Der Stoff, aus dem Gefühle sind

Liebe kommt nicht aus dem Herzen und unsere Stimmung nicht aus dem Bauch. Sie kommen vielmehr aus der Hirnan­hangsdrüse und den Neben­nieren. Egonet gibt einen Überblick über die Hormone, die unsere Gefühle und unser Verhalten beeinflussen.

Lange Zeit glaubten wir, nur das Gehirn würde entscheiden, wie wir uns verhalten. Weit gefehlt! Unsere Entscheidungen sind von Emotionen beeinflusst und diese von Hormonen. Fehlt uns ein Stimmungs­hormon, kann es sein, dass wir überhaupt nichts entscheiden. Oder umgekehrt einem plötzlichen Impuls nachgeben, den wir kurz darauf bereuen.

Ursache ist das Hormon­system. Es hält die grundlegenden Körper­funktionen in einem funktions­tüchtigen Gleich­gewicht. Rund 150 Hormone sind bekannt. Sie lassen uns Hunger empfinden, alarmieren den Körper bei Gefahr und schaffen über das Blut stets genug Energie heran. Hormone sorgen dafür, dass unser Blut weder zu schnell noch zu langsam fließt, dass wir weder zuviel noch zuwenig Energie produzieren, dass unsere Stimmung sich auf einem realitätsnahen Niveau hält – wir also weder abheben noch grundlos verzweifeln. Erst auf der Basis dieses Gleich­gewichts trifft das Gehirn seine konkreten Entscheidungen.

Das Wort Hormon prägte 1905 der englische Physiologe Ernest Henry Starling (1866-1927) nach dem griechischen Wort hormao, das „antreiben“ bedeutet. Die sieben wichtigsten Hormone im Überblick:

Dopamin – der Belohnungskick. Warum geben wir unter Belastung nicht auf, sondern stellen uns der Heraus­forderung? Dopamin motiviert uns, Schwierig­keiten zu überwinden und dann ein Erfolgsgefühl zu empfinden. Das kann sich bis zu einem regelrechten Glücksrausch steigern. Wenn wir glauben, niemand könne uns auf der Sieges­straße aufhalten, wird unser Gehirn vom Dopamin geradezu überschwemmt. Es lässt uns die Welt vergessen, wenn wir verliebt sind.

Serotonin – der Glücksbringer. Während Dopamin uns high macht, schafft Serotonin eine sanfte positive Grund­stimmung. Aggressive Impulse und Ängste werden ausgebremst. Ein Serotonin­mangel löst depressive Gefühle aus. Deswegen setzt die Psychiatrie Medikamente ein, die einen Abbau des Serotonins hemmen. Da der Körper Serotonin aus der Aminosäure Tryptophan bildet, kann eine Ernährung mit Lebens­mitteln, die viel Tryptophan enthalten, einem Serotonin­mangel vorbeugen. Dazu gehören Sojabohnen, Milch, Kakao, ungeschälter Reis, Eier, Erbsen und Nüsse.

Adrenalin – der Stressmanager. Bei Gefahr mobilisiert das Hormon alle körperlichen Reserven. Der Blutdruck steigt, die Muskeln erhalten Energie­reserven, und andere Körper­funktionen (Verdauung) gehen in den Ruhemodus. Adrenalin stellt den Körper auf Kampf und Bewegung ein. Körperliche Aktivität baut den Stress wieder ab. Heute findet Stress oft im Büro statt, ohne körperlichen Ausgleich. Dann bleibt der Adrenalin­spiegel hoch und der erhöhte Blutdruck kann zu einer krankhaften Dauererscheinung werden.

Cortisol – der Energielieferant. Cortisol nutzt der Körper eher bei langfristigem Stress. Es stellt Energie­reserven bereit, sorgt also für Fettabbau und fördert die Bereitstellung von Zucker für körperliche Aktivitäten. Da es auch Entzündungen und das Immun­system hemmt, wird es in der Medizin eingesetzt, zum Beispiel bei Rheuma.

Testosteron – der Stoff, der starke Männer macht. Testosteron ist für Bartwuchs und tiefe Stimmen, aber auch für Angriffs­lust, Dominanz und Egoismus verantwortlich. Es fördert unsere Lust an Wettbewerb und Kräftemessen. Kein Wunder, das dieses Verhalten typisch männlich ist. Dafür ist allerdings nicht das Testosteron allein verantwortlich. Die Aggressivität ist besonders hoch, wenn zugleich nur wenig Cortisol im Blut vorhanden ist. Auch Frauen ist der Wunsch nach Stärke und Sieges­willen nicht fremd. Auch ihr Blut enthält eine geringe Dosis Testosteron.

Östrogen – der Stoff, der sanfte Frauen macht. Östrogene sind für den Monats­zyklus und die weiblichen Rundungen verant­wortlich. Sie heben die Stimmung, deswegen sind sinkende Östrogen­spiegel in den Wechseljahren mit depressiven Launen verbunden. Da auch Männer Östrogen im Blut haben, besitzen sie eine weibliche Seite.

Oxytocin – der Kuschelfaktor. Seine ursprüngliche Funktion liegt im Stillen (Milch­produktion) und im Auslösen von Geburts­wehen. Darüber hinaus verstärkt es Bindung von Mutter und Kind: Inzwischen wissen wir, dass es auch die monogame Paar­bindung fördert. Im engen Beisam­mensein sorgt es für angenehm lust­volle Gefühle. Es sorgt für Vertrauen und sichere Nähe.

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veröffentlicht im November 2013 © by www.berlinx.de

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