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Gesundheitstips für Tabakfreaks

Seit einigen Jahren gibt es einen regelrechten Boom an Raucherentwöhnungstherapien, -sendungen und -büchern. Doch trotz aller Warnungen und Empfehlungen: über 90 Prozent aller Raucher(innen) kommen lebenslang nicht vom Glimmstengel los. Sind Sie zu Krankheit und frühem Tod verurteilt? Ein neues Buch von EGONet-Autor Dr. Frank Naumann gibt Rauchern berechtigte Hoffnung auf ein gesundes Leben.

Daß Rauchen schadet, können Sie auf jeder Zigarettenpackung lesen. In der Tat sind in Deutschland jährlich 140 000 Todesfälle eine Folge des Tabakkonsums. Britische Wissenschaftler errechneten, daß jede Zigarette das Leben statistisch gesehen um elf Minuten verkürzt. Bei über 300 000 Zigaretten in einem durchschnittlichen Raucherleben kommen da mehr als sechs Jahre zusammen.

Nun ist Rauchen nicht der einzige Risikofaktor. Auch Alkoholismus oder die Kombination von Übergewicht, Bewegungsmangel und fettreicher Ernährung fordern jährlich Tausende von Todesopfern. Daß aber gerade Raucher Angriffsobjekt militanter Kampagnen sind – im Unterschied zu Kneipengängern und Bewegungsmuffeln – liegt an dem hohen Belästigungsfaktor. Anwesende Nichtraucher müssen den Qualm, der nachweislich ihrer Gesundheit schadet (Passivrauchen) mit einatmen.

Vom medizinischen Standpunkt befinden sich Raucher in einer ähnlichen Lage wie abhängige Alkoholtrinker oder Fettleibige. Für alle drei Gruppen gilt:

  • Es handelt sich um eine psychische und körperliche Abhängigkeit.
  • Weniger als zehn Prozent kommen von ihrem Laster wieder los.
  • Ihr Tun gefährdet ihre Gesundheit.

Etwa die Hälfte aller Raucherinnen und Raucher würden lieber heute als morgen von ihrem Laster Abschied nehmen, aber nur acht Prozent von ihnen gelingt es allein kraft ihres Willens dauerhaft. Mit Nikotinpflastern, -kaugummis, Akupunktur oder Psychotherapie steigt die Erfolgsquote auf immerhin zwanzig bis dreißig Prozent – aber nur bei der kleinen Gruppe, die einen ernsthaften Entwöhnversuch mit Expertenhilfe unternimmt. Und auch hier heißt es: die Mehrheit wird rückfällig. Dennoch haben Bücher und Fernsehsendungen über Entwöhnstrategien Hochkonjunktur. Obwohl die Ergebnisse mehr als dürftig sind.

Nehmen wir als Beispiel die Hypnose. Im Entspannungszustand werden dem Patienten Ekelgefühle vor der Zigarette suggeriert. Recht plastisch erweckt der Hypnotiseur das Gefühl von kalter Asche im Mund. Mit Erfolg. Direkt im Anschluss an die Sitzung berichtet die Mehrheit der Teilnehmer, daß ihnen der Appetit auf den Glimmstengel „für alle Zeit“ vergangen sei. Leider dauert „alle Zeit“ für die meisten deutlich kürzer als ein Jahr. Nach einer Studie der Uni Bielefeld waren nach 15 Wochen noch über 58 Prozent abstinent, nach sieben Monaten waren es rund 37 Prozent. Damit schätzten die Wissenschaftler die Methode als „hochwirksam“ ein. Obwohl fast zwei Drittel wieder rückfällig geworden waren! Schaut man sich alle Entwöhnungsmethoden an, so muß man feststellen:

  • Ein Patentrezept, das bei allen funktioniert, gibt es nicht.
  • Die Mehrheit wird an die Zigarette gebunden bleiben, und zwar – wenn der medizinischen Wissenschaft in den kommenden Jahren nicht noch etwas Geniales einfallen wird – bis an ihr Lebensende.

