Jubel, Trubel, Heiterkeit – der Karneval steht vor der Tür. Anlässlich der fünften Jahreszeit widmen wir uns in zwei Beiträgen dem männlichen und weiblichen Lachen. Bevor wir beim nächsten Mal untersuchen, worüber wir lachen, interessiert uns heute erst einmal das Wie.
Das Lachen ist eine Art von Sprache. Wie unser Fähigkeit zu reden, ist das Lachen etwas typisch Menschliches – mit einigen Vorläufern bei höheren Affen. Schon Paviane verfügen in ihrer Mimik über etwas, das einem Lächeln ähnelt. Wenn Schimpansen spielen, setzen sie ein so genanntes Spielgesicht auf, das von kichernden Tönen bei geöffnetem Mund begleitet wird. Damit signalisieren sie: Achtung, nur spaßiges Herumbalgen! Keine Aggression!
Doch vom menschlichen Lachen ist das meilenweit entfernt. Immerhin verraten uns die Affen, dass unser Lachen wohl als Beschwichtigung im sozialen Kontakt entstand, um bedrohliche Situationen zu entschärfen. Das echte Lachen aus vollem Hals kennen nur wir Menschen. Nur wir verstehen Witze und Humor. Noch heute wenden wir nur 20 Prozent unseres Lachens bei lustigen Begebenheiten an. Die übrigen 80 Prozent dienen der Regelung sozialer Kontakte. Etwa bei einer fröhlichen Party. Forscher haben gemessen, das wir in Gruppen bis zu 30 Mal mehr lachen als solo vor dem Fernseher. Wenn jemand allein im Kino eine Komödie sieht, wird er selbst bei den komischsten Stellen nur leise schmunzeln. Aber es genügt, dass eine weitere Person den Raum betritt, und sein Schmunzeln wird sich zu einem Johlen vergrößern – selbst wenn es sich um einen Fremden handelt, der sich in die entfernteste Ecke des Saales setzt.
Trotz seiner sozialen Funktion ist das Lachen angeboren. Es ist ein physiologischer Mechanismus, der chemisch durch Lachgas ausgelöst werden kann – also ohne dass ein Anlass besteht. Sogar eine Form des Hirntumors – das Hamartom – kann ohne Grund Lachreize auslösen, weil es auf die entsprechenden Zentren im Kopf drückt. Egal, was der Auslöser ist: Das Lachen beginnt mit einem Signal aus dem Gehirn, das spasmische Kontraktionen des Zwerchfells einleitet. Dadurch entweicht Luft über die Stimmritzen, die das Lachen hörbar machen. Der Gasaustausch beim Atmen steigt auf das 3- bis 4-fache des Normalen. Lachen bringt nicht nur die gute Laune zum Ausdruck. Wenn eine Anspannung sich in einem befreienden Gelächter löst, baut der Körper über den Gasausstoß innere Spannung ab. Im Gehirn wird eine Region, die Nucleus accumbens heißt, mit dem anregenden Botenstoff Dopamin überschüttet. Der erzeugt eine Euphorie und ein Belohnungsgefühl, wie man es auch nach dem Genuss von Kokain erlebt. Es stimmt also: Lachen kann süchtig machen.
Beim Lachen arbeiten wie bei der Sprache zwei Gehirnzentren zusammen, ein intellektuelles und ein motorisches. Mit Hilfe des funktionalen Magnetresonanz-Bildgebungsverfahrens haben Forscher das Kopfinnere von Freiwillige beim Witzelesen beobachtet. Eine Region im vorderen mittleren Großhirn wird aktiv, um die Witze zu verstehen, der ventromediale Frontallobus. Spielt man ihnen jedoch ein ansteckende Gelächter vor, dessen Anlass sie nicht kennen, erwacht das motorische Supplementärfeld. Das ist eine Hirnregion, die komplexe Bewegungsmuster, aber auch die Tonerzeugung beim Sprechen auslöst.
Noch eine weitere Gemeinsamkeit hat das Lachen mit der Sprache. Es ist angeboren, muss aber erst ausreifen. Neugeborene können noch nicht lachen. Dennoch muss es nicht erlernt werden. Der Beweis: Auch Kinder, die blind und taub auf die Welt kommen, lachen. Obwohl sie nie ein grinsendes Gesicht gesehen und nie ein Kichern gehört haben. Wir lernen allerdings dazu, worüber wir lachen und bei welchen Anlässen. Wir verbinden das Lachen mit anderen Ausdrucksformen, wodurch es vielfältige Formen annimmt. Wir kennen das zwerchfellerschütternde, das komische, traurige, verlegene, groteske, ironische, sarkastische und noch so manches andere Lachen.
Da Männer und Frauen unterschiedlich sprechen – schon ihre Stimmen bewegen sich ja in verschiedenen Tonlagen – ist es nicht verwunderlich, dass sich auch ihr Lachen unterscheidet. Männer neigen zum Grunzen und Prusten, während Frauen eher glucksen und kichern. Jo-Anne Bacharowski von der Vanderbilt Universität in Nashville (USA) hat mir ihren Kollegen die Lachtöne von Freiwilligen aufgezeichnet, denen sie Filmausschnitte aus „Harry und Sally“ sowie Monty-Python-Sketchen zeigte. Beide Geschlechter erreichen dabei Tonhöhen, von denen Opernsänger nur träumen können. Männer kamen bis in die Höhen eines Soprans, Frauen sogar bis auf deren doppelte Höhe.
Frauen sind variabler im Lachen als Männer. Das weibliche Lachen hängt stark davon ab, in wessen Gesellschaft sie sich befinden. In der Nähe ihres Liebsten lachen sie mehr als in Anwesenheit einer Freundin oder von Fremden. Ist der Fremde ein Mann, erreicht ihr Lachen größere Tonhöhen als sonst. Männer variieren nur die Stärke ihres Lachens. In Anwesenheit einer unbekannten Schönen halten sie sich eher zurück. Das heißt, beim Flirten lacht sie mehr, er weniger als sonst. Ihr Lachen erfüllt dann die alte biologische Funktion der Beschwichtigung, während er – indem er alle seine Laute dämpft – versucht, weniger bedrohlich zu wirken.
Lesen Sie auch unseren Artikel „Lach dich gesund“
In der nächsten Ausgabe:Herrenwitze und WeiberspottMännlicher und weiblicher Humor
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