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Nicht nur das Aussehen, die Stimme und das Auftreten – auch der Name bestimmt, wie attraktiv Männer und Frauen wirken.

Ein Name scheint etwas Willkürliches zu sein. Ob ein Junge Boris oder Klaus heißt, ist eine Entscheidung seiner Eltern, die an seinem Aussehen und seinem Charakter nichts ändert. Und auch die blonden Haare und das Lächeln einer Petra bleiben erhalten, selbst wenn sie lieber wie ihr Popidol Anastacia heißen würde.

Der Klang eines schönen Namens kann faszinieren. Manchmal steckt dahinter eine Mode. Vor 50 Jahren, in den Zeiten des kalten Krieges, klang „Boris“ nach hinterster Taiga und politisch verdächtig. Seit Boris Becker ist es einer der beliebtesten Jungennamen. Doch hinter dem Klang steckt mehr. Vergleichen Sie „Robert“ mit „Robbie“. Selbst wenn Sie nicht wüssten, dass im Englischen mit der Endung –ie eine Verkleinerungsform gebildet wird, wirkt „Robbie“ niedlicher als „Robert“.

Dafür gibt es einen Grund. Bei hellen Vokalen wie „e“ und „i“ befindet sich die Zunge im vorderen Teil des Mundes in einer höheren Position als bei dunklen Vokalen wie „a“, „o“ und „u“. In der ersten Position verstärkt die Zunge höhere Frequenzen, in der zweiten tiefe. Man bezeichnet deshalb in der Technik einen Lautsprecher für hohe Töne als Tweeter (heller i-Laut), für tiefe Töne als Woofer (dunkler u-Laut). Hohe Frequenzen erinnern an weibliche Stimmen, tiefe an männliche. Damit ist „Klaus“ (dunkle Vokale) ein typisch männlicher, „Jenny“ (helle Vokale) ein typisch weiblicher Name. Der androgynen Computerspielheldin Lara Croft gaben ihre Schöpfer absichtlich einen Namen, der nur aus dunklen, männlichen Vokalen besteht.

Attraktivität ist aber mehr als Typisch-sein. Attraktiv wirkt auf mich, wer die Distanz zu mir überbrückt. Wie sich das auf Namen auswirkt, hat die Forscherin Amy Perfors vom berühmten MIT (Massachusetts Institute of Technology) im amerikanischen Cambridge untersucht. Sie stellte Fotos von Männern und Frauen ins Internet und ließ sie nach ihrer Attraktivität bewerten. Eine Weile später stellte sie die gleichen Fotos noch einmal ins Netz, diesmal aber mit anderen Namen versehen. Man sollte es nicht glauben – die geänderten Namen veränderten auch die Attraktivität der Fotografierten.

Ihre Auswertung ergab: Eine Frau bevorzugt Männernamen mit hellem Klang. Wie männlich der Typ aussah, konnte sie auf dem Foto sehen. Würde er aber auch treu und zuverlässig sein oder nur ein Macho, der ein schnelles Abenteuer sucht? Da jeder andere Anhaltspunkt fehlte, um diese Frage zu beantworten, ließ sich die Frau unbewusst vom Klang des Namens leiten. Helle Vokale wie in „Peter“ oder „Ben“ suggerierten ihr Eigenschaften und Gefühle bei dem Mann, die sie von sich selbst kannte. Bei dunklen Vokalen wie in „Robert“ oder „John“ ging sie innerlich aus Distanz.

Dagegen ist schon lange bekannt, dass Männer selbstbewusste Frauen schätzen. Eine solche Frau für sich zu gewinnen, schmeichelt dem männlichen Ego. Männer bevorzugen daher Frauen mit voll und rund klingendem Namen. „Madonna“ käme bei ihnen wahrscheinlich besser an als „Britney“. Das entspricht auch dem Image der beiden Sängerinnen: Madonna wirkt kämpferischer und androgyner als Britney Spears.

Die Tendenz zur Angleichung der Geschlechter, die wir seit einigen Jahren beobachten, spiegelt sich auch in der Namensgebung wider. Eltern bevorzugen heutzutage Namen, die helle und dunkle Vokale mischen, also Boris, Justin oder Alexander für die Jungs, Jeanette, Mandy oder Gina für Mädchen.

Die psychologische Wirkung von hellen und dunklen Vokalen taucht übrigens nicht nur in unserer Sprache auf und geht weit über den Unterschied von Mann und Frau hinaus. In allen Sprachen der Welt bezeichnen Wörter mit „i“ und „e“ eher kleine und nahe Dinge, „a“, „o“ und „u“ dagegen große und distanzierte Objekte. Eine „Tür“ („ü“ ist ein heller Vokal) ist zum Beispiel kleiner als ein „Tor“. Das mir nahe „Ich“ wird mit hellem Vokal geschrieben, das entfernte „Du“ mit dunklem Vokal. Ähnliches finden Sie auch in exotischen Sprachen. Wenn Sie vermuten, dass im Chinesischen ch’ing leicht und ch’ung schwer bedeutet, liegen Sie richtig.

Januar 2005 © by www.berlinx.de

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