In den Medien ist Sex allgegenwärtig. Im realen Leben scheint der Sex dagegen auszusterben. Laut Statistiken der Sexforscher haben Männer und Frauen „es“ noch nie so wenig getan wie heute. Gibt es Auswege aus der Lustlosigkeit?

Vergleichen Sie einmal Spielfilme aus den 1970er Jahren mit denen von heute. Damals galt Sex als vergnüglich und Zeichen von Lebenslust. Aktuelle TV- und Kinofilme vermitteln ein anderes Bild:

Sex ist gefährlich: Betrüger nutzen ihn, um das Vertrauen naiver Opfer zu gewinnen. Er ist häufig verbunden mit Gewalt und tödlichen Krankheiten.

Sex geht von problematischen Personen aus: Unbeherrschte Männer wollen rücksichtslos ihre Triebe ausleben. Verführerische Frauen manipulieren Männer, um ihnen mit ihren Reizen Geld und andere wertvolle Güter abzuschwindeln. Sex wirkt wie eine Drogensucht, der starke Persönlichkeiten widerstehen.

Sex ist kriminell oder krankhaft: Sex wird häufig im Zusammenhang mit Missbrauch, Vergewaltigung, Stalking, Ansteckung oder gefälschten Potenzmitteln dargestellt. Doch die Zahl krimineller Sexualdelikte hat seit den 70er Jahren abgenommen. Die Zahl der Sexualmorde sank innerhalb von zehn Jahren um mehr als ein Drittel. So berechtigt Warnungen vor AIDS sind: Über den Schutz vor Krankheiten, die bei uns viel häufiger zum Tode führen – von Masern bis Tuberkulose – erfährt die Öffentlichkeit allerdings weniger.

Dieses gesellschaftliche Klima ist schuld, dass Sex kein reines Vergnügen mehr ist. Bei der Frage, was die schönste Nebensache der Welt ist, erreicht Sex nur noch Platz 3 mit 14 Prozent der Befragten – nach Essen und Trinken (18 Prozent) und Sport (17 Prozent). So die Zahlen einer neuen Umfrage aus der TV-Zeitschrift Funkuhr (Heft 28/07).

Langjährige Paare, bei denen die Leidenschaft zurückgeht, gab es auch früher schon. Doch um 1970 suchten die Paare am häufigsten wegen Orgasmus- und Erektionsstörungen die Sprechstunden von Sexualtherapeuten auf. Heute ist Lustlosigkeit der häufigste Grund. In zahlreichen Büchern geben die Fachleute Ratschläge, um das Begehren wieder anzufachen – oder sich mit der Situation abzufinden.

Selbstverständlich kann man auch ohne Sex freundschaftlich zusammenleben. Dann wird aus dem Liebespaar eine WG zur effektiven Bewältigung des Alltags. Aber sind sie damit zufrieden?

Eine Minderheit von Langzeitpaaren schafft es, das Feuer immer neu zu entfachen. Was ist ihr Erfolgsrezept?

Sex als Hobby. Lustvolle Paare nehmen ihre Intimität wichtiger als andere Alltagsfreuden. Sie verfolgen interessiert alles Neue, was darüber berichtet wird. Sie probieren Neues aus und verhindern so, dass ihre Motivation mit den Jahren einschläft.

Sex nicht als Waffe einsetzen. Wer sich über den Partner ärgert, verweigert körperliche Nähe. Selbst dann, wenn die Abwehr nicht als „Bestrafung“ gemeint ist, wirkt sie so. Der andere ist in seinem Stolz gekränkt. Aus Furcht, erneut einen Korb zu erhalten, wird er sein Begehren nur noch selten oder gar nicht mehr äußern.

Experimentierfreude statt Ansprüche auf Perfektion. Viele handeln nach dem Motto: „Entweder er/sie gibt mir genau das, was ich erwarte, oder ich verzichte lieber.“ Sehr ungünstig – da beide in der Regel unterschiedliche Wünsche haben. Dann treffen zwei Kontrahenten aufeinander, die ihre Wünsche mit Macht durchsetzen wollen. Erfolgspaare gehen ohne Vorbedingungen aufeinander zu. Sie spielen sich mit wechselseitigem Geben und Nehmen aufeinander ein.

Unterschiede genießen statt abwehren. Gemeinsame Ansichten bilden das Fundament einer guten Beziehung. Knisternde Erotik lebt jedoch vom Anderssein. Ihr Partner will nicht so wie Sie? Reagieren Sie statt mit Vorwürfen mit Neugier. Lustlosigkeit ist für viele Paare nämlich ein bequemer Weg, sich vom andern abzugrenzen.

Intime Gespräche. Das Begehren erlischt, wenn jeder sich im Laufe des Zusammenlebens in die eigene Innenwelt zurückzieht. Frisch Verliebte vertrauen einander jeden intimen Gedanken und jedes Gefühl an. Langzeitpaare besprechen oft nur noch die Alltagsorganisation. Ihre Sorgen und Freuden teilen sie dagegen lieber der besten Freundin oder dem besten Freund mit. Fehlt das intime Gespräch, erlischt auch das Bedürfnis nach körperlicher Intimität.

Unser Buchtipp:
Ulrich Clement: Guter Sex trotz Liebe. Ullstein Verlag, € 18,–
Keine technischen Sextipps, sondern Psychologie des Dauerbegehrens!

Veröffentlicht im September 2007 © by www.berlinx.de

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