Was Ärzte und Patienten aneinander stört
Die Diskussionen um die Gesundheitsreform haben es an den Tag gebracht: Ärzte sind nicht länger Halbgötter in Weiß, Patienten nicht länger bedauernswerte Kreaturen. Ein Abschied von unrealistischen Erwartungen könnte der Anfang einer wunderbaren Freundschaft sein, in der Arzt und Patient bei der Heilung zusammenarbeiten, statt einander mißtrauisch zu belauern, meint EgoNet.
Nur in Arztserien im Fernsehen ist der Doktor ständig einfühlsam, hat ein Herz auch für schwierige Patienten und handelt aus seinem Gewissen als Heiler heraus und nicht wegen der Honorare. In der Wirklichkeit stehen die meisten Ärzte unter permanentem Zeitdruck und halten ihre Sprechstunden im Akkordtempo ab. Da kommt es vor, daß der Patient zwar allen möglichen, zum Teil überflüssigen Tests unterworfen wird, die dem Arzt Punkte und damit zusätzliche Honorare der Kassen erbringen, aber wesentliche Fragen gerade zur individuellen Krankheitsgeschichte nicht gestellt werden. Die traurige Folge sind Falsche Diagnosen und Kunstfehler. Da mit einer baldigen Änderung unseres Gesundheitssystems, das den Patienten entmündigt und den Arzt unter Streß setzt, nicht zu rechnen ist, hilft nur eins: Wir als Patienten müssen gegenüber dem Doktor aktiv werden. Es geht immerhin um unsere Gesundheit, nicht um seine. Wenn er nicht die nötigen Fragen stellt, haken Sie ohne Scheu selbst nach. Aber äußern Sie zugleich Verständnis für seinen Zeitmangel. Eine Vertrauensbeziehung zwischen Arzt und Patient ist eine zweiseitige Sache. Damit sie gelingt, müssen beide ihren guten Willen zeigen.
Und das sind die Fragen, die während einer Konsultation zur Sprache kommen sollten:
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· Art, Dauer und Verlauf der Beschwerden. Es reicht nicht zu konstatieren, daß Sie zum Beispiel Kopfschmerzen haben. Tut nur eine Kopfseite weh mit besonderem Druck im Auge, handelt es sich um Migräne, Schmerzen, die sich wie ein Kranz um den Kopf legen oder im Nackenbereich deuten eher auf Anspannung und Streß. Wichtig ist auch, ob der Schmerz im Laufe des Tages zunimmt oder in bestimmten Abständen anfallartig auftritt.
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· Fragen nach der Familiengeschichte einer Krankheit und nach Ihrem persönlichen Umfeld. Ersteres ist wichtig für alle Krankheiten, bei denen es erbliche Komponenten gibt (Kreislauf, Bluthochdruck, Thrombosen, Krebs, Diabetes), letzteres für die seelischen Anteile an der Entstehung von Beschwerden und bei der Einschätzung Ihrer Selbstheilungskräfte.
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· Fragen nach Ihrer persönlichen Krankengeschichte, Ihrer Lebensweise und Ihrer Ernährung. Bevor er ein Rezept ausschreibt, sollte sich der Arzt auch vergewissern, ob Sie nicht schon andere Arzneien einnehmen, die in Kombination mit den von ihm verordneten Präparaten gefährliche Nebenwirkungen entfalten.
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· Angebot verschiedener Therapiemöglichkeiten. Ein gutes Zeichen ist es, wenn der Arzt Sie fragt, mit welchen Mitteln und Methoden Sie schon gute Erfahrungen gemacht haben. Ein guter Arzt ist sich stets bewußt, daß das, was bei einem gut wirkt, bei einem andern wirkungslos bleiben oder seinen Zustand gar verschlimmern kann.
Ärzte haben übrigens genauso Grund, über das Verhalten mancher Patienten zu klagen.
Wer auf ein gutes Verhältnis zu seinem Arzt Wert legt, sollte sich vor folgenden Unarten hüten:
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· Unpünktlichkeit: Der Zeitplan einer Praxis ist eng gestrickt. Wer ihn durch Verspätung durcheinanderbringt, ärgert nicht nur den Arzt, sondern auch die nachfolgenden Patienten, die sich dann zu Recht beklagen, daß Sie trotz vereinbartem Termin lange warten müssen.
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· Tägliche Anrufe wegen Testergebnissen oder wegen ausführlicher Schilderung von Beschwerden am Telefon. Ein guter Arzt wird ohnehin keine Ferndiagnosen erstellen.
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· Überbesorgtheit. Eine Reihe von Patienten kommt regelmäßig zum Arzt, auch wenn ihnen nichts Ernsthaftes fehlt. In der Regel Menschen, die sich einsam fühlen. Ein Gespräch mit dem Arzt, der von Berufs wegen verpflichtet ist, den Selbstdarstellungen seiner „Kunden“ aufmerksam zuzuhören, kann dann das subjektive Wohlbefinden steigern, auch wenn keine Krankheit vorliegt. Das stiehlt dem Arzt wertvolle Zeit und ein kleiner Schwatz mit der Nachbarin hätte möglicherweise den selben Effekt erzielt.
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· Vergeßlichkeit und Zerstreutheit. Chip-Karte oder wichtige Unterlagen vergessen, bei der Schilderung von Beschwerden über Nebensächlichkeiten das Wesentliche unterschlagen. Jeder Arzt ist froh über Patienten, die kurze und sachliche Angaben machen.
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· Besserwisserei. Nicht wenige leben ihr Geltungsbestreben aus, indem sie dem Arzt seinen Job erklären. Sie kommen mit fertiger Selbstdiagnose und wissen genau, daß für sie nur ein ganz bestimmtes Medikament infrage kommt, weil „es meinem Nachbar Paul so toll geholfen hat“. Sie brauchen den Arzt eigentlich nur für die Unterschrift, um billig an das Wundermittel zu gelangen.
Hinzu kommen solche Ärgernisse wie Unsauberkeit, überflüssige Hausbesuche, veraltete Anschriften oder unpassende Kleidung, bei der der Arzt längere Zeit warten muß, bis sich der Patient endlich ihrer entledigt hat.
September 1998 © by www.berlinx.de
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