Natürlich und dennoch mit Unbehagen erwartet: die Menopause. Sie gibt das Signal für das beginnende Alter. Wie ungerecht: während alle Frauen vom Klimakterium betroffen sind, scheint der Mann unbeschadet über diese Zeit zu kommen. Oder doch nicht? Neuerdings heißt es, auch der Mann erlebe Wechseljahre. Sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern beim Altern geringer als bisher gedacht?
Kindheit, Jugend, Erwachsensein, Alter – jedes menschliche Leben ist durch den Wechsel von Phasen gekennzeichnet. In den Übergängen sind wir besonders sensibel und für Veränderungen empfänglich. Neben der Pubertät gilt dies vor allem für die Zeit zwischen 40 und 50. Zwei Drittel aller Frauen leiden in dieser Zeit körperlich und seelisch. Neben eindeutigen Symptomen wie den oft zitierten Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und Depressionen macht ihnen die Veränderungen in ihrem Selbstbild zu schaffen. Die Fixierung auf die Jugendlichkeit in den Medien hat Folgen. Eben gehörte man noch dazu – und nun? Vor allem Frauen, die sich stark über ihr Äußeres definierten und in traditioneller Rollenverteilung lebten, empfinden nun Panik. Selbstmitleid und Angst, in der Weiblichkeitskonkurrenz für immer auf die Verliererseite zu gelangen, beeinträchtigen die Lebenslust mehr als die eigentlichen Symptome des Klimakteriums.
Der Beginn der Menopause ist zu 85 Prozent in den Genen festgelegt. Das ergab eine Zwillingsstudie der Universität von Utrecht (Niederlande). Die Wissenschaftler empfehlen Frauen mit spätem Kinderwunsch nach ihren älteren weiblichen Verwandten zu schauen. Kamen diese früh in die Menopause, müssen auch sie damit rechnen, daß ihre Fruchtbarkeit früh zu Ende geht. Auslöser ist das Hormon GnRH, das im Gehirn produziert wird und die Reifung der Eier in den Eierstöcken einleitet. Sinkt seine Menge unter einen Grenzwert, stellt sich auch der übrige Hormonhaushalt um. Insbesondere das Sexualhormon Östrogen verringert sich und löst eine Reihe von fühlbaren Beschwerden aus: Zyklusschwankungen, Müdigkeit, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen, Hitzewallungen, Reizbarkeit, sexuelle und allgemeine Unlust bis hin zu Herzrhythmusstörungen. Die Anfälligkeit für Herz- und Kreislauferkrankungen stiegt deutlich an – Östrogen stellt nun nicht mehr einen natürlichen Herzschutz dar. Auch die Knochendichte kann nachlassen, bis hin zu Osteoporose.
Jede dritte Frau übersteht diese Jahre ohne Symptome. Die Regel wird unregelmäßig und bleibt aus – ansonsten ändert sich nichts. Die meisten erleben leichte Beeinträchtigungen. Manche aber fühlen sich regelrecht krank. Dann kann der Arzt mit Hormongaben gegensteuern. In einigen Fällen wurde mit Hormonen die Fruchtbarkeit künstlich aufrechterhalten – zum Beispiel, um einen späten Kinderwunsch noch zu ermöglichen. Das ist aber gefährlich. Hormongaben steigern das Krebsrisiko (besonders Brustkrebs). Experten raten, Hormone nicht länger als fünf Jahre einzunehmen und lieber auf Pflanzenpräparate wie Hopfen, Mönchspfeffer oder Rhabarberwurzel zurückzugreifen, um die Beschwerden zu lindern.
Wie eine Frau die Umstellung wahrnimmt – ob als leichtes körperliches Unwohlsein oder als schwere Beeinträchtigung – hängt jedoch stark von den kulturellen Normen ab. Das ergaben Befragungen von insgesamt 16 000 Frauen in aller Welt. Japanerinnen und Chinesinnen bemerken am wenigsten von den Veränderungen. Nur über zunehmende Vergeßlichkeit klagen sie genauso oft wie europäische Frauen. Die Beschwerden waren im Schnitt geringer bei steigendem Bildungsniveau und Lebensstandard. Hingegen nahmen sie mit dem Alter, mit Nikotingenuß und Fettleibigkeit zu. Ein Trost für dicke Frauen: Sie klagen weniger über Hitzewallungen als schlanke.
Und die Männer? Glaubt man den Medien, sind sie gleich doppelt betroffen: von Wechseljahren und Midlifecrisis. In Wahrheit wurde bei ihnen nur Seelisches und Körperliches auf zwei Begriffe aufgeteilt. Die Midlifekrise ist ein seelisches Phänomen, definiert als eine Zeit des persönlichen Umbruchs, die einher geht mit Ängsten und Befürchtungen im Zusammenhang mit dem Älterwerden. Sichtbares Zeichen ist der „zweite Frühling“: Männer suchen sich junge Freundinnen, werfen den Karrierejob hin, entdecken auf einmal Mode und Fitness für sich. Repräsentative Umfragen zeigen, daß die männliche Midlifekrise nur eine kleine Minderheit betrifft. Nur ein Viertel sagt von sich, eine Midlifekrise erlebt zu haben. Und wiederum mehr als die Hälfte dieses Viertels nennt lediglich stressreiche Ereignisse als Beleg, die auch in jedem anderen Alter hätte auftreten können. Echte Krisen, die im Zusammenhang mit der Furcht vor dem Alter stehen, erlebt höchstens jeder zehnte Mann.
Unter männlichen Wechseljahren versteht man ein deutlichen Nachlassen der Hormonproduktion, vor allem des Testosterons – des männlichen Gegenstücks zum weiblichen Östrogen. Bei Männer geht die Hormonproduktion zwischen 25 und 50 im Schnitt auf etwa die Hälfte zurück. Während bei allen Frauen innerhalb weniger Jahre die Östrogenproduktion stark abfällt, sinkt bei den meisten Männern die Konzentration des Hormon nur allmählich. Deshalb ist eine Minderheit von Männern auch im hohen Alter noch potent und zeugungsfähig. Von Wechseljahren sprechen die Mediziner aber nur von einer kleinen Gruppe mit plötzlichem Testosteronabfall. Diese erleben dann ähnliche Symptome wie Frauen im Klimakterium, also Hitzewallungen, Depressionen, Schwächezustände, umfassende Unlust. In diesen Fällen steuern Ärzte ebenfalls mit Hormongaben dagegen. Mit ähnlichen Risiken. Was bei Frauen das Brustkrebsrisiko, ist bei den betroffenen Männern eine erhöhte Anfälligkeit für Prostatakrebs.
Ob wir diese Jahre als schmerzhaften Einbruch oder eher ruhig (oder gar als positiver Neuanfang) erleben, hängt von uns selbst ab:
Eine gemüse- und obstreiche Ernährung – besonders roter Paprika und Tomaten – regt die Hormonproduktion an;
Ein stabiler Tagesablauf beugt Stimmungsschwankungen und Motivationsverlusten vor;
Sport und Fitness stabilisieren den Körper, so daß er Symptome der körperlichen Umstellung besser toleriert;
Neue Interessen verfolgen – am besten als Paar oder im Freundeskreis – hilft, diese Zeit als Beginn eines Aufbruchs zu neuen Ufern zu erleben.
Veröffentlicht im November 2001 © by www.berlinx.de
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