EGONET.de
Ausgabe 10/1999
Drogensucht
Wege aus der Abhängigkeit

Auch wenn die Medien in den letzten Jahren ihre Hauptaugenmerk mehr auf psychische Abhängigkeiten wie Arbeits- und Kaufsucht richten – die klassischen Drogen bleiben weiterhin die gefährlichsten Suchtmittel. EGONet informiert sie über die wichtigsten Drogen und Therapieansätze.
 
Obwohl Modeströmungen, die eng mit dem Drogenkonsum verbunden waren, längst passé sind, wächst der Drogenkonsum weiter. Mitte der achtziger Jahre gab es nach Jahren der Stagnation einen dramatischen Anstieg, und zwar bei allen wichtigen Rauschgiften, namentlich aber bei künstlichen, sogenannten Designerdrogen. Die Situation ist insbesondere bei Heroinsüchtigen bedrohlicher geworden, da durch Mehrfach-gebrauch von Injektionsnadeln die Gefahr einer HIV-Infektion sehr groß ist.
Die wichtigsten Rauschgifte
Haschisch. Wird aus dem harzigen Sekret der weiblichen Pflanze des indischen Hanfs gewonnen. (Aus ihren getrockneten Blättern, Stengeln und Blüten gewinnt man Marihuana.) Haschisch wirkt auf das vegetative Nervensystem. Es kommt zu einem Gefühl der Entspannung und einer leichten Euphorie. Alle Sinnes-wahrnehmungen werden intensiver empfunden und die Zeitabläufe scheinen sich zu verlangsamen. Bei erhöhter Dosis treten Unruhe und Halluzinationen auf. Haschisch erzeugt keine körperliche Abhängigkeit, aber die Gewöhnung an die angenehme Entspannung kann zu seelischer Abhängigkeit führen. Es ist für Abhängige härterer Drogen häufig der Einstieg, allerdings haben 75 Prozent aller Haschischkonsumenten später kein anderes Rausch-gift mehr genommen.
LSD. Abkürzung für Lysergsäurediethylamid. Wird künstlich hergestellt und oral eingenommen. Es hat halluzinierende Wir-kung, wurde vor allem in der Hippiekultur mit dem Ziel der Bewußtseinserweiterung konsumiert. Führt unter Umständen zu schizophrenieähn-lichen psychotischen Zuständen, deren akustische und optische Halluzinationen zum Teil beängstigende Inhalte haben. Es kann Schäden am Erbmaterial führen und der Einstieg für Heroin sein.
Heroin. Wie medizinisch genutztes Morphin ein Abkömmling des Rohopiums, das durch Anritzen unreifer Fruchtkapseln des Schlafmohns gewonnen wird. Heroin ist ein halbsynthetisches Morphinderivat (Diacetylmorphin), das Ende vorigen Jahrhunderts zur Schmerzlinderung für die Medizin entwickelt wurde. Nachdem man erkannte, wie schnell es abhängig macht, wurde es nicht mehr als Arzneimittel eingesetzt. Heroin wirkt auf das Zwi-schenhirn, indem es Lust erzeugt und Schmerzen dämpft. Sehr schnell tritt ein Zustand seelischen Glücks und Unbeschwertheit ein, das Gefühl, alle Alltagssorgen weit hinter sich zu lassen. Heroin macht schnell süchtig, in manchen Fällen schon beim ersten Versuch. Der Körper gewöhnt sich rasch an das Rausch-gift, weshalb die Dosis ständig erhöht werden muß, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Bleibt der Nachschub aus, treten Entzugserscheinungen auf: starke Unruhe, Nervosität, Zittern, Schüttelfrost, Schweißausbrüche, Erbrechen und starke Schmerzen. Da bei erneutem Heroinkonsum nicht nur die Schmerzen schwinden, sondern zugleich ein großes Glücksgefühl eintritt, ist die psychische Abhängigkeit äußerst hoch.
