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Wann Sie an­fangen müssen, sich Sorgen zu machen

Namen vergessen, die Schlüssel unauffindbar verlegt – harmlose Schusse­ligkeit oder schon erste Anzeichen von Alz­heimer? Egonet hat für Sie die Warn­zeichen zusammengestellt.

Andrea stellte die Gäste­liste für Ihren 46. Geburtstag zusammen. Ihre beste Freundin Katrin sollte kommen und deren Freundin, die Brünette, die bei dieser Kaufhaus­kette arbeitet, bei … wie hieß die nur? Und die Freundin, deren Namen fällt Andrea auch nicht ein. Ziemlich vergesslich, aber sie kann ja Katrin anrufen, die Nummer hat sie in ihrem Handy gespeichert. Aber wo hat sie das Handy hingelegt?

Wer hat sich nach einer Häufung von Vergesslich­keiten nicht schon gefragt: Schlechter Tag oder schon Alzheimer? Schließlich beginnt eine Demenz zunächst mit Kleinigkeiten. Meist steht am Anfang eine Vorstufe, genannt Mild Cognitive Impairment (MCI), zu deutsch milder geistiger Leistungs­verlust. Doch wer unter MCI leidet, vergisst nicht nur Namen und Wörter. Liest man zum Beispiel einem MCI-Patienten eine Zeitungs­meldung von einem Raub­überfall vor, kann er sich schon nach wenigen Minuten kaum noch an Einzelheiten erinnern. Wenn Sie am Ende unseres Artikels noch ungefähr wissen, wovon am Anfang die Rede war, sind Sie auf der sicheren Seite.

Doch woran erkennt man, ob man nur vorübergehend zerstreut ist oder das Gedächtnis Richtung Alzheimer abbaut? Eine Forschergruppe unter Leitung von James C. Stevens von der Indiana School of Medicine in Bloomington (USA) hat zehn frühe Warnzeichen ermittelt, mit denen sich 19 von 20 Alzheimer­fällen frühzeitig erkennen lassen. Nur wenn mehrere dieser Anzeichen wiederholt auftreten, ist es ratsam, einen Facharzt aufzusuchen:

1. Gedächtnisverlust, der die Arbeits­fähigkeit beeinflusst. Wichtiges vergessen, das kommt in jedem Alter vor. Mögliche Ursachen sind: Mangelndes Interesse, beim Zuhören an etwas anderes denken, keine Verknüpfung mit schon Bekanntem herstellen, von gewohnten Ritualen abweichen und keine Merktechniken nutzen können. Ernst wird es, wenn Ihr Job unter ihrer Vergesslichkeit leidet. Wenn Sie Ihre Arbeitsabläufe nicht mehr im Kopf haben, ständig wichtige Termine und Kunden trotz Notizkalender aus dem Blick verlieren und nicht mehr wissen, was Sie vor einer Stunde getan haben-

2. Schwierigkeiten beim Ausführen vertrauter Aufgaben. Ein Fertig-Regal gekauft und beim Zusammenbau gescheitert? Das passiert täglich Tausenden. Das ist überhaupt kein Beinbruch, wenn Sie so etwas seit Jahren nicht mehr gemacht haben. Dann wird der Fehler in der Bauanleitung liegen. Anders sieht es aus, wenn Sie jeden Monat so ein Regal routiniert zusammenbauten und plötzlich damit überfordert sind.

3. Sprachprobleme. Sie wollen den Namen eines Ortes oder eines bekannten Schauspielers nennen, und er fällt Ihnen nicht ein. „Es liegt mir auf der Zunge“, sagen wir dann. Sie helfen sich mit einer Umschreibung: „Der Typ, der diesen rennenden Naivling in dem Film gespielt hat, dessen Titel mir auch nicht einfällt …“ Meist helfen die Freunde dann weiter: „Du meist Tom Hanks in Forrest Gump.“ Ein Warnzeichen sind Sprachprobleme erst, wenn auch die Umschreibung nicht mehr gelingt, und wenn Sie Ihre Sätze nicht mehr bilden können, weil Sie an der Grammatik scheitern.

4. Sich verlaufen und Verwirrungen mit Ort und Zeit. In unbekanntem Gelände sich verirren, ist harmlos. Nicht jeder ist ein Orientierungsgenie. Anders sieht es aus, wenn Sie sich in Ihrer Wohnum­gebung verlaufen, weil Sie die vertrauten Straßen nicht mehr erkennen. Wenn Sie von der U-Bahn nach Haus laufen und plötzlich wie aus tiefem Schlaf erwachen: Wo bin ich? Was mache ich hier? Die Geschäfte sind zu, ist etwa Sonntag, und ich bin auf dem Weg zur Arbeit?

