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Ausgabe 04/2000
Die kluge Hausfrau rät ... (II)
Werbepsychologie in der Praxis

In der letzten Ausgabe lasen Sie, wie Werbeexperten an einen Reklamefeldzug herangehen. Heute informiert Sie EGONet über die praktischen Hürden, die für eine erfolgreiche Werbung zu bewältigen sind - und wie die professionellen Verführer unsere geheimsten Bedürfnisse und Schwächen als Waffen im Kampf um die Käufergunst einsetzen.
 
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Unser Titelthema:
Zwischen Fremdheit und Geborgenheit

Psychologie der kulturellen Identität

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Teil 11:

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Warum Männer trennen, was für Frauen zusammengehört
Börsenpsychologie
(Teil II)

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Für Mitmenschen da sein stärkt das Ego

Was wissen wir vom Weihnachtsmann?
Der 24. Dezember - streng wissenschaftlich betrachtet

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Trotz der in unserem letzten Beitrag genannten Schwierigkeiten haben sich einige Grundsätze im Laufe von Jahrzehnten für jede Art von Werbung bewährt und kommen daher immer wieder zur Anwendung:
  • Bringe eine einzige Botschaft, einfach gestaltet.
  • Stelle den Vorteil des Kunden heraus (weniger Leistung des Produkts).
  • Betone Kleinigkeiten und gestalte diese möglichst sensationell ("dramatisieren"), um so die Einzigartigkeit der Werbebotschaft hervorzuheben.
  • Gewinne die Sympathie der Konsumenten durch geschickte Auswahl der Schauspieler, Sprecher und der Musik.

Da aber inzwischen alle Agenturen so vorgehen, genügt das nicht, um sich aus der Masse der Werbungen abzuheben. Die Fachleute müssen heute tief in die Trickkiste greifen, um den übersättigten Konsumenten überhaupt noch zu erreichen

Die wichtigsten, psychologisch bewährten Tricks in der Werbung sind:

Behaupten: Ich kann dir bieten, was keiner bietet. Werbefachleute lassen sich immer neue Varianten einfallen, um zu "beweisen": unser Produkt ist besser als alle übrigen. Dabei müssen sie verhindern, daß der Käufer einen objektiven Vergleich zwischen allen Konkurrenten anstellt. Der Kunde soll kaufen, ohne in Ruhe alle Angebote des Marktes zu prüfen. Um das zu erreichen, wird gern suggeriert, daß der Anbieter selbst schon für den Kunden diesen Vergleich angestellt hat und dabei feststellen mußte, daß er selbst der Beste ist. Besonders beliebte Varianten dieser Psychotechnik:

  • Selber Stiftung Warentest oder andere Tester zitieren (wie die Konkurrenzprodukte abschnitten, wird nur dann erwähnt, wenn man selbst zur Spitze gehörte),
  • Verwendung von Superlativen ("der größte, beste, modernste, preiswerteste ..." - das suggeriert, es gäbe keine vergleichbare Konkurrenz),
  • Details hervorheben ("nur echt mit dem Siegel ...") oder erfinden (Spinat mit dem Blub), über die kein anderer verfügt, und seien Sie für den Gebrauchswert noch so nebensächlich.

"Zeugen", d.h. zufriedene Kunden, persönlich berichten lassen. Diese Kunden sind entweder erfunden, also von Schauspielern dargestellt, oder es werden einige hundert befragt und nur die fünf gezeigt, die sich enthusiastisch (selbstverständlich gegen Honorar) zu dem fraglichen Produkt äußerten. Solche Befragungen sind wirksam, wenn sie echt wirken. Mit dem Mann oder der Frau von der Straße können wir uns leicht identifizieren. Außerdem wird ein gewisser Gruppendruck vorgegaukelt. Es scheint, als ob viele Leute das Produkt verwenden und wir zum Außenseiter werden, wenn wir es nicht tun.

Leistungen und Fähigkeiten des Kunden anerkennen. Wer in einem Spot ein Produkt verwendet, ist immer der oder die Gute, Clevere, Attraktive, Junggebliebene usw. Da wir alle gelegentlich Selbstzweifel hegen und weniger fehlerhaft sein möchten, fällt die Botschaft auf fruchtbaren Boden. Wer möchte nicht gern gut, klug, attraktiv und jugendlich sein? Indirekt versprechen die Werber, daß wir mit ihrem Produkt der Perfektion näher rücken. Sorgfältig vermeiden sie alles, was den Eindruck erwecken könnte, man wolle den Noch-nicht-Kunden kritisieren, weil er bisher ihr Produkt nicht benutzte.