Kokain. Kommt als natürlicher Wirkstoff im südamerika-nischen Coca-Strauch vor. In den Handel gelangt es als weißes Pulver, das zu mindestens 75 Prozent mit Milchzucker oder anderen Stoffen gestreckt wird. Kokain wird meistens geschnupft. Es erzeugt ein euphorisches Glücksgefühl, das nach etwa einer Dreiviertelstunde in einen Zustand der Benommenheit und schließlich in eine ernüchternde, nieder-geschlagene Stimmung übergeht. Dieser Absturz weckt ein erneutes Verlangen nach Kokain. Auch an Kokain gewöhnt sich der Körper, so daß er immer höhere Dosen benötigt. Entscheidend für ihr Suchtpo-tential ist jedoch die psychische Abhängigkeit.
Crack. Entsteht aus Kokain, indem es mit Backpulver und Wasser zu hitzebeständigen kleinen weißen Klümpchen verbacken wird. Sie werden in speziellen Pfeifen geraucht, wobei sie krachend zerplatzen (daher der Name Crack). Es wirkt innerhalb weniger Sekunden auf das Gehirn und schädigt die Nerven auf Jahre. Nicht selten sind tödliche Schädigungen von Atem- und Kreislaufsystem die Folge. Es ist die Droge mit dem höchsten Todesrisiko.
Ecstasy: Pillen, die auf dem 1912 entdeckten Wirkstoff 3,4-Methylendioxyn-N-Methylamphetamin (MDMA) beruhen. Wurde als Medikament (Appetitzügler) entwickelt, hat sich aber nicht bewährt. Seit 1965 ist die aufputschende Wirkung bekannt. Ec-stasy hat sich ab 1986 in Deutschland als Droge mit dem sanften Kick in der Discoszene verbreitet, insbesondere im Zusammenhang mit der Technowelle. Bereits 13jährige nehmen die Pillen, um lange Disconächte durchzuhalten, die meisten Konsumenten sind zwischen 18 und 25. Gesundheitliche Folgen bei regelmäßigem Gebrauch sind Depressionen, Schlafstörungen, Nervosität, Nie-renschmerzen und wahrscheinlich auch Hirnschä-digungen. Die ersten Todesopfer gab es bei uns im Frühjahr und Sommer 1995.
Während vor dem zweiten Weltkrieg Drogensucht vor allem bei Medizinern und Apothekern verbreitet war, findet sich die Mehrzahl der Süchtigen heute unter Jugendlichen. Die meisten von ihnen stammen aus zerrütteten Familienverhältnissen. Sie waren überwiegend verständnislosen und rigiden Erziehungs-maßnahmen ausgesetzt. Sie suchen frühzeitig den Anschluß an eine Szenekultur, in der mit Drogen experimentiert wird. Die alterstypische Experimentierfreude und Neugier fördert das Ausprobieren. Doch auch „normale" Kids greifen zu Drogen, wenn sie mit einer bestimmten Szene in Berührung kommen. Sich den Stoff zu beschaffen, stellt die Teenager selten vor Probleme. Die üblichen Aufklärungs-kampagnen nehmen auf die tatsächlichen Befindlichkeiten der Heranwachsenden wenig Rücksicht. Hanisch und Hermanns berichteten in ihrem Buch „Kampf um die Seele" von einer Befragung bei Gymnasiasten. 55 Prozent von ihnen waren neugierig zu erfahren, wie Drogen auf sie wirken. Als bei einer gründlichen Aufklärungsaktion alle Risiken des Drogenkonsums detailgetreu geschildert wurden, wollten hinterher gar 64 Prozent die Drogen probieren.
