Glückliche Langzeit-Beziehungen sind seltener geworden als Trennungen. Die Sehnsucht nach der lebenslangen Liebe lebt aber fort. Ihre Erfüllung bleibt weiter möglich, allerdings verlangt sie einige Anstrengungen. Insbesondere die Fähigkeit, die Verschiedenheit der Partner als Chance zu sehen.

Bei Befragungen von Paaren, die mehr als zwanzig Jahre verheiratet sind und ihre Ehe als glücklich einschätzen, fanden Forscher eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Sie zeigen: das lebenslange Glück verlangt weder eine besondere Begabung noch das Zusammentreffen zweier sich perfekt ergänzender Charaktere. Worauf es ankommt, ist vielmehr der feste Wille, zusammen dauerhaft glücklich zu sein und dafür täglich etwas zu tun. Dies sind die wichtigsten Punkte:

Akzeptanz. Am Anfang jeder Beziehung steht Bewunderung, die jedoch nach einigen Monaten einer realistischen Einschätzung weicht. Das bedeutet, wir sehen, daß der Partner neben liebenswerten Seiten einige störende Eigenheiten hat, die wir ihm gern abgewöhnen würden. Frauen fangen an, den Mann zu kritisieren, was er als Nörgelei empfindet. Er wiederum fängt an, sie zu gängeln und in väterlicher Manier Anweisungen von sich zu geben, wenn sie lediglich ein verständnisvolles Ohr für ihre Sorgen sucht. Glückliche Paare haben auf gegenseitige Erziehungsversuche verzichten gelernt. Statt dem andern zu sagen, was er tun soll, äußern sie lieber Wünsche, die leichter auf ein offenes Ohr stoßen als Anordnungen und Beschwerden.

Konstruktiv streiten. Konflikte sind unvermeidbar, da keine zwei Menschen dauerhaft ein Herz und eine Seele sein können. Entscheidend für die Beziehung ist, wie der Konflikt ausgetragen wird. Jeder Streit um die Frage, wer recht hat und richtig handelte, wirkt zerstörerisch. Frauen neigen dazu, abweichende Meinungen als Zeichen von Liebesverlust zu nehmen. Männer wiederum fühlen sich in ihrer Kompetenz angegriffen. Ein konstruktiver Streit akzeptiert die Verschiedenheit und sucht nach Lösungen für die Zukunft. Die beiden klären zunächst, worin die Meinungsverschiedenheit besteht, welche unterschiedlichen Wünsche hinter dem Konflikt stehen – und suchen dann nach möglichen gemeinsamen Lösungen.

Gemeinsamkeiten aufbauen. Dies wird immer schwieriger, da Individualität sehr in Mode ist. Immer häufiger treffen zwei Personen aufeinander, die nicht ein gemeinsames Hobby haben. Wenn beide noch in der ersten Phase der Verliebtheit anfangen, sich Interessen zu suchen, denen sie zusammen nachgehen, läßt sich diese Hürde überwinden. Sex ist zwar wichtig, reicht aber auf Dauer als Band nicht aus. Außer Hobbys verbinden ein Paar auch kleine Alltagsrituale.

Freiräume. Neben den Gemeinsamkeiten werden unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse bestehen bleiben. Glückliche Paare nehmen sie nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung, die beide immer wieder neu in die Beziehung einbringen. Das bedeutet, das beide einen Teil ihrer Zeit allein oder mit anderen Leuten verbringen. Frauen haben im allgemeinen stärkere Bedürfnisse nach Nähe, während die Männer nach Zeiten starker Nähe unwillkürlich nach Unabhängigkeit suchen. Das richtige Maß als Paar zu finden, kann einige Zeit dauern. Je mehr die Distanzbedürfnisse respektiert werden, desto eher suchen die Partner von allein wieder die Nähe – und empfinden sie nicht als einengende Verpflichtung, sondern als Glück.

