Wie Sie Gehör finden

Über schlechten Service ärgerten sich schon die Reisenden der Antike. Nur selten prote­stierten sie mit Erfolg. Wir informieren über die Kunst, sich heut­zutage erfolg­reich zu beschweren.

Torsten hat erster Klasse gebucht und es schnell bereut. Das Service­personal lässt sich nicht blicken, die Gänge sind schmutzig, die Mitrei­senden telefonieren laut mit ihren Handys. Was tun? Die Zustände schweigend hinnehmen und mit den Füßen abstimmen – das heißt, nie wieder­kommen? Oder den Aufstand proben, also lauthals prote­stieren?

Es ist ein ewiger Konflikt. Das Personal ist schlecht bezahlt und muss Überstunden machen, weil die Geschäfts­leitung an den Angestellten spart. Daher schieben sie so weit wie möglich Dienst nach Vorschrift und lassen den Frust an den Reisenden aus. Die Reisenden wiederum investierten ihr sauer verdientes Geld und wollen es sich dafür gut gehen lassen.

Die folgenden drei Formen des Protest werden in der Praxis am häufigsten erprobt, führen aber nicht zum Erfolg:

Schweigen und nicht wiederkommen. Der stille Hinnehmen schont die Nerven und den Blutdruck. Allerdings bedeutet es, sich mit dem schlechten Service abzufinden und Geld für eine Leistung zu bezahlen, die man nicht bekommen hat. Die Hoffnung, das Unternehmen werde bankrott gehen, weil viele Kunden sich abwenden, erfüllt sich nicht. Bahn, Post und Fluglinien verdienen munter weiter.

Laut protestieren. Wie man in den Wald hinein­ruft, so schallt es heraus. Wer losbrüllt, wird selbst angebrüllt – oder noch schlimmer, höhnisch ange­grinst. Dem Personal ist es egal, ob Ihnen der Service passt. Sie sind nur angestellte Verkäufer, Stewardessen, Kellner und so weiter. Schreiben Sie ruhig Protest­briefe, die Geschäfts­leitung reagiert – wenn überhaupt – mit leeren Floskeln ohne praktischen Wert.

Diskutieren. Wer argumentiert, zeigt Schwäche. Sie zeigen damit nur, dass Sie nicht die Macht haben, die erwartete Leistung einzufordern. Hilflos appellieren Sie an die vernünftige Einsicht des Personals. Das Personal ist bestenfalls verärgert. Es mag keine schwierigen Kunden.

Was können Sie also tun? Folgende drei Strategien bieten Ihnen mehr Erfolgs­aussichten:

1. Erwartungen äußern. „Ich habe bei Ihnen für … bezahlt. Ich erwarte, dass Sie …“ Meist bringt der andere Einwände vor, zum Beispiel indem er die Schuld auf Dritte oder die Umstände abschiebt:

  • „Ich würde ja gern, aber …“
  • „Mehr ist nicht drin, da können Sie jeden fragen.“
  • „Bei diesem Wetter (dieser Verkehrslage, diesem Personalmangel, dem Krankheitsstand) …“

Lassen Sie sich auf keine Diskussion ein. Wiederholen Sie nur Ihre Forderung. Immer wieder mit der gleichen Formulierung. Geduldig und selbstsicher. Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen. Es handelt sich um ein Kräfte­messen. Am Ende ist es für den anderen meist weniger anstrengend, einfach Ihre Forderung zu erfüllen, als zum siebten Mal lahme Ausflüchte vorzubringen.

2. Den Chef verlangen. Statt zu diskutieren, verlangen Sie den nächst höheren Vor­gesetzten. Nicht gleich den ganz großen Chef. Der ist in der Regel nicht anwesend  – und falls doch, würde er Sie an den zu­ständigen Ressort­leiter verweisen. Erst wenn der Ressort­leiter sich wie seine Mit­arbeiter uneinsichtig zeigt, verlangen Sie den Geschäfts­führer. Das alles in ruhigem Ton und mit selbst­sicherer Miene. Der Chef hat zwei gute Gründe, Ihr Anliegen zu erfüllen:

  • Wenn Sie sich als nächstes an seinen noch höheren Vorge­setzten wenden, könnte der den Eindruck gewinnen, er hätte seine Leute nicht im Griff.
  • Er kann Ihnen demon­strieren, wie seine Leute ihm aufs Wort gehorchen, wenn er ihnen vor Ihren Ohren eine Anweisung erteilt.

Weigert man sich, den Chef zu rufen? Fragen Sie den Mitarbeiter nach seinem Namen und kündigen Sie an, sich schriftlich zu beschweren. Weigert der Mitarbeiter sich, seinen Namen zu nennen (oder könnte der Name falsch sein), fügen Sie hinzu: „Ich werde einen Personenbeschreibung von Ihnen beifügen“. Oder machen Sie ein Foto mit dem Handy.

3. Manipulieren. Sie können es auch auf die diplomatische Tour versuchen. Greifen Sie in die Trick­kiste geschulter Verkäufer. Sagen Sie: „Sie sind Experte/Expertin in Ihrer Branche. Daher wissen Sie sicher einen Weg, wie Sie mir helfen können.“ Damit appellieren Sie an die Kompe­tenz und Eitelkeit der Service­kraft. Wenn sie trotzdem schein­heilig bedauert, sagen Sie: „Schade. Sie haben so einen kompe­tenten Eindruck auf mich gemacht. Ich bin enttäuscht.“ Nur sehr abgebrühte Kellner & Co. können diesem Appell wider­stehen. Falls doch, sagen Sie: „Dann muss ich mich an Ihren kompe­tenteren Chef wenden“ und machen weiter mit Punkt 2.

Besondere Vorsicht ist im Ausland geboten. In den meisten Ländern ist „weiche“ Kommuni­kation üblich. Das einfache „Nein“ gilt als unhöflich, Also sagt man „Ja“ und lässt Sie dann im Regen stehen. Unsere direkte deutsche Art wirkt beleidigend und kann die Einhei­mischen reizen, uns erst recht zu zeigen, wie wenig wir im Ausland zu sagen haben. Bleiben Sie lieber freundlich. Putzen Sie den Taxifahrer, der Sie um die ganze City kurvt, nicht herunter. Sagen Sie lieber: „Wenn Sie mich jetzt bitte auf kürzestem Wege in mein Hotel fahren könnten?“

 

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veröffentlicht im September 2015 © by www.berlinx.de

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