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Was ver­leiht man­chen Men­schen so­viel Über­zeu­gungs­kraft, dass ihnen Auto­rität und Füh­rungs­quali­täten zu­ge­spro­chen wird? Brau­chen wir über­haupt Auto­ri­täten? Wie groß ist die Gefahr des Miss­brauchs?

Marion Neubert ist Biologie­lehrerin. Ihre Schüler respek­tieren sie. Wenn doch mal einer aus der Reihe tanzt, genügt eine kurze Ermahnung, und alle folgen wieder dem Unter­richt. Jürgen Weise unter­richtet Physik. Ihm ist es noch nie gelungen, Disziplin durch­zu­setzen. Mal schreit er, mal versucht er die Ruhe­störer zu igno­rieren. Alles vergeblich. Kaum ein Schüler nimmt ihn ernst.

Warum verfügt Marion über Autorität, Jürgen aber nicht? In Deutschland verbinden wir Autorität gern mit Macht. Doch das Beispiel zeigt, dass weder die körperliche Kraft noch die soziale Position (Lehrer) entscheidend ist. Das Wort „Autorität“ enthält den Wortstamm „Autor“. Also jemanden, der kreativ ist, der etwas Neues in die Welt setzt. Auch der lateinische Wortstamm auctoritas bezeichnet einen Vorrang, der auf Urheberschaft und Vorbild beruht.

Manche „Autoritäten“ haben in der Vergangenheit viel Unheil angerichtet. Stalin und Hitler sind berüchtigte Beispiele. Auch die Gegenwart kennt fragwürdige Vorbilder. Denken wir nur an unsere Wirtschaftseliten. Als die Konjunktur gut lief, schrieben sich Ackermann und Co. das Verdienst daran auf ihre Fahnen. Mit dem Wirtschafts­wachstum der Jahre 2003 bis 2007 begründeten sie ihre hohen Gehälter. Als dann die Krise ausbrach, war auf einmal das „System“ schuld. Sie erklärten sich nun zu Opfern der Krise. Wo war ihre angebliche Autorität in Wirtschaftsfragen geblieben?

Wir unterscheiden zwei Formen der Autorität:

Soziale Autorität. Unsere Berufswelt ist in Hierarchien geordnet. Höhere Positionen verleihen einen Vorrang. Wer Dutzende von Mitarbeitern zu führen hat, genießt automatisch Autorität – auch wenn durch Klüngeln in seine Position aufgerückt ist. Ähnliches gilt für unser Anfangsbeispiel. Ein Lehrer ist kraft seiner Berufsstellung für die Schüler Autorität. Auch wenn er gar nicht über die nötige Durchsetzungskraft verfügt.

Persönliche Autorität. Sie beruht auf Kompetenz und Verantwortung. Sie beinhaltet fachliche Fähigkeiten ebenso wie soziale Intelligenz – also Diplomatie, Durchsetzungsfähigkeit und kommunikative Wendigkeit. Hinzu kommt die Bereitschaft, Entscheidungen zu treffen. Und wenn sich diese als falsch herausstellen sollten, dafür auch gerade zu stehen. Insbesondere diese Tugend lassen politische und wirtschaftliche Führer oft vermissen.

Ideal wäre es, wenn nur solche Menschen Berufe mit sozialer Autorität ergreifen würden, die auch über persönliche Autorität verfügen. Leider ist das nur selten der Fall. Dann sind Konflikte vorprogrammiert. Sollte man Menschen mit schwacher Persönlichkeit aus Führungs­ämtern fernhalten? Das wäre unrealistisch. Unsere Schulen stünden leer, wenn Lehrer ohne persönliche Autorität nicht mehr unterrichten dürften. Es sind daher Maßnahmen erforderlich, um den Mangel auszugleichen.
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Auf der Seite der persönlichen Autorität:

Konflikttraining. Wer von seinem Charakter her wenig Ruhe und Sicherheit ausstrahlt, kann diese Fähigkeiten trainieren. Wir glauben noch immer, fachliche Qualifikation sei ausreichend, um ein guter Chef zu sein. Doch die Fähigkeit, Mitarbeiter zu führen und zu überzeugen, ist oft wichtiger.

Netzwerke. Wir denken bei Autorität meist an charismatische Einzelführer. Doch selbst die stärkste Persönlichkeit ist nichts ohne ein Netz von Helfern und Anhängern. Autoritäten suchen sich Verbündete.

Auf der Seite der sozialen Autorität:

Das Ansehen des Berufs stärken. Warum haben Lehrer, Manager und andere Autoritätsberufe einen so schlechten Ruf? Zum einen haben inkompetente Vertreter das Ansehen ruiniert. Zum anderen ist es eine typisch deutsche Angewohnheit, Autoritäten zum Abschuss frei zu geben. Viele von uns genießen es, die Positionen von Lehrern, Priestern, Chefs und Prominenten zu untergraben.

Keine soziale Autorität ohne reale Macht. Unser Rechtssystem untergräbt Autoritäten. Jeder Arzt, jeder Lehrer muss mit einer Klage vor Gericht rechnen, wenn er eine unpopuläre Entscheidung trifft. Worauf achtet er also? Dass seine Entscheidung sinnvoll ist? Oder dass sie unangreifbar ist – mag sie auch sinnlos sein?

Im Alltagsdenken verbinden wir Autorität mit diktatorischen Vollmachten. Doch das muss nicht sein. Der französische Philosoph Montesquieu hat im 18. Jahrhundert das Prinzip der Gewalten­teilung aufgestellt. Wir brauchen nicht nur eine, sondern viele Autoritäten. Jede auf einem anderem Gebiet. Sie kontrollieren einander. Das sorgt dafür, dass jeder nur in dem Bereich Macht ausübt, in dem auch die nötige Kompetenz besitzt. In den übrigen Bereichen ist er dagegen Laie und muss sich den Regeln einer anderen Autorität unterordnen.

Wie können Sie Ihre persönliche Autorität stärken?

  • Trainieren Sie Ihr Selbstbewusstsein.
  • Trainieren Sie Ihr Charisma.
  • Äußern Sie eine feste Meinung nur dort, wo Sie sich auskennen. Bei anderen Themen geben Sie sich nachdenklich. Hören Sie zu, was andere Ihnen erzählen.
  • Diskutieren Sie Probleme und Ideen, aber halten Sie sich zurück bei Klatsch, Tratsch und Halbwissen über andere Menschen.
  • Zeigen Sie sich als stabile, berechenbare Persönlichkeit. Verhalten Sie sich nicht heute so und morgen entgegengesetzt.
  • Suchen Sie sich ein begrenztes Gebiet, dass Sie interessiert, und erwerben Sie dort gründliches Wissen. Dann gelten Sie bald als Autorität in diesem Bereich.

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veröffentlicht im Mai 2009 © by www.berlinx.de

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