Eigenständigkeit ist das Geheimnis starker Persönlichkeiten
Können Sie sich bedingungslos auf sich selbst verlassen? Was auch geschieht? Oder sind Sie darauf angewiesen, dass andere Ihr Leben für Sie auf die Reihe bringen?
Egonet erklärt, warum nur Autonomie echte Macht verleiht.
Mancher Regierungschef, Konzernlenker oder Star ist weit nach oben gelangt. Doch hat er auch Macht? Er ist auf die Zuarbeiten zahlloser unsichtbarer Helfer angewiesen. Mit dem, was die Helfer berichten und empfehlen, lenken sie sein Verhalten. So ist mancher „Chef“ nur die Marionette seiner Untergebenen, die ihn mit Schmeicheleien und Drohszenarien am Gängelband führen. Nicht jeder an der Spitze ist auch eine starke Persönlichkeit.
Wahre Macht beruht auf Autonomie. Das Wort bedeutet „im eigenen Namen“. Keine Position und kein Geld der Welt kann sie einem verschaffen. Geltungssucht, das Buhlen um Zustimmung und die Abhängigkeit vom Beifall der Öffentlichkeit schwächen die Autonomie. Oft genügt dann ein kleiner Fehler eines Untergebenen, und der Chef muss seinen Sessel räumen. In solchen Fällen trennt sich die Spreu vom Weizen. Daher kann es passieren, dass ein starker US-Präsident eine Aufsehen erregende Sex-Affäre übersteht, aber ein schwacher Ministerpräsident in Deutschland wegen einer Abhöraffäre einer Landtagsabgeordneten seinen Posten räumen muss.
Wenn eine Führungskraft über Autonomie verfügt, sind selbst die Gegner gezwungen, ihre Integrität, Haltung und Unerschrockenheit anzuerkennen. Für einen schwachen Chef genieren sich dagegen sogar die engsten Mitarbeiter.
Woran erkennen Sie Menschen ohne Autonomie? Sie lassen ihre Entscheidungen davon bestimmen, was andere Leute wohl von ihnen denken könnten. Sie lauern auf den neuesten Trend. Da sie erst umschwenken, wenn der Trend seinen Höhepunkt schon fast erreicht hat, kommen sie stets zu spät. Sie sind neidische Gefolgsleute im Fahrwasser der Erfolgreichen. Sie sagen oft: „Das könnte ich auch.“ Allerdings immer erst, wenn ihr Vorbild den Trend als gewinnbringend durchgesetzt hat.
Leute, die autonom sind, handeln nach ihrer inneren Überzeugung. Sie riskieren es, unmodern zu sein. Sie schwimmen notfalls auch gegen den Strom. Sie sind bereit, solange durchzuhalten, bis sich Erfolge zeigen. Sie sind zugleich flexibel genug, verschiedene Wege auszuprobieren, ohne ihr Ziel aus dem Blick zu verlieren.
In schwierigen Zeiten ist Autonomie besonders nützlich. Was tun, wenn alles, worauf Sie sich bislang verlassen konnten, zusammenbricht? Der Autonome weiß: Es kann passieren, dass Freunde, Partner und Job mir den Rücken kehren. Aber ich selbst bleibe mir erhalten – mit meiner Selbstdisziplin, meinen Kompetenzen und meinem eisernen Willen. Ich bin auch früher schon Risiken eingegangen und habe die Selbst-Prüfung mit Bravour bestanden.
Autonomie ist nicht angeboren. Eigenständigkeit entsteht aus positiven Erfahrungen: sie haben erfahren, dass Sie sich in Krisenzeiten auf sich selbst verlassen konnten. Sie können sie trainieren – wie einen Muskel. Sie entwickeln Ihre innere Stärke in folgenden fünf Schritten.
Stärken Sie Ihre Kompetenzen. Stellen Sie sich vor, Sie sind in Schwierigkeiten und von aller Welt verlassen. Welche Fähigkeiten brauchten Sie, um sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen? Das könnten Kontakt- und Kommunikationsfähigkeiten sein, um Helfer zu finden. Aber auch Selbstmotivation, Disziplin und die Fähigkeit, sich selbst zu organisieren. Machen Sie eine Liste, welche Talente Sie gern ausbauen würden. Und dann fangen Sie an zu trainieren.
