Haben Sie schon einmal kleine Kinder (zwei bis vier 
          Jahre alt) beim Spielen beobachtet? Auch wenn kein Spielgefährte 
          anwesend ist, sprechen Sie vor sich hin - sagen, was sie vorhaben und 
          geben laute Erfolgs- und Mißerfolgsmeldungen ab. Erst ab etwa 
          fünf Jahren lernen Sie, diesen Dialog allmählich nach innen 
          zu lagern. Ihre Selbstgespräche gehen allmählich in eine Flüstern 
          und stumme Lippenbewegungen über, um sich spätestens bis zum 
          Schuleintritt ganz ins Denken zu verlagern. Aber sobald Sie in eine 
          Zwickmühle geraten oder Ihre Gefühle in Aufruhr geraten, bricht 
          das kindliche Verhalten wieder hervor. Auch Erwachsene brüllen 
          noch ihren Tisch an, wenn Sie sich an ihm gestoßen haben oder 
          hadern lauthals mit abwesenden Personen, von denen sie sich hintergangen 
          fühlen.
        In manchen Fällen kann sich die innere Stimme auch 
          an sich selbst richten. Da hört man schon mal die Hausfrau sich 
          "Ich dumme Gans!" schimpfen, weil sie aus dem Haus ging, um 
          Papiertaschentücher zu kaufen und mit einer vollen Einkaufstasche 
          zurückkam - nur die Papiertaschentücher zu kaufen, hatte sie 
          vergessen. Der Lebensabschnittsgefährte, der uns schnöde im 
          Stich ließ, kann wochenlange Monologe auslösen. Psychologen 
          wissen schon seit längerem, daß lautes Reden gesünder 
          ist als stummes In-sich-Hineinfressen oder gar Verdrängen des Kummers. 
          Wer seine innere Stimme zu Wort kommen läßt, zwingt sich 
          unklare Gedanken in Worte zu fassen und dadurch Gefühle und Tatsachen 
          und ordnen. 
        Bedingung ist allerdings größtmögliche 
          Ehrlichkeit. Wie leicht ist es, sich die Wirklichkeit schön zu 
          reden, alle Schuld der Umwelt aufzuladen oder gar offensichtliche Tatsachen 
          zu leugnen. Der Selbstbetrug kann gelingen, führt aber zu subjektivem 
          Unglücklichsein, weil die schöngeredete verfälschte Weltsicht 
          permanent in Konflikt mit der Realität tritt. Ergebnis ist eine 
          Opferhaltung - man selbst in edel, die Welt ist schlecht und Selbstmitleid 
          der vorherrschende Gefühlszustand.
        Einige Tricks, damit das Selbstgespräch zu größerer 
          Klarheit und einer besseren Problembewältigung führt: 
        Stoppschild bei negativen Statements: "Kaffee 
          verschüttet, den Bus verpaßt - dieser Tag wird eine Katastrophe!" 
          Wer voll Verzweiflung einen solchen Satz sagte, sollte vor seinem inneren 
          Auge eine rotes Stoppschild aufleuchten lassen und sofort laut die gegenteilige 
          Sicht formulieren: "Nachdem schon in der ersten Stunde zwei Sachen 
          schief gegangen sind, ist es statistisch unmöglich, daß mir 
          noch weitere Mißerfolge zustoßen. Ich starte jetzt neu durch."
        Erfolgserlebnisse laut registrieren. "Schickes 
          Kleid hast du an", sagte eine Kollegin. Nicht das Kompliment abwehren, 
          sondern sich bei nächster Gelegenheit vor den Spiegel stellen und 
          sagen: "Na bitte, auch andere sehen, daß ich Geschmack habe."
        Mißerfolgserlebnisse sachlich analysieren. 
          Wurden Sie kritisiert, keine Pauschaläußerungen wie "Keiner 
          mag mich" oder "Ich wußte schon immer, daß mit 
          mir nichts los ist". Sondern überlegen: "Was hätte 
          ich anders machen können? Wie weit ist an der Kritik etwas dran 
          und wie weit hat der andere einfach seinen Ärger bei mir abgeladen?" 
          
        Entscheidungshilfe durch Abwägen: Nicht 
          ewig zwischen "Soll ich oder soll ich nicht?" hin- und herspringen. 
          Wahrscheinlich hat jede Alternative, zwischen denen Sie schwanken, ihre 
          Vor- und Nachteile. Welche Nachteile können Sie auf keinen Fall, 
          welche mit großem Opfer, welche mit etwas Mühe in Kauf nehmen? 
          Welche Vorteile erscheinen unverzichtbar, welche nicht? Sie werden keine 
          Lösung ohne Nachteile finden. Wägen Sie alle Faktoren in Ruhe 
          ab und entscheiden Sie sich dann für die Variante, die langfristig 
          die bessere Bilanz bietet. Bedenken Sie: Selbst falsche Entschlüsse 
          sind im Endeffekt besser, als ewig einer Entscheidung ausweichen. Einmal 
          getroffene Entscheidungen lassen sich zur Not später noch (ganz 
          oder teilweise) korrigieren.
        Allaussagen meiden. Wörter wie "ständig", 
          "nie", "typisch" verraten die Neigung, sich hinter 
          allgemeinen Anklagen zu verstecken, statt die konkreten Schwierigkeiten 
          in Angriff zu nehmen und sich in die Motive anderer Personen hineinzuversetzen. 
          Nehmen Sie lieber probeweise an, daß das "Typische" 
          trotz allem Anschein in diesem Fall nicht zutrifft und deshalb eine 
          Lösung gefunden werden kann.
        Selbstverständlich müssen Selbstgespräche 
          nicht laut geführt werden - vor allem, wenn andere Personen anwesend 
          sind. Auch im Stillen kann man Klarheit finden. Sie sollten jedoch immer 
          versuchen, ihre Gedanken zu klaren Sätzen auszuformulieren - nur 
          so wissen Sie, ob Sie auch innerlich Klarheit gefunden haben. 
                    