Der Stoffwechsel von Männern und Frauen funktioniert verschieden. Also sollten sich auch ihre Eßgewohnheiten unterscheiden. Das tun sie -zwar – allerdings anders, als es die biologischen Unterschiede vermuten lassen. Ein neues Sachbuch listet die Gründe auf. EGO-Net informiert.

„Frauen essen anders, Männer auch“ – Ernährungsautor Jörg Zittlau verglich auf humorvolle Weise in seinem neuen Buch biologische und kulturelle Unterschiede bei essenden Männern und Frauen. Sein Resultat: Verhalten und Bedürfnisse passen nicht zueinander. Einige Beispiele:

  • Frauen können mit ihren Hormonen tierische Fette besser verarbeiten. Aber es sind die Männer, die eher zu Eisbein und Steak greifen.
  • Männer verfügen in ihrem Körper über die größeren Wasservorräte. Es sind jedoch die Frauen, die sich öfter mit schwarzem Tee und Kaffee entwässern.
  • Frauen sind die Expertinnen in Sachen gesunde Ernährung. Sie sind eher bereit als Männer, auf neue Erkenntnisse über nützliche und schädliche Nahrung zu reagieren und sich gesundheitsbewußt zu ernähren. Aber Frauen sind auch die Hauptkonsumenten von Pralinen,Schokolade und süßem Gebäck, also Kalorienbomben aus Fett und Zucker. Sie lassen für ihre Figur und ihre Gesundheit gern mal das Mittagessen ausfallen, holen aber mit Naschen die Kalorienmenge wieder herein.
  • Männer sind im Schnitt übergewichtiger als Frauen. Aber sie versuchen weniger als halb so oft wie die Frauen abzunehmen.

    Darüber hinaus kommen im Eßverhalten alte und neue Rollenmuster zum Tragen. Vor hundertfünfzig Jahren wurden heiratsfähige Mädchen vor den Abendeinladungen möglicher Heiratskandidaten mit Grießbrei vollgestopft, damit sie während des Dinners nur noch kleine Häppchen zu sich nehmen. Der künftige Bräutigam sollte den Eindruck gewinnen, mit der Tochter des Hauses würde er sich ein genügsames Wesen ins Haus holen. Spätestens seit dem Buch „Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin“ gilt Zurückhaltung bei Frauen nicht mehr als erstrebenswert. Und dennoch: zwei Drittel aller Männer essen regelmäßig ihren Teller leer. Bei Frauen sind es weniger als die Hälfte.

    Auch die Wahl der Restaurants folgt immer noch alten Ritualen. Männer sind in Kneipen mit deftigem Essen in der Überzahl, Frauen in Eiscafés und Konditoreien. Laden Männer Frauen oder Geschäftspartner zum Essen ein, bevorzugen sie ein edleres Ambiente, als wenn sie allein oder mit Kumpels ausgehen. Mit dem Etablissement unterstreichen sie ihren sozialen Status – nicht unbedingt den sie tatsächlich inne haben, sondern jenen, dem sie gern zugerechnet werden möchten. Frauen sind realistischer. Sie achten beim Ausgehen auf die Möglichkeiten ihres Geldbeutels und auf eine Wohlfühlatmosphäre: nette Bedienung, gemütliche Möbel, sympathische Gäste.

    Überhaupt zählt das Drumherum für Frauen mehr als für Männer. Sie legen Wert darauf, allein zu Haus selbst kleine Mahlzeiten appetitlich anzurichten. Viele Frauen legen sich sogar eine Serviette neben den Teller. Kaum ein Mann käme auf diese Idee. Frauen verfeinern ihr Essen mit Kräutern und legen Wert auf einen Vorrat unterschiedlichster Gewürze. Das männliche Repertoire endet in der Regel bei Pfeffer, Salz und Senf. Sie bevorzugen die Speisen, die sie von Kindheit auf kennen, während Frauen eher bereit sind, neue Rezepte auszuprobieren.

    Für Männer wiederum ist ein „gutes Essen“ – für den einen ist es ein großes Schnitzel, für den andern ein Luxusmenü mit fünf Gängen – ein stimmungsaufhellender Höhepunkt. Für viele sogar ein kulturelles Highlight. Frauen ziehen da eher einen Opernbesuch oder einen romantischen Liebesfilm im Kino in Betracht.

    Die körperlichen Unterschiede beim Essen machen sich eher in Lebensbereichen bemerkbar, für die es noch keine kulturellen Regeln gibt. Zum Beispiel im Zusammenhang von Stress und Eßverhalten. Männer, die biologisch auf Kampf und Flucht bei Gefahr ausgerichtet sind, schalten ihren Appetit ab, solange der Stress anhält. Daher leiden sie zwar seelisch unter Daueranspannung im Job, aber sie nehmen ab. Frauen, die in der Urgesellschaft Hütten und Kinder hüteten, erlebten als Gefahr in erster Linie Nahrungsmangel. Stress entstand für sie, wenn es an Nachschub für sie und ihre Kinder fehlte. Daher spüren Frauen bei Kummer und Anspannung Hungerattacken. Sie futtern gegen die Anspannung und nehmen zu. Ihre plötzlichen Freßanfälle sind einer der Gründe, warum vonMagersucht, aber vor allem Bulimie, zu über 90 Prozent Frauen betroffen sind.

    Wegen des unterschiedlichen Nahrungsbedarfs der Geschlechter haben moderne Eßgewohnheiten auf Männer und Frauen recht verschiedene Auswirkungen. Von Folsäuremangel sind vor allem Frauen betroffen. Alkoholiker sind zwar zum größten Teil männlich, aber weibliche Trinkerinnen ziehen sich schneller gesundheitliche Schäden zu. Das gleiche gilt für das Rauchen. Lungenkrebspatienten sind meist Männer, aber die Frauen holen schneller auf als die Zahl der Raucherinnen wächst.

    Umgekehrt scheinen Männer von gesunder Ernährung stärker zu profitieren. Grüner Tee oder der Konsum von Nahrungsmitteln, die die Vitamine C und E enthalten, sollen die Blutgefäße vor Cholesterinablagerungen und späteren Infarkten schützen. Jüngste Studien zeigen, daß dieser Effekt nur bei Männer tatsächlich nachweisbar ist. Zwar ist es unbestritten, daß eine gesunde Lebensweise vor Krebs und Infarkten schützt. Aber Frauen verdanken ihre längere Lebenserwartung stärker seelischen Faktoren als dem gesunden Essen. Wie sich das Bild ändern wird, wenn Frauen zunehmend in Karriereberufen einsteigen, ist noch nicht genau abzusehen. Eines ist sicher: in den letzten Jahren verzeichnen die typischen Zivilisationskrankheiten bei Frauen einen deutlichen Zuwachs, während die Zahlen der Männer etwa gleichbleiben.

    Lesetip:

    Jörg Zittlau: Frauen essen anders, Männer auch. Fakten und Hintergründe zum Speiseplan der Geschlechter. Eichborn Verlag Frankfurt/M. , € 19,90.

 

Veröffentlicht im Juli 2002 © by www.berlinx.de

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