Wir-Gefühl. Es kommt nur in zweiter Linie darauf an, wieviel Zeit beide tatsächlich miteinander verbringen. Entscheidender ist, ob die Partner sich auch dann, wenn sie für sich sind, mit dem andern verbunden fühlen. In den letzten Jahren nimmt die Zeit der Leute zu, die sich als Karriere-Persönlichkeit sehen, die nebenher noch eine Partnerschaft laufen hat. Die Stabilität solcher Beziehungen ist gering. Nur wo beide sich zuerst als Partner sehen, die an einem Strang ziehen und innerhalb dieser Einheit ihre individuellen Ziele verfolgen, übersteht die Beziehung auch stärkere Belastungsproben.

Sein wie der andere uns erleben möchte. Offenheit und Ehrlichkeit sind wichtig, aber nicht ausreichend. Glückliche Beziehungen beinhalten eine gewisses Maß an Manipulation und Verstellung. Das Idealbild, daß wir uns anfangs vom Partner machten, weicht bald einer Ernüchterung. Ihr geht es mit uns ähnlich. Glückliche Paare finden eine Balance zwischen Idealisierung und Realität. Er sieht sie als scharfe Geliebte in gewagtem Minirock und engem Top? Sie sieht in ihm den verständnisvollen Zuhörer und starke Schulter in Krisenzeiten? Kluge Partner folgen der „Als-ob“-Strategie. Sie spielen wenigstens zeitweise das Spiel des andern mit und erfüllen seine Wünsche – auch wenn sie lieber sich im Schlabberpullover aufs Sofa fallen lassen und er lieber den Fernsehnachrichten als ihren kleinen Sorgen zuhören würde.

Leidenschaft bewahren. Leicht gesagt, wenn der Partner durch seine tägliche Anwesenheit seine letzten Geheimnisse verliert! Doch die Mühe lohnt sich, nicht zuletzt, um den eigenen Spaß an Sex, Eroberung und Zärtlichkeit nicht zu verlieren. Die größte Gefahr, die langandauernden Beziehungen droht, ist Verwandlung von Mann und Frau in eine Art Bruder und Schwester. Alles, was die beiden noch zusammenhält, ist eine oberflächliche Freundschaft aus Gewohnheit und Langeweile. Schläft das Feuer gegenseitiger Anziehung ein – greifen Sie zu allen nur denkbaren Mitteln, um es wieder anzufachen. Kurzurlaub in romantischer Umgebung, neue sexuelle Varianten ausprobieren, ein Liebesmal inszenieren … Das erfordert einigen Aufwand und vielleicht auch Überwindung. Doch die wiedererwachende Leidenschaft ist es wert. Geben Sie Ihrer Partnerin Zärtlichkeit und Geborgenheit bzw. Ihrem Partner die Chance Sie immer wieder neu zu erobern und in Ekstase zu versetzen.

Emotionaler Gesprächsstil. In vielen Beziehungen sinkt die Zeit für Gespräche auf unter fünf Minuten am Tag. Glückliche Paare reden viel miteinander. Aber worüber? Schließlich erlebt man das meiste miteinander, hat sich also nicht viel allein Erlebtes zu erzählen. Das Geheimnis besteht im Wie. Vertraute Partner tauschen nicht so sehr Fakten aus, als vielmehr ihre Empfindungen. Daß vielen diese Gespräche nicht gelingen, liegt nicht an einer generellen Mundfaulheit. Sowohl Männer als Frauen können jeden Tag stundenlang mit ihren besten Freunden reden. Im Paar treffen aber ein Mann und eine Frau aufeinander und damit unterschiedliche Gesprächsstile (siehe Teil 3 unserer Serie). In glücklichen Paaren hat der Mann gelernt ihr zuzuhören und die Frau nach Dingen zu fragen über die Männer gern reden: berufliche Erfolge, Hobbys und ähnliches.

Veröffentlicht im Juli 2000 © by www.berlinx.de

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