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Warum amü­sieren wir uns? Worüber? Welche Dinge bringen uns zum Schmun­zeln, welche nicht? Egonet gibt eine kleine Ein­führung in die Kunst der guten Laune.

Seit Ecos Klosterkrimi „Der Name der Rose“ wissen wir: Der antike Phi­losoph Aristo­teles hat uns nur ein Buch über die Tragödie hinterlassen. Sein Werk über die Komödie dagegen ist verloren gegangen. Seitdem haben Philo­sophen viel über das Elend der Welt geschrieben, aber nur wenig über ihre lustigen Seiten.

Fragt man Leute auf der Straße „Besitzen Sie Humor?“ antwortet fast jeder mit Ja. Humorlos sind immer die anderen. Fragt man weiter „Was ist für Sie Humor?“ wird es schon schwieriger. Bis heute gibt es keine anerkannte Theorie des Humors.

Am Anfang steht das Lachen. Lachen ist ein angeborener Reflex, der beim Kleinkind aber erst ausreifen muss. Wir lachen, wenn eine aufgebaute Spannung sich überraschend als gefahrlos erweist und auflöst. Das Spektrum reicht von einer bloßen körperlichen Reaktion (Kitzeln) über das fröhliche Aufatmen nach einer scheinbaren Gefahr bis zu kulturellen Phänomenen wie Witz und Komik.

Während Biologen streiten, ob auch Menschenaffen lachen können, besitzt Humor nur der Mensch. Humor setzt Intelligenz voraus. Deswegen mögen Frauen Männer mit Humor. Hat er Humor, ist er wahrscheinlich nicht auf den Kopf gefallen. Humor ist eine überlegene Art, die Welt zu betrachten – eine „Welt-Anschauung“. Seine Elemente sind:

Distanz. Humor erlaubt, die Probleme mit Abstand zu sehen. Wer sich unmittelbar engagiert und kämpft, findet seine Schwierigkeiten nicht amüsant. Humor ist seelischer Selbstschutz vor übermächtigen Gegnern. Vor allem dann, wenn einem das Wasser bis zum Halse steht. Um sich nicht unterkriegen zu lassen, betrachtet man die Lage als irre, absurd und komisch.

Überlegenheit. Wer ein Opfer der Verhältnisse ist, kann sich unterkriegen lassen – oder Humor entwickeln. Meine Peiniger sind böse, aber eigentlich komische Figuren. Es ist kein Zufall, dass gerade die über Jahrhunderte verfolgten Juden sich zu Weltmeistern des Humors entwickelt haben.

Überraschung und Übertreibung. Humor heißt, einen ungewohnten Blickwinkel einnehmen. Wie in dem bekannten Witz: „Wie viel Mann braucht man, um eine Glühbirne einzudrehen? Fünf: Einen, der die Birne hält, und vier, die seinen Stuhl drehen.“ Die normale Antwort („Einen“) ist nicht lustig. Komisch wird es erst, wenn die einfache Aufgabe bis ins Extrem übertrieben, ohne Grund höchst aufwendig in Angriff genommen wird.

Aha-Erlebnis. Die humorvolle Weltsicht bringt eine Erkenntnis mit sich. Sie kann banal sein wie im vorigen Beispiel („Warum einfach, wenn es auch schwierig geht?“), aber auch an gesellschaftliche Grundprobleme rühren. Wie in einer modernen Version des Glühbirnenwitzes: „Wie viele FDP-Anhänger braucht man, um eine Glühbirne einzudrehen? Keinen. Das regeln alles die freien Kräfte des Marktes.“ (Falls Sie FDP-Anhänger sind und über diesen Witz lachen können, besitzen Sie echten Humor, weil Sie auch über sich selbst lachen können.) Der Witz spitzt eine ernste Frage zu: Was kann der Markt ohne agierende Menschen?

„Humor“ ist nur schwer von Wörtern wie Ironie, Witz oder Komik abzugrenzen. In den USA gilt Comedy als Humor. Bei uns ist Humor eher eine Haltung innerer Heiterkeit, die Fähigkeit, auch seine eigenen Fehler mit Gelassenheit zu betrachten. Dagegen sind:

  • Ironie: Das Gegenteil dessen sagen, was man meint. Tonfall und Übertreibung sollen die Umkehr der gemeinten Bedeutung anzeigen.
  • Spott: Jemanden lächerlich machen aus einer Haltung der Verachtung oder Geringschätzung heraus. Er enthält stets auch einen Schuss Bitterkeit. Spott als Dichtung oder auf der Bühne heißt Satire. Satire nimmt mit Vorliebe einflussreichen Personen und soziale Gruppen  – wie Banker oder Politiker – aufs Korn.
  • Komik: Die lustige Art, Geschichten zu erzählen, indem man beim Hörer eine Erwartungshaltung aufbaut und diese dann gezielt durchbricht. Zum Beispiel, indem das Gegenteil des Erwarteten geschieht. Beispiel: „Liebst du Tiere? – Ja, gut durchgebraten.“ Nach der Frage erwarten wir eine emotionale Zuneigung, die Antwort bekennt eine kulinarische. Der komische Überraschungspunkt heißt Pointe. Komische Geschichten von extremer Kürze nennt man Witz.
  • Parodie: Nachahmung von Prominenten oder typischen Vertretern einer sozialen Gruppe, die durch Übertreibung und Verzerrung komisch wirken. Die Parodie ist einerseits herabsetzend, andererseits ein Kompliment an die Wichtigkeit des Originals. Unwichtige Leute parodiert man nicht.

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veröffentlicht im Februar 2011 © by www.berlinx.de

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