Warum gibt es keine Bäume in der Sahara? Die hat mein Mann alle abgesägt. – Dieser Galgenhumor eines alten Schlagers ist aktuell wie nie. Egonet zeigt, dass das Schlafzimmerproblem immer noch ungelöst ist.
Die erste Liebesnacht. Selig kuschelt sich Ines an Jürgen. Das neue Liebespaar sinkt nach glücklicher Umarmung in den verdienten Schlaf – bis auf einmal der rasselnde Lärm einer Kettensäge aus Jürgens Kehle dringt. Sie rüttelt ihn an der Schulter. Er brummt im Halbschlaf, dreht sich um und röhrt weiter.
Keine Statistik verrät, wie viele Paare am selbst gemachten Schlafzimmerlärm gescheitert sind. Es gibt Bürgerproteste gegen nächtlichen Fluglärm, Dämmwände gegen den Krach von nahen Autobahnen und Gesetze gegen Ruhestörungen von Nachbarn nach 22 Uhr. Wer aber schützt vor dem Krach aus dem Nebenbett?
Lauf Erhebungen der Deutschen Gesellschaft für Schlaffforschung und Schlafmedizin schnarchen 17 Prozent der Bevölkerung. Drei Viertel davon sind Männer. Das bedeutet umgerechnet: Jede zwölfte Frau schnarcht – und jeder dritte Mann.
Die Medizin hat Seuchen eingedämmt und kann Infarktopfer retten – vor den Schnarchern muss sie jedoch kapitulieren. An Arbeitsplätzen sind mehr als 70 Dezibel verboten. Manche Schnarcher erreichen bis zu 90 Dezibel. Das entspricht einer aufjaulenden Harley Davidson.
Die typische Rollenverteilung der Geschlechter sieht so aus: Er schnarcht und schläft selig. Sie kann die halbe Nacht kein Auge zu machen, die übrige Zeit döst sie erschöpft vor sich hin und schreckt immer wieder hoch. Bekanntlich sind Frauen stärker gefährdet, von Medikamenten abhängig zu werden. Schlafmittel spielen dabei eine zentrale Rolle. Schuld an der Einstiegsdroge ist in vielen Fällen ein männlicher Schnarcher. Verzichtet sie auf Tabletten, kann sie Depressionen bekommen. Die fehlende Erholung senkt auf Dauer den Stimmungspegel. Das besten Mittel: Flucht auf die Couch im Nebenzimmer.
Warum Männer häufiger schnarchen, ist nicht genau geklärt. Laut einer gängigen Theorie entsteht Schnarchen durch Erschlaffung und Verengung des Rachenraumes. Männer atmen im Schnitt kräftiger. Dadurch strömt die Luft schneller durch die Verengung und die erschlafften Teile (wie Gaumensegel, Zäpfchen und Zunge) vibrieren. Man vermutet zudem, dass bei Frauen Östrogen die Rachenmuskeln strafft. Das bedeutet aber auch, dass bei ihnen nach den Wechseljahren die Schnarchquote deutlich ansteigt.
Heute unterscheiden die Ärzte zwei Schnarchtypen:
- Harmloses Schnarchen. Der Mann schnarcht, aber sonst ist er gesund. Sofern ihn sein eigenes Sägen nicht stört, ist jede Therapie überflüssig. Allerdings empfehlen sich getrennte Schlafzimmer.
- Eingeschränkte Luftzufuhr beim Schnarchen. Jeder weiß, dass bei einem Schnupfen auch Nichtschnarcher anfangen, nachts durch die Kehle zu schnorcheln. Am gefährlichsten ist die Apnoe – das sind regelmäßige Atemaussetzer. Das Herz beginnt zu rasen, weil die Sauerstoffzufuhr ausbleibt. Der Blutdruck steigt und der Schläfer erwacht kurzzeitig. Ohne es zu merken. Er atmet ein, schläft weiter und der Zyklus beginnt von vorn. Am nächsten Tag fühlt er sich unausgeruht – obwohl er doch scheinbar durchgeschlafen hat.
Die Medizin bietet eine Fülle von Therapien an. Die meisten bieten wenig bis gar keinen Nutzen. Ein kurzer Überblick:
Bei Übergewichtigen hilft Abnehmen. Das Übergewicht erzeugt nicht ihr Schnarchen, verstärkt es aber. Durch die Fetteinlagerung nimmt auch die Zunge an Volumen zu. Sie verengt die Atemwege.
Wer mit hängendem Kinn schläft, schnarcht, weil das Kinn auf die Rachenraum drückt. In diesem Fall hilft eine Kinnbinde. Sie ist gewöhnungsbedürftig, ebenso wie eine Atemmaske. Sie hilft am besten – vorausgesetzt, der Schläfer kann sich an das lästige Utensil gewöhnen. Die Maske saugt Luft an und führt sie durch die Nase. So entsteht ein Gegendruck zum Atemstrom. Als Folge bleibt der Rachen geweitet und auch die gefürchteten Atemaussetzer hören auf. Die Maske hat von allen Methoden die höchste Erfolgsquote.
Es gibt operative Methoden. Sie helfen in 50 Prozent der Fälle. Aber wer sein vibrierendes Zäpfchen entfernen lässt, kann später Schluckbeschwerden bekommen. Operationen setzen eine aufwendige Diagnose im Schlaflabor voraus. Das Ganze ist teuer, der Nutzen ist nicht garantiert, und der Eingriff kann nicht rückgängig gemacht werden. Gegen Apnoe helfen Operationen nicht.
Besser ist eine Protusionsschiene. Sie wird in das Gebiss eingesetzt, schiebt den Unterkiefer nach vorn und erweitert so den Rachenraum. Billige Modelle sind starr und gibt es in Apotheken. Sie können bei Dauergebrauch das Gebiss schädigen. Teure Modelle werden individuell vom Zahnarzt angepasst. Sie können 800 Euro (und mehr) kosten, sind damit aber immer noch deutlich billiger als eine Operation.
Veröffentlicht im Februar 2006 © by www.berlinx.de
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