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Das schärfste
Liebesspiel der Welt

von Jan T. Swatner
Ausgabe Juli/August/September 2001/ 4. Jahrgang
 

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Eine Erzählung exklusive für Ego-Net.de von Jan T. Swatner
Leseprobe

 

Keine Frage: Meine Strategie hat sich ausgezahlt. Die ersten drei Runden gingen mit voller Punktzahl an mich. Daher meine Hoff-nung, auch für die vierte Ebene eine Lösung zu finden. Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass die Raffinesse meines Gegners - genauer: meiner Gegnerin, um im Modus des Spiels zu bleiben - noch eine weitere Steigerung zulässt. Ich spüre, dass der Wettkampf an seinem entschei-denden Wendepunkt angekommen ist. Also Leute, wer immer sich in meinen Chatroom verirrt, sendet mir die rettende Idee!
Knacken eines Rätsels durch Rekapitulation seiner Entdeckung: Gibt es einen glänzenderen Vorwand, um euch für die Sackgasse zu interessieren, in der ich gelandet bin? Am Anfang stand nur ein dummer Tippfehler. Ich wollte die Adresse einer Computerzeitschrift eingeben, hatte aber einen Buchstabendreher drin. Statt „ei“ tippte ich „ie“. Voreiliges Drücken der Returntaste - und plötzlich wurde mein Bildschirm schwarz. Kompletter Systemabsturz, fürchtete ich. Gerade wollte ich ausschalten und neu starten, da öffnete sich in der Mitte ein helles Fenster. Ein kleiner Punkt, der rasch nach allen Seiten anwuchs, bis er den Bildschirm füllte. Der Anblick ließ meinen Atem stocken.
Versteht mich recht, ich bin kein Neuling im Internet. Lockfotos aufreizender Blondinen behandle ich sonst genauso wie Tampon-werbung und Links zu ostasiatischen Aktienfonds: Ich klicke mich im Höchsttempo daran vorbei zum eigentlichen Inhalt der Seite. Auch diesmal hatte ich schon den Cursor auf der Webadresse, um durch Korrigieren des falsch getippten Namens zur vertrauten Online-Zeitschrift weiterzuspringen. Mein Zeigefinger schwebte bereits über der Eingabetaste, um die Änderung zu bestätigen, als ich in letzter Sekunde innehielt.
Zunächst war es die Animation, die meine Aufmerk-samkeit fesselte. Während das Mädchen sich auf seinem Kissen rekelte, drehte sich das Bild einmal komplett um seine Achse. Sodass man in Ruhe jedes Detail bewundern konnte. Der ruhende Mittelpunkt, um den die Kamera kreiste, war sie, und sie schaffte es, ihr Lächeln während der gesamten Drehung dem Auge des Beobachters folgen zu lassen. Ohne ihre Position wesentlich zu verändern. Wie machte sie das bloß? Wie gelang es ihr, mich bei der Stange zu halten, obwohl mich sonst jedes Moorhuhnschießen hundertmal mehr reizte als das makelloseste Stück Haut?
Schön, sie war nicht blond, sondern dunkel mit einem rötlichen Schimmer. Aber sonst: das Haar lang und seidig, das Lächeln betörend, nicht das kleinste Fitzelchen Kleidung - logisch betrachtet nichts als die übliche Langeweile. Wo lag der Trick? Die echten Computerfans unter euch kennen das Gesetz: Wenn du ein Programm nicht verstehst, vollziehe seinen Ablauf Schritt für Schritt nach. Also fing ich an, das Mädchen Detail für Detail auszumessen. Ihr wisst vielleicht, Leute, dass die Höhe des Kopfes ein Siebtel der Gesamtlänge des Körpers betragen soll? Dass ein symmetrisches Gesicht in drei gleiche Zonen geteilt werden kann: vom Haaransatz zur Oberkante der Augenwimpern, von dort zur Unterkante der Nase und von dort zum Kinn? Dass die ideale Nase zur Oberlippe einen Winkel von 105 Grad bildet? Die Brustwarzen und der Nabel ein gleich-seitiges Dreieck ergeben sollten?
Ich ließ nichts aus von dem, was die Modelagenturen an Auswahlkriterien ins Netz stellen: Die Armlänge im Verhältnis zur Körpergröße, die Hand- und Fingerform, die Gestalt der Beine und deren Länge im Vergleich zum Oberkörper, die Feinstruktur der Haut, insbesondere an den Oberschenkeln. Wenn Sie diese Tests an beliebigen Modelfotos durchführen, werden Sie stets auf eine Reihe von kleiner Abweichungen stoßen. Nicht bei ihr. Mein Ergebnis lautete: Sie ist perfekt.
Lag darin ihr Geheimnis? Mich überkam sofort der Verdacht, dass da jemand mit einem Bildbear-beitungs-programm nachgeholfen hatte. Ich klickte auf das Mädchen und fand Indizien, die meine Vermutung stützten. Statt der üblichen Aufforderung, meine Kreditkartennummer einzugeben, worauf mir das Mädchen mein geheimsten Wünsche erfüllen würde, erschien der lapidare Satz: Wenn du mich kennenlernen möchtest, dann schicke mir ein Bild von dir. Und darunter eine nullachtfünfzehn Emailadresse.
Was soll ich lange drumherum reden: Ich hatte Feuer gefangen. Endlich mal ein originelleres Game als das ewige Herumgeballere oder wochenlanges Aufbauen und Zerstören von Siedlungen in Übersee. Ich beschloss mitzuspielen. Ein Foto von mir konnte ich freilich nicht schicken. Ich bin zu klein, zu blass und seit meinem vierten Lebensjahr auf eine Brille angewiesen. Zum Glück wohnte die Lösung des Problems nur ein Zimmer von mir entfernt: mein Bruder Ralph. Als der Zufall das elterliche Erbgut zwischen uns beiden aufteilte, schnappte er sich die körperlichen Vorzüge und überließ mir den Rest. Bis zu diesem Tag lebten wir beide zufrieden mit dieser Aufteilung in friedlicher Koexistenz. Ihm brachten seine Vorzüge immerhin Platz 2 beim Stadtteilausscheid um das Gesicht des Jahres. Von wegen Gesicht! Das interessierte die Zuschauer am wenigsten. Bei diesem Anlass wurde auch der Videofilm gedreht, den ich jetzt aus seinem Regal stibitzte und auf meine Festplatte kopierte. Mein Bruder zeigte in seiner typischen Arroganz seine Fitness-Center-Muckis von allen Seiten. Genau das, was ich brauchte. Ein vorzeigbarer Body, ein markantes Kinn - und gelächelt, was das Zeug hält. Gut, seine Nase ist etwas zu breit, die Augen stehen zu eng und seine Akne konnte die Schminke nicht völlig verdecken. Außerdem wirkt er ein bisschen jung und unbedarft. Aber ein gutes Bildbearbeitungsprogramm besitze ich auch und weiß es einzusetzen.
Ihre Antwort kam prompt: Ich habe dein Bild gesehen, aber wer bist du? Es folgte eine Liste ihrer persönlichen Daten. Janine von Albenfels, 19 Jahre, Miss Bayern vor zwei Jahren, Auftritte auf den Laufstegen von Lagerfeld und Gucci, zur Zeit Studium an der Schauspielschule in München. Keine Zeit, einen Seelengefährten kennenzulernen. Fährt einen Ferrari. Hobbys: ihr Pferd Timmy, Kino, Kunst, Bildungsreisen, insbesondere nach Umbrien und in die Provence....

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