5. Schlechtes Urteilsvermögen. Jeder fällt mal Fehlurteile. Wir irren uns in Mitmenschen, trauen uns mal zuviel zu, mal zuwenig. Vielleicht waren Sie in praktischen Dingen noch nie eine Leuchte. Doch wer im Hochsommer mit Wintermantel das Haus verlässt, den Nachbarn für einen Einbrecher hält und sich vor der Amsel fürchtet, die sich vor seinem Fenster tschilpt, hat ein Problem.

6. Probleme mit abstraktem Denken. War Mathe für Sie schon als Kind ein Buch mit sieben Siegeln? Willkommen im Klub! Aber wenn man Sie fragt, was Sie sich unter einer Zahl, einem Atom, Ehre oder einer Jahreszeit vorstellen – könnten Sie eine Antwort geben? So laienhaft sie auch sein mag?  Dann sind Sie geistig fit. Demente Patienten haben damit große Probleme. Sie können zwar ihren Kühlschrank öffnen, aber nicht erklären, was ein Kühlschrank ist.

7. Gegenstände verlegen. Den Schlüsselbund irgendwo abgelegt, und dann eine halbe Stunde lang gesucht? Oder gar gezwungen, Nachschlüssel anzufertigen – bis Sie nach einer Woche die Schlüssel im Wäschekorb fanden? Ärgerlich, aber daran ist kein Gehirnabbau schuld. Sondern Sie hatten in der Eile den Schlüssel an einem ungewohnten Ort fallen lassen und dabei an etwas anderes gedacht. Ein geistiger Abbau könnte vorliegen, wenn Sie anfangen, Ihre gewohnten Ablageorte zu vergessen und die Übersicht über Ihre persönlich wichtigen Gegenstände verlieren.

8. Änderungen von Laune und Verhalten. Manche Menschen sind in ihrer Wesensart stabil, andere gelten als launisch. Wer eben noch missmutig dreinblickte, eine Minute später fröhlich lacht und kurz darauf einen Wutanfall hinlegt, ist durchaus fit im Kopf. Wenn jemand jedoch seine übliche Stimmung verliert und sich nicht mehr verhält wie gewohnt, kann das auf einen geistigen Abbau hindeuten. Vor allem dann, wenn kein Liebeskummer, Jobverlust oder eine andere Krise als äußere Ursache ausgemacht werden kann.

9. Veränderte Persönlichkeit. Ein Anzeichen für eine beginnende Demenz kann vorliegen, wenn jemand seine gesamte Wesensart plötzlich ändert. Wenn ein offener Mensch auf einmal verschlossen wird. Wenn ein ruhiger Charakter anfängt, zwischen Zornesausbrüchen und grundlosen Lachanfällen zu schwanken. Freilich kann dies auch auf eine andere psychische Störung hinweisen. Laut einer Studie der Uni Kiel verbergen sich hinter mehr als 10 Prozent aller Demenzdiagnosen in Wirklichkeit Altersdepressionen.

10. Verlust von Initiative. Viele ältere Menschen vereinsamen und haben auf einmal keine Lust mehr auf Abenteuer. Wenn die körperliche Fitness nachlässt oder die Kinder aus dem Haus sind, lässt der Antrieb zu größeren Aktivitäten nach. Bedenklich wird es erst, wenn sich die Antriebslosigkeit sogar auf die alltäglichen Kleinigkeiten erstreckt. Wenn man keine Lebensmittel mehr einkauft, auf Abwaschen und Staub wischen verzichtet und allmählich passiv auf den wachsenden Müllberg in der eigenen Wohnung starrt. Als Ursache kommt auf hier neben einer Demenz wiederum eine Altersdepression in Betracht.

Diese Liste zeigt uns, Gedächtnislücken allein – ohne Beeinträchtigung des Alltags – sind harmlos! Wenn Sie allerdings mit über 50 mehrere dieser Symptome an sich entdecken, sollten Sie sich zur Sicherheit von einem Neurologen testen lassen. Rechtzeitig entdeckt, lässt sich die Krankheit zumindest hinauszögern und Hilfen organisieren.

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veröffentlicht im Januar 2011 © by www.berlinx.de

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