Behaupten, daß etwas für den Kunden wichtig, unverzichtbar ist. Werbeexperten wissen natürlich ganz genau, daß die meisten Dinge, die sie in den höchsten Tönen anpreisen, überflüssig oder zumindest nicht lebensnotwendig sind. Also muß die Unentbehrlichkeit irgendwie herbeigeredet werden. Einfallslose Werber lassen es bei der bloßen Behauptung. Andere appellieren an weitverbreitete Überzeugungen, die bei Kaufentscheidungen erfahrungsgemäß eine wichtige Rolle spielen:

  • Bei alten Produkten Tradition, bei neuen Produkten, die sich noch nicht bewährt haben, das Neue, Fortschrittliche betonen.
  • Verbesserungen versprechen, die aber nicht kompliziert sein und nicht lieb gewordene Gewohnheiten der Kunden umstoßen dürfen.

Einsatz von Prominenten. Viele nehmen einen bekannten Internetprovider und einen Spinat erst wahr, seit Boris Becker und Verona Feldbusch für sie werben. Die bekannte Mediengestalt muß nicht unbedingt als Vorbild wirken. Prominente erhöhen auch dann die Aufmerksamkeit, wenn sie nicht zu einer positiven Identifikation anregen. Der Effekt des Wiedererkennens reicht schon aus, um die Werbebotschaft effektiver im Gedächtnis zu verankern: Vertrautes schafft Vertrauen. In dieser Hinsicht ist der Einsatz von Prominenten ein Sonderfall des folgenden Prinzips.

Die Kombination von Auffälligkeit und Wiederholung. Wiederholung macht Seltsames zu Vertrautem und schiebt es in unserer subjektiven Wichtigkeitsskala unmerklich nach oben. Manche Werbesprüche gewinnen mit der Zeit Kultcharakter, werden zitiert, kopiert und weiter abgewandelt (wie: "Nicht immer, aber immer öfter" oder "Die längste Praline der Welt"). Wichtig ist aber auch, daß schon die erste Darbietung die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Um sich durch Wiederholung zu festigen, muß eine Botschaft überhaupt erst einmal zur Kenntnis genommen werden. Wenn das gelingt, ist bei jeder Wiederholung der Wiedererkennens- und Lerneffekt hoch. Eher mäßige Anzeigen fallen auch bei vielfacher Wiederholung durch unser Raster der Informationsauswahl.

Aufmerksamkeit weckt man durch Ungewohntes: Überdimensionales, Grelles oder Witziges (eine Socke als Krawatte - erfolgreicher Werbegag einer Strumpffirma). Bei der zunehmenden Überflutung mit Werbung sinkt der durchschnittliche Aufmerksamkeitspegel immer weiter, daher entwickelt sich eine Tendenz, immer simplere, grellere und aus dem Rahmen fallendere Spots zu senden.

Folgende "Eye-Catcher" fesseln die Aufmerksamkeit am stärksten:

  • Gesichter (sie wecken Emotionen durch ihre Mimik),
  • Nacktheit (sexueller Reiz),
  • Starke Kontraste,
  • Bewegung (beide letztgenannten Mittel werden besonders bei Internetbannern genutzt),
  • starke, reine Farben (rot ist am auffälligsten).

Markentreue fördern. Markentreue ergibt sich aus Wiederholung + Stammkundschaft. Der Werbeaufwand, der nichts weiter tut, als eine Marke immer wieder zu nennen, ist sehr teuer wegen seiner hohen Wiederholungsrate, erlaubt aber am Ende z.B. ein Waschmittel (Persil) oder ein Kopfschmerzmittel (Aspirin) mehr als doppelt so teuer zu verkaufen als "namenlose" Konkurrenzprodukte, die aufs Atom aus identischen Stoffen bestehen.

Markenbewußtsein gewinnt heute an Bedeutung, da der Markt kaum noch erweitert werden kann, und billige No-Name-Produkte den Traditionsfirmen die Preise verderben. Dann ist es eine erfolgreiche Strategie, den Markt aufzuteilen und sich ein (Luxus-)Segment zu sichern. Bei Uhren besitzen Rolex und Swatch unterschiedliche Fankreise mit eigenen Klubs und Messen, wo sich die Gleichgesinnten treffen. Bei Mode- und Parfümdesignern ist diese Marktsegmentierung kaum noch zu überschauen. Die Marken bemühen sich, soviel Individualität wie möglich zu entwickeln, die durch wenige spezielle Details (Styling) sofort erkennbar zu werden. Beispiele: Die lila Kuh von Milka, die Wildwestszenerie für Marlboro.

