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                    Annähernd achteinhalb
                        Kilo gönnt sich der Deutsche im
                        Durchschnitt jedes Jahr von der süßen
                        Versuchung. (Bei den Schweizern sind es
                        sogar elf Kilo.) Ihren Ursprung fand sie
                        in Mittelamerika. Dort wächst im Urwald
                        ein unauffälliger Strauch, der von
                        Mücken bestäubt wird. Der Geschmack der
                        rohen Früchte liegt irgendwo zwischen
                        sauer und gallebitter. Zuerst soll der
                        Kakaobaum vor etwa dreitausend Jahren am
                        Golf von Mexiko kultiviert worden sein.
                        Cacahuaquchtl 
                        Götterbaum nannten ihn die Ureinwohner.
                        Davon leitet sich das Wort Kakao ab. Sie
                        entdeckten, daß sich aus dem Extrakt der
                        Früchte einen sinnenanregendes Getränk
                        herstellen läßt. Eine Mischung von
                        Kakao und Pfeffer verwendeten sie als
                        Liebestrank. Es schmeckte bitter und
                        scharf zugleich  ungewohnt für
                        unsere Zungen.Die Kakaokultur breitete
                        sich in Mittelamerika aus, und so waren
                        es die Azteken, die 1502 Christoph
                        Kolumbus Kakaobohnen als Zahlungsmittel
                        anboten. Als er mißtrauisch dieses
                        seltsame Geld zurückwies, erklärte ihm
                        die Überbringer, daß sich daraus ein
                        besonderes Getränk brauen lasse, daß
                        Mut und sexuelle Potenz steigere.
                        Kolumbus kostete das bittere Gebräu und
                        entschloß sich schließlich eine Probe
                        als exotisches Kuriosum an den spanischen
                        Hof mitzunehmen. Nonnen entdeckten die
                        Möglichkeit, den Kakao durch Zucker und
                        Gewürze wie Nelken und Zimt zu
                        verfeinern. Die ersten
                        Schokoladenfabriken entstanden nach 1600
                        in Frankreich, aber die Produkte, die wir
                        unter diesem Namen kennen sind neuere
                        Datums. 1845 baute der Schweizer Philippe
                        Suchard die erste
                        Schokoladenmischmaschine, die Grundlage
                        seines erfolgreichen Konzerns. Rodolphe
                        Lindt erfand 1879 die erste Schokolade,
                        die auf der Zunge schmilzt. Henri Nestlé
                        erfand das Milchpulver, woraus vor genau
                        100 Jahren der erste
                        Milchschokoladenriegel gemixt wurde. Heute gibt es unzählige
                        Sorten. Bei den meisten Produkten spielt
                        neben der braunen Kakaomasse helle
                        Kakaobutter und Milch eine entscheidende
                        Rolle. Bitterschokolade
                        verzichtet auf die Milch. Weiße
                        Schokolade enthält keine Kakaomasse,
                        wohl aber Kakaobutter. Der Fett- und damit
                        Energiegehalt ist enorm. |  | 
    
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             Sie können es selbst testen.
                Nehmen Sie ein Stück Vollmilchschokolade und
                halten Sie Ihr Feuerzeug daran. Nach fünf bis
                zehn Sekunden hat sich die Schokolade entzündet
                und brennt. Kein Wunder, daß 100 Gramm
                Vollmilchschokolade mehr als fünfhundert
                Kilokalorien enthält. Zum Vergleich: eine nicht
                allzu reichliche warme Mahlzeit (zum Beispiel 200
                Gramm Lachs mit Gemüsebeilage) enthält die
                gleiche Kalorienmenge.Schokolade kann süchtig machen.
                Nach einer amerikanischen Befragung erklären
                sich 39 Prozent der Frauen, aber nur 15 Prozent
                der Männer für schokoladensüchtig. Paul Rozan
                von der Universität Pennsylvania ließ seine
                Versuchspersonen Tagebuch führen und fand
                heraus: Die Ursache für den
                Geschlechtsunterschied liegt in den hormonellen
                Vorgängen während der Menstruation. Das
                weibliche Hormon Östrogen verstärkt die
                stimmungsaufhellende Wirkung der Schokolade.
