekt durch genügend Schlaf lässt sich noch nach Jahren nachweisen.

Wiederholung. Können Sie sich nach zehn Minuten an Ihre wichtige Information noch erinnern? Helfen Sie Ihrem Gedächtnis. Machen Sie sich eine kurze Notiz auf einem Zettel. Ein Stichwort genügt. Ist nach zehn Minuten aufgrund des Stichworts die Erinnerung noch da? Wunderbar! Erinnern Sie sich noch einmal am nächsten Tag, in der nächsten Woche, im nächsten Monat. Durch Wiederholungen gelangt eine Erinnerung aus dem Kurzzeitspeicher sicher ins Langzeitgedächtnis.

Machen Sie es sich zur Gewohnheit, Dinge zu merken. Das Gedächtnis ist trainierbar wie ein Muskel. Schreiben Sie einen Einkaufszettel und versuchen Sie dann, ohne ihn auszukommen. Schreiben Sie Nummer und Anschrift neuer Bekannter auf, bemühen Sie sich aber, Sie im Kopf zu behalten. Anfangs wird es häufig misslingen, aber mit der Zeit werden Sie besser. Sie lernen dabei Ihr Gedächtnis besser kennen. Sie werden herausfinden, welche Merkmethoden Ihnen liegen. Einige Tipps für praktische Merktechniken geben wir Ihnen im zweiten Teil.

veröffentlicht im Oktober 2012 © by www.berlinx.de

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