Die Kunst des erfolgreichen Fern-Sprechens
Wir sind Weltmeister im Telefonieren! Pro Kopf gibt der Deutsche jährlich im Durchschnitt rund 1200 Mark pro Kopf und Geräte aus. Hinter der Quantität verbirgt sich aber nicht immer Qualität. Wie Sie am Telefon zum Könner und gesuchten Gesprächspartner werden, erfahren Sie von EGONet.
Ob Sie privat oder beruflich anrufen (oder angerufen werden) – der wichtigste Signalgeber für die Einschätzung des andern fällt weg: die Körpersprache. Wenn sich zwei Menschen von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten, wird der erste Eindruck zu etwa 55 Prozent von der körpersprachlichen Optik, zu 37 Prozent von der Stimme, aber nur zu 7 Prozent vom Inhalt des Gesprochenen bestimmt. Am Telefon müssen sie auf die wichtigen 55 Prozent verzichten. Daher gewinnen Stimme und erste Worte einen viel höheren Stellenwert. Wer im persönlichen Kontakt unbeholfenes Reden durch gepflegte Kleidung und ein offenes Lächeln wettzumachen gewohnt ist, wird es am Telefon schwer haben.
Hinzu kommt, daß im Wettstreit von Telefon und körperlich anwesendem Besucher das Telefon durch sein lautes, monotones Läuten immer gewinnt. Sie haben es sicher selbst schon bei sich und anderen beobachtet. Es können zwanzig Leute bereits stundenlang warten – wenn das Telefon klingelt, müssen alle Anwesenden weiter ausharren, während die Person in der Leitung sofort an die Reihe kommt. Zwar hat jeder die Möglichkeit, lästige Anrufer in einer Warteschleife schmoren zu lassen oder auf einen Anrufbeantworter umzuleiten, aber Sie wissen, wie es in der Praxis aussieht: Sie sind bei Ihrer besten Freundin zu Besuch, um ausführlich Männer und alte Zeiten durchzuhecheln, und sie hat vorsorglich den Anrufbeantworter angeschaltet. Doch kaum läutet der Apparat – was geschieht? Sie springt zum Hörer, bevor das Band anläuft und haucht ein atemloses „Ja?“ in die Leitung. Die Neugier erwies sich als stärker als jede technische Abschirmung.Aus diesen Vorbemerkungen folgt zweierlei:In den ersten Sekunden eines Anrufs ist Ihnen eine hohe Aufmerksamkeit sicher.Von Ihrer Stimme und Ihren ersten Worten hängt ab, ob Ihnen diese Aufmerksamkeit erhalten bleibt.Ihre Stimme klingt gequetscht und leise? Sie geraten grundsätzlich ins Stottern, wenn Sie mit Unbekannten am Telefon sprechen sollen? Keine Bange! Mit einigen kleinen Vorbereitungen kann jeder den Erstkontakt erfolgreich meistern:* Halten Sie immer Stift und Papier neben dem Telefon bereit.* Ob Sie locker oder verkrampft sind, ist Ihrer Stimme anzumerken. Um entspannt zu wirken, tun Sie viererlei:Sie stehen zum Telefonieren auf oder lehnen sich entspannt zurück.Sie lassen sich noch einmal durch den Kopf gehen, was Sie fragen und was Sie sagen möchten.Sie atmen zweimal langsam durch und setzen ein Lächeln auf – entweder, indem Sie an etwas Lustiges denken oder indem Sie so gut es geht ein künstliches Lächeln über Ihr Gesicht legen.Sie stellen sich Ihre(n) Gesprächspartner(in) vor Ihrem geistigen Auge bildlich vor, und zwar als ausgesprochen sympathischen und aufgeschlossenen Zeitgenossen.* Das erste Wort am Telefon wird häufig nicht verstanden, weil der/die andere ein, zwei Sekunden braucht, um sich auf Ihre Stimme einzustellen. Sagen Sie daher nie als erstes Wort Ihren Namen, sondern beginnen Sie mit dem Gruß. Wenn Sie den Namen des andern wissen, bauen Sie ihn in die Begrüßung ein, zum Beispiel: „Guten Tag, Frau Schulz, hier ist Müller.“* Haben Sie den Namen des/der andern nicht verstanden, fragen Sie unbedingt sofort nach. Das ist nicht peinlich, sondern für den andern ein Zeichen Ihres Interesses an seiner/ihrer Person.* Sprechen Sie halblaut, langsam und nie direkt in den Hörer. Am günstigsten: den Hörer in Kinnhöhe halten. Viele werden nur deshalb am Telefon schnell abgewimmelt, weil sie unaufhörlich direkt in den Hörer brüllen, was für den Zuhörer ein unerträgliches akustisches Erlebnis ist.* Nennen Sie gleich am Anfang den Grund Ihres Anrufs. Das erleichtert dem andern das zielgerichtete Zuhören. Er/sie kann so auch abschätzen, wie lange Sie brauchen werden und wird nicht so schnell ungeduldig.* Um dem Inhalt des Gesprochenen zu folgen, ist – weil die kommentierende Körpersprache fehlt – ein höherer Grad an Aufmerksamkeit nötig als im direkten Kontakt. Man folgt Ihnen mit weniger Mißverständnissen und mehr Sympathie, wenn SieSympathie in den Tonfall bringen.Wichtige Punkte durch Betonen hervorheben.Etwa alle halbe Minute prüfen, ob Sie noch langsam genug sprechen.Kurze Sätze bevorzugen.Wichtiges und Schwieriges wiederholen – und zwar auch in Äußerungen Ihres Partners: „Sie meinen also …?