Warum es unmöglich ist, Krankheiten zu vermeiden

„Leben ist eine Krankheit mit garantiert tödlichem Ausgang.“ Das ist mehr als ein witziges Bonmot. Gesundheit gibt es nicht auf Dauer, sondern nur als vorüber­gehenden Zustand.

Können wir Krebs, Herzinfarkt und Schlaganfall durch eine gesunde Lebens­weise vermeiden? Nicht zu hundert Prozent, sagen uns die Experten. Aber Sie können Ihr Risiko erheblich senken. Wie viel ist „erheblich“? Da sind sich die Fachleute schon weniger einig. Meist bewegen sich ihre Versprechen um die 30 Prozent. 70 Prozent entfallen auf Gene, frühe Kindheit und Umwelt­faktoren.

Doch auch diese 30 Prozent sind mit Vorsicht zu betrachten. Was heißt „gesunde Lebensweise“? Kein Alkohol, keine Zigaretten, kein Übergewicht und viel Bewegung. Aber wie immer liegt der Teufel im Detail. Folgen Sie der einen Empfehlung, verstoßen Sie automatisch gegen eine andere. Wir haben einige Beispiele für Sie zusammen­gestellt.

  • Treiben Sie Sport. – Vorsicht vor Unfällen und Sportver­letzungen mit ihren Spätfolgen. Angeborene Fehl­stellungen von Gelenken können Joggen, Fußball, Tennis und so weiter zu einem Risiko machen, wo der Schaden den Nutzen überwiegt.
  • Essen Sie möglichst wenig Fleisch. – Fleisch ist lebenswichtig für die ausreichende Versorgung mit Eisen, Vitamin B12 und einigen Eiweißbausteinen.
  • Meiden Sie Alkohol. – Ein Glas Wein oder Bier am Tag schützt die Blutgefäße und beugt Infarkten vor.
  • Bauen Sie Übergewicht ab. Es ist eine Hauptursache von Diabetes, Infarkten, Darmkrebs und weiteren Zivilisationskrankheiten. Übergewicht beginnt bei einem Body-Mass-Index (BMI) von 25 und mehr. – Mäßiges Übergewicht verlängert das Leben, ergaben Studien. Menschen mit einem BMI von 25 bis 30 verfügen bei lebens­bedrohenden Krankheiten über Reserven, die ihre Überlebenschance erhöhen.
  • Meiden Sie Sonnenlicht wegen der Haut­krebsgefahr. – Sonnenlicht ist lebens­notwendig für die Bildung von Vitamin D. Außerdem verbessert es die Immun­abwehr und beugt dem Winterblues vor.
  • Laufen Sie barfuss im Freien, damit trainieren Sie Muskeln und Sehnen der Füße. – Im Freien unbedingt geschlossenes Schuhwerk und lange Hosen tragen, um Zecken abzuhalten, die gefährliche Krankheiten übertragen.
  • Essen Sie möglichst wenig Salz. Es erhöht den Blutdruck und fördert laut einer Studie der Yale-Universität Entzündungen und damit Autoimmun­erkrankungen. – Jodiertes Salz ist notwendig für die Funktion der Schilddrüse. Ein Mangel würde zahlreiche Folge­krankheiten nach sich ziehen.
  • Essen Sie Obst und Gemüse ungeschält, denn in und direkt unter der Schale  befinden sich die meisten Vitamine. – In der Schale reichern sich Pestizide an. In den Tropen ist Schälen ein Muss, um sich vor Keimen zu schützen.
  • Gehen Sie zu jeder Vorsorge­untersuchung. – Studien ergaben, dass der kostenlose Gesundheits­check ab 35 kein Leben verlängert und keine Todes­fälle vermeidet. Screening für Brustkrebs rettet einer von tausend Frauen, die sich untersuchen lassen, das Leben. Für die übrigen 999 ist die Untersuchung nutzlos oder wegen Verdachts­biopsien sogar schädlich. Ähnliches gilt für die Vorsorge gegen Prostatakrebs.

 

Wir leben immer ungesünder – werden aber immer älter. Dieser Effekt ist nur zu einem Bruchteil auf den medizinischen Fortschritt zurückzuführen, also auf die Lebens­verlängerung durch intensive Therapien. Die Hauptursache liegt im wachsenden Wohlstand.

Welche Lehren können wir aus den oben genannten Beispielen ziehen?

Sie können alles richtig machen und doch chronisch erkranken. Normalgewicht ist keine Versicherung gegen Diabetes oder Bluthochdruck. Risiken meiden bringt nur einen statistischen Effekt. Das bedeutet, von tausend gesund Lebende erkranken etwa 330 einige Jahre später an Infarkt, Krebs oder Schlaganfall. Sie können nicht wissen, ob Sie zu den Glücklichen gehören werden. Selbst wenn – das Hauptrisiko für alle chronischen Krankheiten ist das Alter. Das klopft eines Tages bei jedem an die Tür.

Ein Risiko meiden heißt ein anderes eingehen. Nur beim Rauchen und schwerem Übergewicht ist die Lage eindeutig. Bei allem übrigen kommt es auf den Einzelfall an. Was dem einen schadet, ist für einen anderen harmlos oder sogar nützlich.

Extreme schaden zumeist, maßvolle Sünden erhöhen die Lebensfreude. Entspannt leben ist gesünder als jedem Gesundheitstrend hinterherzulaufen.

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veröffentlicht im Mai 2013 © by www.berlinx.de

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