Respektieren Sie sich selbst. Denken Sie an einen Freund, den Sie sehr mögen und bewundern. Den Sie bedingungslos und mit aller Kraft unterstützen würden. Schauen Sie in den Spiegel. Entwickeln Sie diese Zuneigung auch für sich selbst? Sind Sie selbst Ihr bewunderter Freund? Wenn Sie Kummer haben – trösten Sie sich mit Einfühlung? Oder beschimpfen Sie sich: „Nun reiß dich mal am Riemen, du Schwächling!“? Mit einem guten Freund in einer Krise würden Sie freundlich reden. Behandeln Sie sich mindestens ebenso respektvoll.
Seien Sie positiv und diskret. Wer sich innerlich schwach fühlt, versucht seine wunden Punkte zu kaschieren. Er gibt sich daher viel Mühe, andere zu beeindrucken und lauert auf Zeichen von Beifall. Er prahlt mit ihren Heldentaten und hält lange Monologe, um die Mitwelt von seinen Ansichten zu überzeugen. Erinnern Sie sich, als Sie das letzte Mal so einem Selbstdarsteller lauschen mussten? Sie fühlten sich nicht beeindruckt, sondern gelangweilt. Der Typ sank in Ihrer Achtung. Stärke strahlen Sie aus, wenn Sie sich an folgende Regeln halten:
- Reden Sie wenig, unkompliziert, und bringen Sie Ihr Anliegen auf den Punkt.
- Hören Sie doppelt solange zu wie Sie selbst reden.
- Stellen Sie lieber Fragen als Ihre Ansichten auszubreiten.
- Streiten Sie wenig, sagen Sie lieber: „Erklären Sie mir, warum Sie die Sache so sehen.“
- Halten Sie sich mit Jammern, Schimpfen und abfälliger Kritik zurück. Wenn Sie statt dessen sagen, was Sie gut finden, erkennt jeder Zuhörer im Umkehrschluss, was Sie nicht mögen. Und Sie verbreiten ein konstruktives Klima.
Bezähmen Sie Ihre Bedürftigkeit. Die Regierung fordert uns ständig auf, mehr zu konsumieren. Mit gutem Grund. Je mehr Sie konsumieren, desto abhängiger werden Sie vom Wohl und Wehe der Wirtschaft. Autonome Menschen haben geringe materielle Bedürfnisse. Die Vorbilder reichen von Sokrates und Jesus bis zu Mahatma Gandhi. Und wir? Wir nutzen Statussymbole, um uns wichtig zu machen. Viele Stunden Lebenszeit werden vergeudet, um das Geld zu verdienen, dass man braucht, um überflüssige Dinge zu kaufen, die nur dazu da sind, andere zu beeindrucken. Das Problem liegt nicht in den teuren und schönen Konsumgütern selbst. Sondern in der Abhängigkeit, die sie unmerklich erzeugen. Auch andere Menschen können Abhängigkeit verursachen. Falls Sie in Panik geraten, wenn mal einige Stunden keiner bei Ihnen anruft – üben Sie, sich rar zu machen. Wahre Freunde vergessen Sie nicht, bloß weil Sie mal eine Weile nicht erreichbar sind. Nur das Seltene ist wertvoll – das gilt auch für Freundschaften. Die wichtigste Frage lautet aber: Finden Sie Vergnügen an Ihrer eigenen Gesellschaft? Wenn mal keine Ablenkungen wie Fernseher, Telefon oder Computer zur Verfügung stehen?
Entwickeln Sie ein eigenes Profil. Welches sind Ihre wichtigsten Überzeugungen? Welche Interessen haben Sie, die nicht aus einer aktuellen Modeströmung stammen? Was macht Sie unverwechselbar? Welche Ziele haben Sie, deren Realisierung nur von Ihnen selbst abhängt? Wenn Sie diese Fragen ohne Zögern beantworten können und täglich Schritte zu ihrer praktischen Verwirklichung unternehmen, sind Sie auf dem besten Weg zu mehr Autonomie.
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Veröffentlicht im Januar 2008 © by www.berlinx.de
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