                Rechnet man jene Tage aus der Statistik heraus,
                gleichen sich Männer und Frauen an. Doch auch
                dann bleibt die Schokomanie ein auffällig
                häufiges Phänomen von geradezu triebhaftem
                Charakter, bei dem die Geschmacksnerven die
                Vernunft ausschalten.Während Anfalls von Heißhunger
                nach Schokolade verschlingen manche mehrere
                Tafeln auf einen Streich. Solche Attacken
                überfallen einen hauptsächlich nach Feierabend.
                Anfangs nimmt man sich vor: Nur ein Stück, nicht
                mehr, allerhöchstens zwei. Aber dann schmeckt es
                so gut ... Im Nu ist die Tafel alle und die
                nächste angefangen.Der Grund für solche Exzesse?
                Wichtige seelische Bedürfnisse werden nicht
                erfüllt oder fordern einen hohen Aufwand. Zum
                Beispiel die Anerkennung und die Tröstungen, die
                man in Gesprächen mit guten Freunden gewinnt.
                Oder eine erfüllende Partnerschaft. Die Wege zu
                seelischer Erfüllung sind mühsam, von
                Enttäuschungen gekennzeichnet und mit vielen
                Enttäuschungen verbunden.Wer dann entdeckt, daß der
                seelische Kick, ein wohliges Hochgefühl
                zuverlässig und ohne viel Aufwand mit einer
                Süßigkeit erzielt werden kann, wird leicht ein
                Opfer der süßen Kalorienbomben. Die Hälfte
                aller Frauen zieht Schokolade dem Sex vor. Woher kommt die anziehende Wirkung
                der Schokolade? Der angenehme Geschmack ist das
                eine. Sie enthält jedoch zusätzlich winzige
                Mengen eines mit dem Marihuana verwandten
                Wirkstoffes namens Anandamid, außerdem anregende
                Alkaloide wie Koffein und Theobromin. Die
                Kakaobutter und die Glukose  die in der
                Schokolade enthaltene Form des Zuckers 
                regen im Gehirn die Produktion von Endorphinen
                an. Das sind körpereigene Nervenbotenstoffe,
                sogenannte Glückshormone, die euphorische
                Gefühle auslösen. Die gekoppelte Wirkung dieser
                Chemikalien verwandelt einen grauen Alltag in
                eine gelöste tröstliche Feierabendstimmung. Wer einmal diesen angenehmen
                Stimmungsumschwung erlebt hat, kann leicht auf
                die Idee kommen, beim nächsten Anfall von
                schlechter Laune wieder zu diesem preiswerten
                Stimmungsaufheller zu greifen. Schnell wird
                daraus eine Gewohnheit. Mit der Zeit läßt die
                euphorische Wirkung infolge der Gewöhnung nach,
                aber die Kalorien tun ihre Wirkung. Der Blick in
                den Spiegel, der unbarmherzig die Fettpolster
                preisgibt, wird dann eine neue, zusätzliche
                Quelle von Frust. Wem es jedoch gelingt, maßvoll zu
                genießen, wird ohne schlechtes Gewissen in
                seinen Osterhasen beißen dürfen. Nach
                Schokoladentagen wieder Wochen der Enthaltsamkeit
                folgen lassen  um so größer wird der
                Genuß bei der nächsten Schokoorgie sein: zum
                Geburtstag, am Nikolaustag, zu Weihnachten. Die häufigsten Irrtümer über die
        Wirkung von Schokolade: 
            Schokolade begünstigt Karies und
                schädigt daher die Zähne: New Yorker Forscher
                fanden heraus: Am gefährlichsten für die Zähne
                sind reiner Zucker und gekochte Stärke. Zucker
                ist in Bonbons, Stärke in Kartoffelchips
                massenhaft vorhanden. Schokolade mit wenig Zucker
                 also vor allem Zartbitterschokolade 
                kann den Zähnen kaum gefährlich werden.Schokolade verursacht
                Kopfschmerzen, Migräne und Verstopfung: Das ist
                alles wissenschaftlich geprüft und widerlegt
                worden.Schokolade ist sehr ungesund, denn
                sie enthält viel Fett und wenig Ballaststoffe.
                Die Kakaobutter, die viel Stearinsäure enthält,
                läßt nach heutigen Erkenntnissen den
                Cholesterinspiegel nicht steigen. Allerdings
                macht sie dick wegen des hohen Kaloriengehaltes.
                Über wieviel Ballaststoffe Schokolade verfügt,
                hängt vom Kakaogehalt ab. Reiner Kakao enthält
                genauso viel Ballaststoffe wie die gleiche Menge
                Vollkornbrot.  |