Eine beachtliche Minderheit bleibt freiwillig der Zigarette treu. Die Gründe sind vielfältig:

  • Sie wollen erst einmal Übergewicht verlieren. Erst wenn die Diät gelungen ist, setzen sie sich dem nächsten Laster auseinander.
  • Sie haben auch so schon Stress genug.
  • Es ist einfach stärker als sie.
  • Man kann damit so herrlich Mücken und lästige Zeitgenossen verjagen.
  • Sie heben es sich als guten Vorsatz für das nächste Jahr oder die nächste Schwangerschaft auf.
  • Sie schätzen die Zigarette zum Kaffee und zur Entspannung.
  • Die beste Freundin oder der Partner raucht auch.

Und die gesundheitlichen Folgen? Über die negativen Auswirkungen können heute keine Zweifel mehr bestehen. Täglich werden neue medizinische Untersuchungen über die Folgen des Nikotingenusses verbreitet. 0,05 Gramm reines Nikotin in einmaliger Dosis im Blut würden ausreichen, um einen erwachsenen Menschen zu töten. Eine Schachtel leichte Zigaretten enthält mehr als das Doppelte davon. Daß wir daran nicht sterben, hat zwei Gründe: Ein Großteil des Nikotins verpufft in der Luft. Und das Übrige gelangt nur über Umwege in die Blutbahn, wodurch die Wirkung abgeschwächt wird. Eine Zigarette enthält außer Nikotin noch rund 3800 weitere Substanzen, von denen mehr als 300 eindeutig giftig identifiziert wurden, darunter Kohlenmonoxid, Cadmium, Formaldehyd und Benzol. Nicht alle werden inhaliert. Einige gelangen mit dem Rauch in die Umwelt und beeinträchtigt über das Passivrauchen das Wohlbefinden anwesender Nichtraucher.

Doch alle Schreckensmeldungen bedeuten nicht, daß die Raucher mit Sicherheit in der zweiten Lebenshälfte dahinsiechen und früher sterben werden. Es besteht ein erhöhtes Gesundheitsrisiko. Das läßt sich ausgleichen – durch maßvolles Verhalten beim Rauchen selbst und durch Kompensation durch besonders gesundheitsbewußtes Verhalten auf anderen Gebieten. Wer schon mehrere vergebliche Entwöhnungsversuche hinter sich hat, für den ist es vielleicht eine erfolgversprechendere Strategie, die Folgeschäden zu vermeiden.

In dem gerade im Falken-Verlag erschienenen Taschenbuch „Rauchen und gesund bleiben“ geht Dr. Naumann davon aus, daß maßvolles Rauchen bei ansonsten gesunder Lebensweise das eigene Wohlbefinden nicht stärker gefährdet als es viele Nichtraucher mit ihren Gesundheitsrisiken tun. Auch Nichttraucher schlafen zuwenig, essen zu fett und auf jeden Fall das Falsche, lümmeln lieber auf der Fernsehcouch statt durch den Stadtwald zu joggen oder trinken zuviel Alkohol. Wenn Sie das Rauchen nicht lassen können oder wollen, fällt es Ihnen vielleicht leichter, die übrigen Laster aufzugeben und in der Summe gesünder zu leben als der nicht rauchende, träge und übergewichtige Buchhalter von nebenan, der gern mal ein Glas über den Durst trinkt. Immerhin zeigen die Statistiken nicht nur, daß Rauchen ungesund ist, sondern auch, daß eine nicht unerheblichen Anzahl von Rauchern gesund altert.

