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Woran Sie erkennen, ob Sie komfor­tabel leben

Geht es uns immer bes­ser? Oder sinkt un­ser Lebens­stan­dard? Geld ist wich­tig, aber zu Wohl­stand gehö­ren noch an­dere Fak­toren. Wir ver­raten Ih­nen, welche.

Nimmt man allein die Lebens­er­war­tung, kön­nte man glau­ben, es gehe uns immer bes­ser. Alle vier Jahre wer­den die Men­schen im Schnitt ein Jahr äl­ter. Nimmt man dagegen eine sichere, gut bezahlte Arbeit als Kriterium, geht es abwärts mit uns. Lange Zeit hat die Bundes­regierung nur das Brutto­inlands­produkt als Maßstab berücksichtigt. Erst seit kurzem gibt es im Bundestag eine Kommission, die ein erweitertes Maß erarbeitet.

Um den Grad an Wohlstand zu beurteilen, müssen wir sieben Faktoren zugleich in Betracht ziehen.

Das reale Einkommen. Bereits im 19. Jahrhundert entdeckte der preußische Statistiker Ernst Engel: Je weniger Prozent seines Geldes jemand für Lebens­mittel ausgibt, desto höher sein reales Einkommen. Dieses Engelsche Gesetz ist wieder in Mode gekommen. Weil ein Hartz-IV-Empfänger mehr als die Hälfte seines Geldes fürs Essen ausgeben muss, ist er arm. Wer weniger als zwanzig Prozent für Nahrung ausgibt, lebt im Wohlstand.

Soziale Sicherung. Kranken-, Arbeitslosen- und Renten­versicherung zehren einen Teil unseres Bruttoverdienstes auf. Zugleich sichern sie uns ab gegen gravierende Notlagen. Doch der Wohlstand in diesem Bereich sinkt. Zunehmend müssen wir zusätzlich privat vorsorgen. Dazu kommt das Risiko der Arbeits­losigkeit.

Eigentumsbildung. Immer mehr Menschen verfügen über wachsendes Eigentum in Form von Eigen­heimen und Spar­einlagen. Während der deutsche Staat mit über 2000 Milliarden in der Kreide steht, verfügen seine Bürger über ein Barvermögen von 4700 Milliarden Euro. Das ist dreimal soviel wie die Summe ihrer privaten Schulden. Allerdings ist dieser Reichtum sehr ungleich verteilt. Die Schere zwischen arm und reich wächst.

Wachsende Freizeit. Im 19. Jahrhundert kannten Arbeiter nur zwei Beschäf­tigungen: 14-Stunden-Tage und Schlaf. Freizeit besaßen nur wenige Begüterte. Inzwischen hat die Freizeit die Arbeitszeit an Dauer und Intensität überholt. Um sie herum hat sich eine eigene Kultur entwickelt. Ganze Industrien leben vom Tourismus, von teuren Hobbys und Vergnügungs­angeboten.

Höhere Schulbildung. Studieren war einst ein Privileg höherer Bürger. Inzwischen machen bei uns mehr als vierzig Prozent aller Schüler das Abitur und erwerben damit die Hochschul­reife. Die Zahl scheint hoch, aber Deutschland liegt damit unter dem inter­­nationalen Durchschnitt. Höhere Bildung bietet nicht nur bessere berufliche Chancen mit Aussicht auf ein hohes Einkommen. Sie liefert auch das Know-how, um die Möglichkeiten, die eine wohlhabende Gesellschaft bietet, auch zu erkennen und zu nutzen.

Steigende Lebenserwartung. Das Alter, das Menschen im Schnitt erreichen, ist ein verlässlicher Hinweis auf den allgemeinen Wohlstand. Lange gesund bleiben ist Teil eines hohen Lebens­standards. In der DDR war die Lebens­erwartung geringer als in der alten Bundesrepublik. Inzwischen gleicht sie sich an. Dagegen sank mit dem Ende der Sowjetunion die Lebens­erwartung in den Nachfolge­staaten wie Russland rapide. Wenn Länder in eine Krise geraten und der Lebensstandard sinkt, fällt auch die Lebens­erwartung.

Vielfältige Kommunikationswege. Früher galt eine einfache Regel: Wer arm war, kam sein Leben lang nicht aus seinem Dorf oder Stadtviertel heraus. Reisen leisteten sich nur Wohlhabende. Seitdem haben Post, Eisenbahn, Autos, Flugzeuge, Telefone und schließlich das Internet die Kommunikation demokratisiert. Der arabische Frühling hätte ohne Smartphones mit Twitter und Facebook seine umstürzende Macht nicht erreichen können. Auf Sansibar z.B. verdienen viele nur 50 Euro im Monat. Aber jeder von ihnen hat ein Handy.

Diese Aufzählung zeigt ein widersprüchliches Bild:

  • Einerseits können heute Milliarden Menschen zumindest in bescheidenem Maße am Weltwohlstand teilhaben.
  • Andererseits sind manche Errungen­schaften schon wieder auf dem Rückzug, wie zum Beispiel die soziale Sicherung oder das Recht auf eine zumutbare Arbeit. Andere Errungen­schaften ziehen negative Folgen nach sich. Die billigen Lebens­mittel haben zu einem Raubbau an der Natur und industrieller Massen­tierhaltung geführt. Es gibt keinen geradlinigen Weg zu immer mehr Wohlstand.

Lesen Sie bei uns auch:
Reichtum (I) Die drei Glückspfeiler für ein angenehmes Leben
Reichtum (II) Was Wohlstand ausmacht

veröffentlicht im Oktober 2013 © by www.berlinx.de

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