Kaum noch jemand heiratet seine erste Jugendliebe. Doch wer ist der (oder die) Richtige? Der 2., 20. oder 200.? Laut einer neuen Studie bestimmt das nicht der Zufall, sondern ein statistisches Gesetz.
Wir leben im Zeitalter der Computersimulation. Ob Autos, Medikamente oder Kondome – der Praxistest findet immer häufiger im Innern von Rechnern statt. Warum nicht auch die Partnersuche, dachte sich der Berliner Evolutionspsychologe Peter Todd. Er schickte 100 virtuelle Singles auf die Computerpiste und ließ sie einander nach Herzenslust prüfen. Er gab ihnen unterschiedliche Eigenschaften mit auf den Weg. Die einen hatten mehr Intelligenz und Humor, die anderen weniger – besaßen dafür aber mehr äußere Vorzüge. Das Ergebnis ähnelte dem wahren Leben. Nach einer Zeit des Umherschauens versuchte jede Cyberfigur einen attraktiven Partner für sich zu begeistern. Einige Paare gingen zum virtuellen Traualtar, andere waren am Ende wieder Singles.
Der Sinn des Ganzen? Der Forscher wollte herausfinden, wie lange die Partnersuche dauerte und wovon ihr Erfolg abhing. Bisher befragten die Psychologen reale Paare. Doch wer weiß schon, ob sie die Wahrheit sagen? Ob sie ihre Erinnerungen nicht nachträglich rosarot färben? So weiß man, dass bei der Zahl ihrer Partner Männer über-, Frauen untertreiben. Dank Peter Todd wissen wir jetzt: Statistisch braucht der Mensch 12 Fehlschläge. Mit dem 13. wird er glücklich.
Das ist ein Durchschnittswert. Selbstverständlich gibt es Leute, die Ihre Sandkastenliebe heiraten. Und andere, die über Jahre zahllose Affären hatten, und erst beim 50., 100. Oder gar keinem Partner hängen blieben. Aber häufiger liegt die optimale Zahl bei der fatalen 13. Warum?
Das hat mit unserem Entscheidungsverhalten zu tun. Wir haben als Teenager nur vage Vorstellungen, wie Partner beschaffen sein müsste, der zu uns passt. Jeder Liebesversuch rückt unsere Ideale ein Stück näher an die Realität. Wir erfahren nicht nur, dass das auf den ersten Blick tolle Wesen auch immer einige unerfreuliche Eigenschaften mitbringt. Wir lernen auch, was andere an uns liebenswert finden und was nicht. Peter hielt sich für humorvoll, bis seine ersten beiden Freundinnen ihm sagten, er solle seine blöden Witze stecken lassen. Statt dessen mochten sie, dass er sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen ließ.
Die Umstände einer Wahl beeinflussen das Wahlverhalten. Bei der Wahl zum Bundestag haben Sie alle Alternativen gleichzeitig vor Augen. Sie stehen auf Ihrem Wahlzettel. Hier entscheiden Sie nach dem „Best-of“-Prinzip. Sie nehmen das Beste, was auf der Liste steht. Oder Sie enthalten sich der Stimme.
Anders die Partnerwahl. Wenn Sie nicht gerade fremd gehen, prüfen Sie in jedem Moment immer nur einen Kandidaten. Auch wenn er Ihnen gefällt – Sie wissen nie, ob einer der nächsten nicht noch besser zu Ihnen passen würde. In dieser Lage entscheiden wir nach dem „Gut-genug“-Prinzip. Denken Sie an einen Schuhkauf. Sie gehen in den ersten Laden, lassen über 90 Prozent der Schuhpaare gleich links liegen und probieren drei oder vier an. Gefällt Ihnen keins so richtig an Ihrem Fuß, gehen Sie in den nächsten Laden. Im fünften oder sechsten Laden entscheiden Sie: „Jetzt reicht es“ und kaufen das Paar, das am ehesten Ihren Vorstellungen entspricht. Oder Sie beschließen keine Abstriche an Ihren Ansprüchen zu machen. Dann kaufen Sie nichts, in der Hoffnung, in drei Monaten unter den Modellen der Herbstkollektion das Richtige zu finden.
Die Partnerwahl verläuft ähnlich. Nachdem Sie sich einige Male verliebt und wieder getrennt haben, merken Sie, dass bestimmte Probleme immer wieder auftauchen. Sie wissen, mit welchen Macken Sie auf keinen Fall zurecht kommen. Und welche Sie tolerieren können, wenn alles übrige stimmt. Sie wissen auch, welche Typen nach einiger Zeit zu Ihnen auf Distanz gehen, und bei welchen das Interesse anhält. Nach rund zwölf Mal Lieben wissen Sie Bescheid. Sie kennen jetzt Ihr realistisches Anspruchsniveau. Der nächste, der ihm entspricht – oder besser, es leicht überschreitet – ist eine optimale Wahl. Wenn Sie unter Ihrem Niveau bleiben, werden Sie bald unzufrieden werden und sich sagen: „Ich hab was Besseres verdient.“ Wenn Sie sich jemanden angeln, der sehr hoch über Ihrem Anspruchsniveau liegt, müssen Sie damit rechnen, dass er diesen Satz über Sie denkt.
Eines ist nun klar: Wer nach 20 bis 30 Partner immer noch auf der Suche ist, macht etwas falsch. Entweder will er in Wahrheit nur eine Affäre und hat Angst, sich zu binden. Oder er hat unrealistische Ansprüche. Er jagt einem Ideal nach, hat sich aber nicht überlegt, welcher Partnertyp sich für einen Menschen wie ihn interessieren könnte. Wer zu lange abwartete, musste in der Computersimulation mit einem anderen Übriggebliebenen vorlieb nehmen. Die begehrtesten Partner waren schon vergeben. Im wahren Leben hilft uns das Gefühl verliebt zu sein, die Suche nach dem noch Besseren zu beenden. Alle anderen verblassen vor der Ausstrahlung des/der Liebsten.
Veröffentlicht im Juni 2006 © by www.berlinx.de
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