Verfügbarkeit der Droge und die Vorbildwirkung der Gruppe sind entscheidend, ob tatsächlich ein Versuch mit dem Rausch-gift gemacht wird. Mit dem einen Versuch kann bereits die Abhängigkeit eingetreten sein. Die Schritte zum Entzug sind die gleichen wie beim Alkoholismus. Zuerst muß der Süchtige gezwungen werden, seine Abhängigkeit einzugestehen. Das ist einerseits leichter als beim Trinker, weil der Süchtige sich seine Abhängigkeit längst selbst eingestanden hat, andererseits aber schwerer, da er sich meist von allen sozialen Kontakten außerhalb seiner Szene abkapselt und die strafrechtlichen Folgen des Drogenkonsums fürchtet. Die Erfolgsaussichten sind am größten, wenn der Süchtige mit seiner Subkultur bricht und von sich aus Hilfe sucht. Nicht wenige Suchtkranke entschließen sich erst dann zu einem Entzug, wenn sie durch eine Haftstrafe ernsthaft in Schwierigkeiten geraten sind. Die Zahl der Klinik-plätze ist weitaus geringer als die Zahl der Süchtigen, aller-dings ist es auch möglich, außerhalb der Klinik den Entzug erfolgreich zu beenden – meist indem der behandelnde Arzt die Ersatzdroge Methadon verabreicht. Methadon ist wie Heroin ein Opiat, hat aber nicht seine euphorisch machende Wirkung. Es verhindert die Entzugserscheinungen, die beim Absetzen von Heroin auftreten. Da Methadon selbst süchtig macht, muß es nach einigen Wochen allmählich reduziert werden.
Seit wenigen Jahren wird ein neues Anti-Drogen-Medikament mit Namen Naltrexon angewendet, das in einer Art Roßkur - begleitet von schweren Krämpfen, Bewußtseinsverlust, Einnässen und Einkoten - einen Entzug binnen weniger Tage ermöglicht. Es wirkt bei Opiaten – also Heroin – und muß nach erfolgtem Entzug alle drei Tage neu eingenommen werden. Da viele Abhängige sich daran nicht halten, sind psychothera-peutische Betreuung und enge soziale Kontakte unabdingbar. Gegen psychische Abhän-gigkeit (zum Beispiel bei Kokain) hilft manchmal, ein stärkere Belohnung in Aussicht zu stellen, als die Droge sie bietet. In den USA bekamen Süchtige, die bei jedem Urintest kokainfrei waren, mehr Geld. Zwei Drittel blieben auf diese Weise ein halbes Jahr drogenfrei, während bei einer herkömmlichen Thera-pie die gleiche Anzahl Entziehender nach sechs Wochen bereits wieder rück-fällig wurde.
Da nur eine kleine Minderheit Drogensüchtiger auf Dauer clean wird, kommt es sehr auf das soziale Umfeld an, ob eine Entzug gelingt. Das sind insbesondere:
· Kontaktabbruch zur Drogenszene
· geregeltes Erwerbsleben
· stabile soziale Bindungen, insbesondere eine stabile Partnerschaft.
 
Beratungsstellen, die bei Drogenproblemen helfen, finden Sie in Ihrem Telefonbuch unter „Jugend- und Drogenbera-tungs-stelle", „Psychosoziale Beratungsstelle" oder „Sucht-bera-tungsstelle". Da ärztliche Schweigepflicht besteht, kann sich ein Süchtiger an einen Arzt wenden, ohne für seine bisherige Drogenbeschaffung unmittelbare strafrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Wie bei anderen Problemen kennen auch hier die Telefonseelsorge und die Gesundheitsämter Adressen und Telefonnummern von Beratungsstellen in Ihrer Nähe. Von 10 bis 22 Uhr können Sie außerdem jeden Tag das Info-Telefon der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung anrufen (0221/892031).
Dokumentanfang EGONet-Titelseite Themen Übersicht
Leserbrief 
chatten-bloggen-Freunde treffen

In Partnerschaft mit
Amazon.de

LOVEPOINT - Liebe oder Seitensprung? - Click it Ihre Immobilienanzeige bei Immonet.de. Ab jetzt 4 Wochen lang für nur Euro 14,95.