Die Befriedigung geheimer Wünsche nach Anerkennung und anderer seelischer Bedürfnisse versprechen. Die Ware ist nur Mittel, um beim Kunden das Verlangen nach einem Kaufmotiv anzuregen. Man verkauft

nicht

sondern die Idee

Möbel

Gemütlichkeit

Fertigspeisen

einfach zu bereitendes, schmackhaftes Essen

Haarwasser

Aussehen

Kleidung

Selbstgefühl

Unterricht

Berufserfolg

Lotterielose

Hoffnung auf Gewinne (Geld, Beneidetwerden)

Pauschalreisen

Erlebnisse

Nähmaschinen

preiswerte Kleider nach eigenem Geschmack

(Quelle: Goldmann, Heinz M.: Wie man Kunden gewinnt. Das Leitbuch erfolgreicher Verkaufspraxis.

Cornelsen Verlag Schwann-Girardet, Düsseldorf 1990.)

Hinter manchen Produkten, z.B. Autos, können mehrere Ideen stecken. Die wichtigsten werbewirksame Bedürfnisse sind:

  • Geltungsbedürfnis,
  • Sex und Liebe,
  • Anlehnungs-, Kontakt- und Kommunikationswünsche,
  • Selbsterhaltungstrieb und Gesundheitsstreben,
  • Jugendlichkeit, Schönheit und Attraktivität,
  • Geld sparen oder gewinnen,
  • Neugier, Amüsement und Unterhaltung,
  • Bequemlichkeit und Sicherheit.

Werber suchen Wege, plausibel zu versprechen, daß ihr Produkt diese Bedürfnisse erfüllt.

Spezielle Werbestrategien für Billig- und Luxusprodukte. Bei Waschmittel und anderen Billigwaren, die häufig und gewohnheitsmäßig gekauft werden, geben wir uns als Kunden keinen langen Überlegungen hin. Bei diesen Waren appelliert Werbung fast ausschließlich an angenehme Gefühle. So werden Zahnpasta, Mineralwasser oder Seife mit Attributen wie "frisch", "angenehm" oder "erotisch" kombiniert. Im Experiment zeigte sich, daß Versuchspersonen längst spontan, also von sich aus, entsprechende Assoziationen herstellen. Dieses Vorgehen gelingt vor allem bei nicht erklärungsbedürftigen Produkten, wo alle Konkurrenzmarken als gleichwertig erscheinen.

Anders bei teureren, dauerhaften Konsumgütern, die selten und nur nach längerer Überlegung gekauft werden (Autos, Fernseher, HiFi-Anlagen, Computer). Hier wird der Werber vor allem eine Problemlösung versprechen, die aber stets nicht nur eine technische, sondern auch eine seelische Seite hat. So eignet sich ein bestimmtes Auto in einem aktuellen Spot nicht nur, bei schlechtem Wetter zu fahren, sondern bei dieser Gelegenheit auch die Geliebte zu besuchen, ohne daß die Ehefrau argwöhnisch wird. Der Fahrer erscheint dank seines Gefährts nicht als unmoralischer Betrüger, sondern als pfiffiger Lebenskünstler.

Es lohnt, gelegentlich Werbung bewußt anzuschauen und sich ihre Mechanismen bewußt zu machen. Das immunisiert besser gegen ihre Verführungskraft als der bloße Entschluß, irrationalen Verkaufsverführungen zu widerstehen.

Aber keine Firma wird sich zur Sicherung ihrer Marktposition allein auf die Werbung verlassen. Heutzutage ist Werbung nur ein Teil einer umfassenderen Verkaufsstrategie, des Marketing.

Marketing ist alles, womit der Produzent Einfluß auf den Markt nimmt, insbesondere:

  • die Preispolitik,
  • das Firmenimage,
  • Public Relations (besonders Pressebeziehungen, Tag der offenen Tür, Ausstellungen, eigene Veröffentlichungen, Sponsortätigkeit),
  • die Handelsverbindungen,
  • der Einsatz von Vertretern,
  • die äußere Gestaltung der Produkte und ihrer Verpackung.

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