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Ausgabe 04/2000
Selbstgespräche
Warum es gesund ist, mit sich selbst zu reden

Haben Sie sich schon einmal ertappt, wie Sie vor sich hinschimpften oder mit Ihrem zweiten Ich in einen hörbaren Dialog eintraten. Nur zu! raten die Psychologen. Selbstgespräche unterstützen die Entscheidungsfindung und helfen in Krisen, das seelische Gleichgewicht wiederzufinden.
 
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Haben Sie schon einmal kleine Kinder (zwei bis vier Jahre alt) beim Spielen beobachtet? Auch wenn kein Spielgefährte anwesend ist, sprechen Sie vor sich hin - sagen, was sie vorhaben und geben laute Erfolgs- und Mißerfolgsmeldungen ab. Erst ab etwa fünf Jahren lernen Sie, diesen Dialog allmählich nach innen zu lagern. Ihre Selbstgespräche gehen allmählich in eine Flüstern und stumme Lippenbewegungen über, um sich spätestens bis zum Schuleintritt ganz ins Denken zu verlagern. Aber sobald Sie in eine Zwickmühle geraten oder Ihre Gefühle in Aufruhr geraten, bricht das kindliche Verhalten wieder hervor. Auch Erwachsene brüllen noch ihren Tisch an, wenn Sie sich an ihm gestoßen haben oder hadern lauthals mit abwesenden Personen, von denen sie sich hintergangen fühlen.

In manchen Fällen kann sich die innere Stimme auch an sich selbst richten. Da hört man schon mal die Hausfrau sich "Ich dumme Gans!" schimpfen, weil sie aus dem Haus ging, um Papiertaschentücher zu kaufen und mit einer vollen Einkaufstasche zurückkam - nur die Papiertaschentücher zu kaufen, hatte sie vergessen. Der Lebensabschnittsgefährte, der uns schnöde im Stich ließ, kann wochenlange Monologe auslösen. Psychologen wissen schon seit längerem, daß lautes Reden gesünder ist als stummes In-sich-Hineinfressen oder gar Verdrängen des Kummers. Wer seine innere Stimme zu Wort kommen läßt, zwingt sich unklare Gedanken in Worte zu fassen und dadurch Gefühle und Tatsachen und ordnen.

Bedingung ist allerdings größtmögliche Ehrlichkeit. Wie leicht ist es, sich die Wirklichkeit schön zu reden, alle Schuld der Umwelt aufzuladen oder gar offensichtliche Tatsachen zu leugnen. Der Selbstbetrug kann gelingen, führt aber zu subjektivem Unglücklichsein, weil die schöngeredete verfälschte Weltsicht permanent in Konflikt mit der Realität tritt. Ergebnis ist eine Opferhaltung - man selbst in edel, die Welt ist schlecht und Selbstmitleid der vorherrschende Gefühlszustand.

Einige Tricks, damit das Selbstgespräch zu größerer Klarheit und einer besseren Problembewältigung führt:

Stoppschild bei negativen Statements: "Kaffee verschüttet, den Bus verpaßt - dieser Tag wird eine Katastrophe!" Wer voll Verzweiflung einen solchen Satz sagte, sollte vor seinem inneren Auge eine rotes Stoppschild aufleuchten lassen und sofort laut die gegenteilige Sicht formulieren: "Nachdem schon in der ersten Stunde zwei Sachen schief gegangen sind, ist es statistisch unmöglich, daß mir noch weitere Mißerfolge zustoßen. Ich starte jetzt neu durch."

Erfolgserlebnisse laut registrieren. "Schickes Kleid hast du an", sagte eine Kollegin. Nicht das Kompliment abwehren, sondern sich bei nächster Gelegenheit vor den Spiegel stellen und sagen: "Na bitte, auch andere sehen, daß ich Geschmack habe."

Mißerfolgserlebnisse sachlich analysieren. Wurden Sie kritisiert, keine Pauschaläußerungen wie "Keiner mag mich" oder "Ich wußte schon immer, daß mit mir nichts los ist". Sondern überlegen: "Was hätte ich anders machen können? Wie weit ist an der Kritik etwas dran und wie weit hat der andere einfach seinen Ärger bei mir abgeladen?"

Entscheidungshilfe durch Abwägen: Nicht ewig zwischen "Soll ich oder soll ich nicht?" hin- und herspringen. Wahrscheinlich hat jede Alternative, zwischen denen Sie schwanken, ihre Vor- und Nachteile. Welche Nachteile können Sie auf keinen Fall, welche mit großem Opfer, welche mit etwas Mühe in Kauf nehmen? Welche Vorteile erscheinen unverzichtbar, welche nicht? Sie werden keine Lösung ohne Nachteile finden. Wägen Sie alle Faktoren in Ruhe ab und entscheiden Sie sich dann für die Variante, die langfristig die bessere Bilanz bietet. Bedenken Sie: Selbst falsche Entschlüsse sind im Endeffekt besser, als ewig einer Entscheidung ausweichen. Einmal getroffene Entscheidungen lassen sich zur Not später noch (ganz oder teilweise) korrigieren.

Allaussagen meiden. Wörter wie "ständig", "nie", "typisch" verraten die Neigung, sich hinter allgemeinen Anklagen zu verstecken, statt die konkreten Schwierigkeiten in Angriff zu nehmen und sich in die Motive anderer Personen hineinzuversetzen. Nehmen Sie lieber probeweise an, daß das "Typische" trotz allem Anschein in diesem Fall nicht zutrifft und deshalb eine Lösung gefunden werden kann.

Selbstverständlich müssen Selbstgespräche nicht laut geführt werden - vor allem, wenn andere Personen anwesend sind. Auch im Stillen kann man Klarheit finden. Sie sollten jedoch immer versuchen, ihre Gedanken zu klaren Sätzen auszuformulieren - nur so wissen Sie, ob Sie auch innerlich Klarheit gefunden haben.

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