Durch geschicktes Taktieren zum Ziel
Warum Streit, Drohungen und Machtkämpfe? Friedliches Aushandeln von Interessengegensätzen eignet sich nicht nur für die hohe Politik, sondern verwandelt auch im Alltag große Hürden in kleine Probleme, die sich einvernehmlich lösen lassen.
Fritzi und Markus wollen zusammenziehen. Sie bringt eine Katze in die neue Wohngemeinschaft mit, er einen Hund. Die Tiere fauchen sich an. Eine Zeitlang versuchten beide, den anderen zu überzeugen, auf sein Haustier zu verzichten. Natürlich gab keiner nach. Eine Zeitlang schoben sie das Problem hinaus. Aber auf Dauer zwei Mieten zahlen, obwohl sie ihre gesamte Freizeit miteinander verbringen? Eine Lösung muss her. Aber wie?
Eine klassische Verhandlungssituation. Sie liebt ihre Katze. Er würde niemals seinen treuen Irish Setter weggeben. Aber die Liebe daran scheitern lassen? Paare passen nur selten perfekt zusammen. Wo zwei oder mehr Menschen zusammen kommen – privat oder im Job – treten Interessengegensätze auf. Es gilt, für sie eine Regelung zu finden. Nur Robinsons mit eigener Insel brauchen sich nach niemandem zu richten.
Jeder, der schon einmal versucht hat, Streitigkeiten friedlich beizulegen, weiß: Es geht nicht nur um eine sachgerechte Lösung. Konflikte haben auch immer mit Gefühlen zu tun. Wer nachgeben soll, ist leicht gekränkt. Seine Ansprüche werden infrage gestellt. Man fühlt sich unter Druck, seine Wünsche zu rechtfertigen. Ich soll verzichten und gleichzeitig Dinge akzeptieren, die ich für unsinnig halte, nur weil sie dem Partner gefallen? Da kommt Ärger auf. Gespräche über Streitthemen sind immer Wanderungen über ein Feld emotionaler Tretminen.
Erfolgreiches Verhandeln berücksichtigt eine Reihe bewährter Grundsätze, die wir Ihnen in den folgenden Absätzen vorstellen. In den Teilen 2 und 3 dieses Artikels lernen Sie dann die 32 raffiniertesten Verhandlungstaktiken kennen, die clevere Diplomaten und andere Verhandlungsführer im Laufe der Jahrhunderte erprobt haben.
Prüfen Sie, ob Sie überhaupt verhandeln müssen. Verhandeln heißt immer: Gegensätze sind aufeinander getroffen, und jeder beharrt auf seinen Forderungen. Oft muss es gar nicht erst soweit kommen. Wenn Sie vorher sehen, dass sich ein kleines Problem zu einem handfesten Krach zuspitzen könnte, reagieren Sie im Vorfeld. Räumen Sie das Ärgernis aus dem Weg, solange es noch klein ist.
Sorgen Sie für freundliche Atmosphäre. Im heftigen Streit verhandelt es sich schlecht. Sind Schimpfwörter gefallen, zieht Misstrauen ein. In solchen Fällen kümmern Sie sich erst um bessere Stimmung. Schlagen Sie eine Vertagung vor. Entschuldigen Sie sich für heftige Worte, auch dann, wenn Sie sich im Recht fühlen. Eröffnen Sie das Gespräch mit einer Runde Smalltalk, bevor Sie sich in das ernste Sachgespräch stürzen.
Bestimmen Sie Ihre Ziele. Der beste Erfolgsgarant ist eine gute Vorbereitung. Sie werden Ihre Ziele nur durchsetzen, wenn Sie sie genau kennen. Was sind Ihre Maximal-, was Ihre Minimalziele? Legen Sie konkret fest, was Sie im günstigsten Fall erreichen möchten. Und was Sie mindestens durchsetzen wollen, damit die Verhandlungen für Sie überhaupt einen Sinn haben. Überlegen Sie sich außerdem, in welchen Punkten Sie nachgeben können.
Erkunden Sie die Ziele der Gegenpartei. Wissen Sie genau, was Ihr Gegenüber möchte? Oft bleibt ein Streit an der Oberfläche. Eine Frau beschwert sich beispielweise, dass Ihr Mann seine Klamotten herumliegen lässt. Sie könnten nun verhandeln, wie oft er aufräumt. Aber darum geht es ihr gar nicht. Sie möchte, dass er sich mehr für den Haushalt interessiert und von sich aus Aufgaben übernimmt. Fragen Sie also zuerst behutsam nach, was Ihr Gegenüber geändert haben möchte.
Streiten Sie nicht, wer Recht hat – suchen Sie eine Einigung. Jeder glaubt im Recht zu sein. Darüber zu streiten ist müßig. Keiner wird nachgeben – und wenn doch, dann nur um seine Ruhe zu haben. Sagen Sie: „Okay, vielleicht bin ich im Unrecht. Aber was du erwartest, kann ich nicht tun. Können wir eine Lösung finden, mit der ich zurechtkomme?“ Hier nutzen Sie das Prinzip der Gegenseitigkeit. Da Sie in der Frage des Rechthabens nachgegeben haben, fühlt sich Ihr Gegenüber verpflichtet, nun Ihnen entgegenzukommen.
Stellen Sie die Vorteile einer Einigung heraus. Beschreiben Sie, wie sich die Lage für Ihren Partner verbessert, wenn er sich mit Ihnen einigt. Stellen Sie die Gemeinsamkeiten heraus, die trotz aller Streitpunkte zwischen Ihnen bestehen.
Für und Wider als Vorschläge. Unterbreiten Sie Ihre Wünsche nicht als Forderungen. Stellen Sie kein Ultimatum. Das würde nur die Fronten verhärten. Was Sie auch durchsetzen wollen, beginnen Sie Ihre Sätze mit: „Ich schlage vor …“ Geben Sie sich nicht mit allgemeinen Absichtserklärungen zufrieden. Legen Sie die Details fest. Vergewissern Sie sich, dass Sie sich am Ende auch in den praktischen Einzelheiten einig sind.
Einigen Sie sich vorläufig. Die meisten scheuen eine endgültige Festlegung. Sie werden viel mehr erreichen, wenn Sie vorschlagen, sich provisorisch zu einigen. Sagen Sie: „Probieren wir erst einmal vier Wochen lang aus, wie unsere Einigung praktisch funktioniert.“ Ein für allemal zuzustimmen, würde auch gar nichts nützen. Wenn Ihrem Partner nach ein paar Tagen das Ergebnis nicht mehr gefällt, kündigt er die Einigung trotzdem auf.
Vereinbaren Sie Kontrolle und Nachverhandlung. Sie haben sich geeinigt, Das bedeutet, Sie sind jetzt Partner eines Vertrages. Als Partner bleiben Sie im Gespräch. Reden Sie darüber, was funktioniert und was nicht. Welche Verbesserungen möglich sind oder ob Sie gar Ihre Einigung auf weitere Gebiete ausdehnen. So festigen Sie im Laufe der Zeit Ihre Gemeinsamkeiten und erleichtern sich künftige Verhandlungen.
Dieser Artikel wird mit zwei weiteren Beiträgen fortgesetzt.
zum Teil II
veröffentlicht im April 2011 © by www.berlinx.de
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