Das Geheimnis der starken Persönlichkeit
Ein gesundes Selbstwertgefühl trennt die Erfolgreichen und Glücklichen von den Schüchternen und Depressiven. So lautet eine Erkenntnis der Psychologie. Egonet erklärt, um was für ein Gefühl es sich handelt und wie Sie es beeinflussen können.
Seit der Entdeckung der Emotionalen Intelligenz sind Gefühle in Mode gekommen. Wer glücklich werden will, soll seine Gefühle nicht unterdrücken, sondern intelligent managen. Also Trauer zulassen. Freude auskosten. Glücksmomente organisieren, um so oft wie möglich positive Gefühle zu erleben.
Angst, Trauer und Freude beziehen sich auf konkrete Dinge und Personen. Die Auslöser dieser Gefühle kann ich erkennen und daher auch beeinflussen. Aber was für ein Ding ist mein „Selbstwert“? Das Wort klingt nebulös und ist daher schwer fassbar. Nur eins scheint klar: Der Selbstwert hat mit dem unsichtbaren Kern meiner Persönlichkeit zu tun, mit dem „Ich“.
Der Philosoph René Descartes behauptete im 17. Jahrhundert: Ich und Seele sind dasselbe und sitzen in der Zirbeldrüse. Das ist ein haselnussgroßes Anhängsel im Zwischenhirn. Diese Annahme haben Hirnforscher bald widerlegt. Die Zirbeldrüse erzeugt das Schlafhormon Melatonin, nicht aber die Persönlichkeit. Lange suchten die Forscher dann nach einem Ich-Zentrum im Gehirn, ähnlich dem Sprach- oder Sehzentrum. Sie haben es nicht gefunden.
Heute weiß man: Das „Ich“ entsteht aus dem Zusammenspiel vieler Hirnbereiche. Dabei spielt das autobiographische Gedächtnis, das die Lebenserinnerungen aufbewahrt, eine zentrale Rolle. Geht es verloren, wie bei der Alzheimer Krankheit, verschwindet auch das „Ich“. Doch der größte Teil der Hirnaktivität verläuft unbewusst. Noch immer ist unklar, welchen Anteil automatisierte Gewohnheiten und Triebhandlungen an der Ausformung jenes Ich haben, das Sie zu einem einzigartigen Wesen macht.
Gedächtnisleistungen, Intelligenz und Angstgefühle kann man messen. Sie sind daher als Gegenstände der Forschung beliebt. Das „Ich“ lässt sich nicht so leicht erfassen. Einige Psychologen meinen sogar, das „Ich“ sei eine subjektive Einbildung, die keine objektive Entsprechung im Gehirn besitzt. Sie sprechen lieber von einem „Selbst“. Das Selbst ist die zentrale Instanz des Bewusstseins, die alle Prozesse des Denkens und Fühlens verwaltet. Sie erzeugt den Willen. Sie gibt Urteile ab: Zum einen über äußere Bedingungen, zum anderen über die Erfolgsaussichten und Ergebnisse des eigenen Handelns.
Dieses Selbst besteht wieder aus zwei Teilen:
Das Selbstkonzept ist das Bild, das Sie von sich selbst haben. Wenn Sie die Stärken und Schwächen Ihres Charakters aufschreiben – was dabei herauskommt, ist Ihr Selbstkonzept. Wenn Sie dagegen Bekannte bitten, Ihren Charakter einzuschätzen – das wäre Ihr Fremdkonzept. Wenn Selbst- und Fremdkonzept sich ähneln, heißt das, Sie haben ein realistisches Bild von sich selbst. Weisen beide große Unterschiede auf, beurteilen Sie sich anders als Ihre Mitmenschen Sie sehen. Das kann ein Hinweis auf Selbst-Illusionen sein, aber auch auf Probleme im sozialen Umgang.
Das Selbstwertgefühl dagegen unterteilt Ihr Selbst in zwei Instanzen, in das handelnde und das beurteilende Ich. Sobald Sie morgens erwachen, fangen Sie an zu handeln. Sie stehen auf oder räkeln sich träge im Bett. Sie gehen entschlossen an Ihre Tagesaufgaben oder hoffen eher darauf, dass sich alle Probleme von allein lösen. Was Sie auch tun – stets ist zugleich Ihr innerer Beobachter auf dem Posten und schätzt Ihr Handeln ein. Haben Sie die geeigneten Mittel gewählt, um Ihre Ziele zu erreichen? Sind Sie dabei Ihren inneren Wertmaßstäben gerecht geworden? Je nachdem, ob Ihr Handeln Ihren inneren Werten entsprach, fühlen Sie sich gut oder schlecht.
Daraus leiten sich für ein starkes Selbstwertgefühl Regeln ab. Hier die wichtigsten:
- Zu hohe Ansprüche an Ihr Selbst sind ungünstig für das Selbstwertgefühl. Wer immer Erfolg haben, nie Fehler machen und in jeder Hinsicht besser als andere sein will, muss scheitern. Das Selbstwertgefühl erhält dann jedes Mal, wenn der überhöhte Selbstanspruch nicht erfüllt werden kann, einen kräftigen Dämpfer.
- Niedrige Ansprüche lassen sich zwar leicht erfüllen, stellen aber keine Herausforderung dar. Man geht schon mit geringem Selbstwertgefühl an den Start. Realistische Ansprüche an sich selbst sind solche, die sich mit einiger Anstrengung erfüllen lassen. Wichtig ist, dass der Erfolg in starkem Maße von Ihnen selbst abhängt und nicht von den Umständen. Das ist der Grund, warum Lottogewinne nicht das Selbstwertgefühl steigern.
- Wer sich mit Personen vergleicht, die erfolgreicher sind, bremst sein Selbstwertgefühl aus. Ihre Stärken und damit Ihre besten Erfolgsaussichten liegen vielleicht auf einem anderen Gebiet. Wer ein starkes Selbstwertgefühl besitzt, erkennt, wo er besser dran ist als andere. Vor allem aber misst er sich an seinen eigenen Maßstäben.
- „Selbstwertgefühl“ ist zu unterscheiden von Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen: Wer Selbstvertrauen besitzt, traut sich einiges zu – vor allem aber weiß er, dass er sich auf seine inneren Ressourcen verlassen kann, wenn die Lage mal schwierig wird. Selbstbewusstsein besitzt zwei Aspekte: Sich selbst kennen – also seiner selbst bewusst zu sein. Und selbstsicher auftreten – dieser Aspekt des Selbstbewusstsein wird durch ein starkes Selbstwertgefühl unterstützt.
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Selbstbewußtsein (I) Zwischen innerer Power und Minderwertigkeitskomplexen
Selbstbewußtsein (II) Ein Lernprogramm für mehr Vertrauen in sich selbst
Veröffentlicht im Juli 2008 © by www.berlinx.de
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