Den besten Beweis dafür liefert die mediterrane Lebensweise. Es ist bekannt, daß die Menschen in den Mittelmeerländern – besonders dort, wo fern vom Tourismus die ursprüngliche Lebensform beibehalten wurde – bis zu fünfmal seltener an Krebs oder Herzinfarkt erkranken. Und das, obwohl insbesondere die Männer im Durchschnitt mehr rauchen als die Deutschen. Der rauchende Kreter oder Südfranzose ist in aller Regel gesünder als der nichtrauchende Nordeuropäer. Es handelt sich dabei nicht nur um eine Frage der Ernährung (mehr Obst, Gemüse und Olivenöl), sondern um eine insgesamt geruhsamere und genußfreudigere Lebensweise, zum Beispiel:

  • ein langsameres Lebenstempo, auch beim Essen und Rauchen,
  • ein ausgewogener Wechsel von Anstrengung und Entspannung („Siesta“),
  • der regelmäßige Wechsel von Genuß und Verzicht,
  • mehr soziale Kontakte, weniger Vereinzelung und Einsamkeit,
  • geringere Siedlungsdichte, mehr Natur in der Wohnumgebung,
  • starke heimatliche Bindungen,
  • mehr körperliche Bewegung,
  • viele Stunden an der frischen Luft,
  • viel Sonne, die die Produktion des Stimmungshormons Serotonin ankurbelt.

Das Buch enthält einen Test, der das Raucherverhalten und andere Lebensfaktoren in Beziehung setzt und mit dem der Raucher und die Raucherin ihr persönliches Gesamtrisiko ermitteln können. Auf dieser Basis liefert es dann eine Reihe von Tips und Tricks für ein gesundes Leben als Nikotinkonsument. Sie betreffen unter anderem folgende Fragen:

  • Wie findet der Streßraucher zum genußvollen, entspannenden Rauchen zurück?
  • Welcher Ernährungsgewohnheiten gleichen Raucherschäden aus? (Eine wichtige Rolle spielen hierbei die Vitamine C und E sowie sekundäre Pflanzenstoffe.)
  • Welche Fitnessübungen stärken Kreislauf und Atemorgane von Rauchern?
  • Wie kann Kosmetik bei typischen Raucherproblemen von früher Hautalterung bis Mundgeruch helfen?
  • Wie erreichen Raucher eine hohe Lebenserwartung? (Die nachweislich älteste Frau der Welt, Jeanne Calment aus Frankreich – sie wurde 122 Jahre alt – rauchte immerhin bis zum 118. Lebensjahr.)

Wer als Raucher gesund lebt, dem fällt es leichter, später (bei einem neuen Entwöhnungsversuch) den Abschied von der Zigarette erfolgreich durchzustehen. Am Ende gibt der Autor daher eine Übersicht über die verschiedenen Methoden, die den Schritt zum Nichtraucher unterstützen, von Nikotinpflastern über Hypnose, Akupunktur und Spritzen bis zu Allen Carrs berühmtem „Easy Way“.

Mediziner und Gesundheitsratgeber hatten bisher auf die Probleme der Raucher nur eine Alles-oder-Nichts-Antwort. Für sie gibt es einerseits die Nichtraucher – das sind die Guten – und Menschen, die es noch nicht sind und deshalb bald werden müssen. So wurde Nichtrauchen geradezu zu einem moralischen Gütesiegel erklärt, an dem sich die Tugendhaften von den Lasterhaften scheiden. Und das, obwohl die Zahl der rauchenden Ärzte und Krankenschwestern nicht gerade klein ist. Das vorliegende Buch orientiert sich an den tatsächlichen Problemen der Mehrheit der Raucherinnen und Raucher, die trotz ernsthaftem Bemühen vom Nikotin nicht loskommen, aber gern fit, gesund und attraktiv bleiben möchten.

Dr. Frank Naumann: Rauchen und gesund bleiben. Ernährung, Fitness, Kosmetik. Falken Verlag, Niedernhausen/Ts. 2000, DM 14,90. ISBN 3-635-60586

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veröffentlicht im April 2000 © by www.berlinx.de

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