“Immer wieder den Namen Ihres Gesprächspartners aussprechen.Beim Zuhören Kurzreaktionen einstreuen: „Aha.“ „Sagen Sie bloß!“ „Interessant.“ Usw.Nie dazwischenreden. Dauerredner, die Sie nicht zu Wort kommen lassen, unterbrechen Sie höflich mit „Interessant. Darf ich dazu eine Frage stellen?“ Und dann reden Sie über das Thema, das Ihnen am Herzen liegt.* Machen Sie nicht nur Notizen, sondern sagen Sie auch ausdrücklich, daß Sie sich diesen Punkt aufschreiben wollen. Das wirkt wie ein Zeichen hohen Interesses und damit wie ein Kompliment. Notizen sind sehr wichtig. Die Erinnerung an das Gesicht des andern bei einer bestimmten Bemerkung wirkt im Gespräch von Angesicht zu Angesicht wie eine zusätzliche Gedächtnisstütze. Sie fehlt am Telefon, die Folge: fernmündliche Vereinbarungen werden schneller vergessen – falls kein Notizzettel existiert.In welchen Fällen soll man telefonisch Kontakt aufnehmen? Wann ist ein Brief, eine E-mail oder das persönliche Erscheinen vorzuziehen?Häufig ist das eine Frage des persönlichen Geschmacks. Nutzen Sie die Kommunikationsform, in der Sie sich am sichersten fühlen, in der Sie Ihre Stärken am besten entfalten können. Wenn mehrere Formen für Sie gleich gut geeignet sind, gelten folgende Entscheidungshilfen:Der persönliche Besuch empfiehlt sich, wenn Sie mit der Wirkung Ihrer Persönlichkeit Pluspunkte sammeln können. Das kann der Fall sein beiverwickelten Angelegenheiten mit größerem Entscheidungsspielraumbei Personen und Behörden mit festen Sprechzeitenbei allen anderen, wenn Sie zuvor einen Termin vereinbaren und etwas anzubieten haben, das dem andern deutliche Vorteile bringt. E-mail sind zwar bequem und schnell, aber eine Untersuchung, die erst wenige Wochen als ist, zeigt, das E-mails in den meisten Firmen und Institutionen seltener, später und weniger kompetent beantwortet werden als Telefonate und Briefe. In den meisten Fällen empfieht sich eine Kombination von Telefonat und Brief. Sie rufen zuerst an, nennen Ihr Anliegen und schlagen vor, Ihr Angebot mit per Brief zugesandten Unterlagen zu untermauern. Dieses Vorgehen setzt sich selbst bei Bewerbungen immer mehr durch. Kaum ein Personalchef liest noch ausführliche Bewerbungsunterlagen von unbekannten Kandidaten durch – Grund: Zeitmangel. 63 Prozent deutscher Personalchefs – das ergab eine Befragung bei mittelständischen Unternehmen im Auftrag der Dresdener Bank – vertrauen mehr auf Stimme und Worte am Telefon als auf Lebenslauf, Anschreiben und Zeugniskopien. Einer der befragten Chefs verriet, worauf er bei Kandidaten am Telefon achtet: frische Stimme, ruhige Wortwahl, flüssige Antworten, gezielte Fragen nach den Aufgaben in dem Betrieb. Um nicht ins Stottern zu kommen, überlegen Sie vorher, wie Sie in wenige Sätzen über Ihre Stärken und Qualifikationen Auskunft geben können. Sie sollten in je einem Satz sagen können:warum Sie gerade in diesem Betrieb arbeiten wollenwas für eine Stelle Ihnen vorschwebtweshalb Sie sich für besonders geeignet haltenein herausragendes Beispiel für Ihre Qualifikation parat haltenwas Sie von dem Unternehmen für sich erwarten.Der richtige Ablauf bei der Kombination von Telefonat und Brief:Sie lassen sich von der Zentrale den zuständigen Gesprächspartner vermitteln, sagen kurz, was Sie anzubieten haben, fragen, ob das für den Partner von Interesse sein könnte und bieten an, aussagekräftige Unterlagen zu schicken. Vergewissern Sie sich unbedingt, daß Sie den Namen des Gesprächspartners richtig evrstanden haben. Bitten Sie notfalls zu buchstabieren. Werden Ihnen bei diesem ersten Kontakt bereits Fragen gestellt, ist das ein Zeichen, daß es Ihnen gelungen ist, Interesse zu wecken.Sie schicken innerhalb von zwei Tagen Ihre versprochenen Unterlagen. Durch das Telefonat haben Sie den Vorteil, den Brief persönlich adressieren zu können und nicht anonym mit „Sehr geehrte Damen und Herren“ beginnen zu müssen. Über die Anrede schreiben Sie in Fettdruck „Unser Telefonat vom …“ („Betrifft:“ davor zu schreiben, ist nicht mehr üblich). Das Anschreiben selbst halten Sie ganz kurz, maximal vier Zeilen. Darin schreiben Sie nur, daß Sie wie vereinbart die Unterlagen schicken und sich über eine positive Antwort freuen werden. Alles Inhaltliche muß aus den Anlagen hervorgehen.
Juli 1999 © by www.berlinx.de
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